Schockierendes Urteil über die Volkshochschule
Die Diskussion um die Volkshochschule Konstanz/Singen ist mit der gestrigen Vorlage des Berichts der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) längst nicht zu Ende. Zu befürchten ist, dass nun die Suche nach Verantwortlichen und die Phase der Schuldzuweisungen erst anhebt. Denn das GPA-Urteil über die Finanzen der Volkshochschule sowie über Fehler und Versäumnisse ist schockierend. Jetzt sind die Gemeinderäte am Zug – die Aufarbeitung dürfte schmerzhaft werden.
Vorab: Der 56seitige GPA-Prüfbericht ist geheim; Kreistag und Gemeinderäte wurden am gestrigen Montag nur in nichtöffentlicher Sitzung eingeweiht, die Presse danach anhand weniger Schaubilder informiert – es kann also gut sein, dass erst im Nachhinein weitere Erkenntnisse ans Tageslicht kommen. Zumal der GPA-Prüfauftrag nur die Jahre 2008-2010 und nur eine betriebswirtschaftliche Prüfung des Zahlenwerks umfasste. Interviews mit Betroffenen beispielsweise fanden nicht statt; gut möglich, dass die Gemeinderäte von Konstanz, Singen und Stockach sich später dieser Aufgabe annehmen.
Sicher aber ist, dass die Volkshochschule (vhs) 2010 mit 283 000 Euro in den Miesen war; auch das Eigenkapital ist von 328 000 plus (2008) auf minus 26 000 Euro (2010) geschrumpft. Und das, obwohl der Gesamtaufwand je Unterrichtseinheit oder der Personal- und Honoraraufwand oder die Erträge aus Entgelten durchaus im Landesdurchschnitt lagen. Unterschiede bei diesen Vergleichszahlen finden sich höchstens in der Rubrik „Kommunale Zuschüsse“ – da schneidet die vhs Konstanz/Singen deutlich bescheidener ab. Das heißt: Andere Gemeinden in Baden-Württemberg bezuschussen ihre Volkshochschulen ungleich üppiger.
Wo aber liegen dann die Defizite in Konstanz, Singen und Stockach? Das GPA-Urteil ist eindeutig: „Organisationsmängel haben die Wirtschaftlichkeit nachteilig beeinflusst“. Die Landesprüfer listen auf: Doppelstrukturen, unzureichende Zuständigkeitsregelungen, Mängel beim Aktenplan. Auch die Jahresabschlüsse – so die GPA – hätten nicht immer den Bestimmungen entsprochen. So fehlten Anhänge, Rückstellungen seien unvollständig aufgeführt und die Rechnungsabgrenzung sei mitunter fehlerhaft gewesen. Zusätzlich sei es in der EDV zu Schnittstellenproblemen gekommen.
Schwachpunkte fanden die Prüfer auch in Arbeits- und Änderungsverträgen. Zudem bemängeln sie die Arbeitsplatzbewertungen sowie die Anwendung von Tarifverträgen. Auch das Beschaffungswesen sollte nach Meinung der Experten reformiert werden. Besonders gravierend aber: Fördermittel seien bis 2010 nicht immer zeitnah beantragt oder abgerechnet worden.
Man fragt sich bei derartig schwerwiegenden Vorwürfen: Wofür waren vhs-Vorstand und -Leitung denn überhaupt zuständig, wenn solche Mängel jahrelang hingenommen wurden? Hatte der Buchprüfer keine Bedenken? Wer kümmerte sich um Organisationsfragen?
Aber auch: Haben Satzungsvorschriften womöglich den Arbeitsablauf gehemmt? Wie wurde mit Abgrenzungsfragen umgegangen, wenn z.B. ein Kursus-Honorar erst im folgenden Jahr anfällt? Und, ganz wichtig: Ist überhaupt die Organisationsform eines eingetragenen Vereins – nur ein Drittel aller Volkshochschulen in Baden-Württemberg ist so organisiert – zeitgemäß und effektiv?
Die GPA-Prüfer geben dazu keine Auskunft („das gehört nicht zu unserem Prüfungsauftrag“, ist die immer wieder gleiche Antwort) – das wird Aufgabe der politisch Verantwortlichen sein. Die Volksvertreter in den Gemeinderäten sind jetzt gefragt. Zumal das Arbeitsgerichtsverfahren Zahn noch ansteht; und auch da werden weitere Kosten anfallen.
Autor: hpk
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Unruhige Monate für die Volkshochschule
Zweifelsohne war auch uns Dozenten aufgefallen, dass manche Abrechnung ein Stück weit beliebig und lax ausgefallen ist, dass Honorare schwankten und Auslagen teils unterschiedlich stark erstattet wurden. Insgesamt war allerdings unter den ehemaligen Leitern ein Klima des Vertrauens zu spüren, das nun aus meiner Perspektive vollkommen verflogen ist. Der Vorwurf, dass nicht alles perfekt war in der Buchhaltung, ist wohl zweifelsohne berechtigt; die Beschuldigten sind aus meiner Sicht aber die falschen – denn schlussendlich lag die letztinstanzliche Kontrolle an anderer Stelle und scheint versagt zu haben. Die ehemaligen Direktoren und Hauptstellenleiter werden für mich im Augenblick zu wahren Sündenböcken herangezogen.
Ich kenne die Umstände über den Ruswurf von Herrn Zahn nicht, denke aber, dass er vor allem Veränderungen angemahnt hat, die im Haus nicht gut ankamen, weil sich bestimmte Machteinflüsse wohl beschnitten gefühlt haben und in der Ausstattung und der Personalpolitik sicher einige marode Stellen ausgemacht worden sein könnten, die er ausbessern wollte. Dort, wo an Stühlen gesägt und an Eingesessenem hantiert wird, zieht man wohl besser rasch die Reißleine – und sei es durch das Entfernen eines Reformers.
ob da Herr Zahn möglicherweise etwas davon aufgedeckt hatte und deshalb flugs wieder verschwinden musste?