GMK: Protestaktionen von ver.di und dem „Bündnis Klinikrettung“
Die alljährlich stattfindende Gesundheitsministerkonferenz (GMK) findet dieses Jahr am 5. und 6. Juli in Friedrichshafen statt. Am kommenden Mittwoch und Donnerstag wollen die Gesundheitsminister*innen der Länder und Bundesminister Lauterbach vor allem die Eckpunkte für die geplante Krankenhausreform festlegen. Diese Gelegenheit wollen das „Bündnis Klinikrettung“ und ver.di nutzen, um u. a. gegen das drohende Aus der flächendeckenden wohnortnahen Krankenhausversorgung zu protestieren. Am 6. Juli soll Gesundheitsminister Karl Lauterbach die „Goldene Abrissbirne“ verliehen werden.
Der Schmähpreis ging bereits an den baden-württembergischen Gesundheitsminister Manfred Lucha, denn das Ländle ist bundesweiter Spitzenreiter bei Krankenhausschließungen – flankiert von fragwürdigen Mega-Bauprojekten für Zentralkliniken. Jüngstes trauriges Beispiel für die Schließung eines bewährten Krankenhauses in unserer Region ist das Ende des Radolfzeller Klinikums. Schon jetzt hat Baden-Württemberg mit rund 508 Betten pro 100.000 Einwohner*innen die geringste Bettendichte in Deutschland, dennoch gehen die Klinikschließungen weiter.
Goldene Abrissbirne für Karl Lauterbach
Laut dem „Bündnis Klinikrettung“ hat Karl Lauterbach zusammen mit Berater*innen und Vertreter*innen privater Krankenhauskonzerne eine Reform entworfen, die das Ende der wohnortnahen Krankenhausversorgung vorsieht: Knapp 360 Kliniken, ca. 20 Prozent aller Krankenhäuser, sollen zu bloßen ambulanten Einrichtungen degradiert werden, viele weitere sollen ihr Behandlungsspektrum einschränken. Der Privatisierung durch MVZ-Betreiber*innen wird Tür und Tor geöffnet, die Möglichkeit, mit Krankenhäusern Profite zu machen, bleibt weiterhin bestehen. Dieses unerfreuliche Ergebnis des „Reformprozesses“ ist keine Überraschung, denn die Betroffenen – die örtliche Bevölkerung, Beschäftigte und Vertreter*innen kleiner Allgemeinkrankenhäuser – wurden nicht miteinbezogen. Und wie sollte von Karl Lauterbach auch eine Gesundheitsreform zum Wohle der Bevölkerung erwartet werden? War er es doch, der Anfang der 2000-er Jahre als enger Berater der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) für die Einführung des Fallpauschalensystems mitverantwortlich war.
Die Klinikretter*innen stehen für eine Gesundheitspolitik, die diesen Namen verdient und sich am Allgemeinwohl orientiert. Sie fordern:
– Abschaffung der Fallpauschalen und eine Selbstkostenfinanzierung. Die DRG-Fallpauschalenfinanzierung hat verheerende Fehlanreize und eine überbordende Bürokratie gebracht.
– Renditeverbot in der Krankenhausversorgung. Die Möglichkeit, Rendite zu erwirtschaften und diese dem Krankenhausbetrieb zu entziehen, hat zu massiven Privatisierungen geführt.
– Bedarfsorientierte Krankenhausstrukturen, bei denen alle Menschen binnen 30 Minuten ein Allgemeinkrankenhaus mit mindestens den Bereichen Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie, Geburtshilfe, Intensivmedizin und Basisnotfallversorgung erreichen können.
Die Gesundheitsministerkonferenz ist einer der wichtigsten Termine des Jahres, alle Länderminister*innen sind vor Ort, viele Medien berichten über das Treffen. Die Verleihung der „Goldenen Abrissbirne“ an Karl Lauterbach findet am 6. Juli um 10 Uhr vor dem Graf-Zeppelin-Haus statt, mit Redebeiträgen von Initiativen und einer satirischen Laudatio des Bündnisses Klinikrettung.
Gemeinwohl statt Profit – Solidarität statt Wettbewerb
Einen Tag vor der Preisverleihung, am 5. Juli, demonstriert ver.di unter dem Motto „Unser Kompass für die Gesundheitsrevolution: Gemeinwohl statt Profit – Solidarität statt Wettbewerb“ in Friedrichshafen. Bereits Ende Juni startete die 640 km lange Fahrrad-Protest-Tour der Gewerkschafter*innen „Kein Weg zu weit für gute Pflege“ in Dresden mit fünf Zwischenstationen. Im Aufruf zu der Protestaktion heißt es:
„Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen werden vor Ort unsere Anliegen hörbar machen. Für viele ist das ein weiter Weg. Doch auch zur Verbesserung der Bedingungen in der Altenpflege ist es noch ein weiter Weg. Die bisherigen Reformen reichen nicht aus. Wir brauchen dringend mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen. Dazu gehören verlässliche Dienstpläne, eine gute Schichtbesetzung, Pausen mit Ruhe. Die Bezahlung muss der Leistung angemessen sein und die Finanzierung dem Bedarf entsprechen. Das Gemeinwohl muss im Zentrum stehen – nicht das Streben nach möglichst großem Profit. Um diesen Forderungen Gehör zu verschaffen, ist uns kein Weg zu weit. ver.di-Aktive aus der Altenpflege haben ihren Kompass bereits ausgerichtet und nehmen mit ihren Fahrrädern Kurs auf Süd-West, Richtung Friedrichshafen“.
Der ver.di-Protest am 5. Juli startet um 12:00 Uhr mit einer Demo vom Seeparkplatz zum Graf-Zeppelin-Haus (Olgastraße 20), um 12:45 Uhr beginnt die Protestkundgebung am GZH. Weitere Informationen gibt es hier.
MM/ans; Grafik: GIB – Gemeingut in BürgerInnenhand