Auf zu den englischen Spielen

Vorsicht: Satire, wie es sich gehört für die Rubrik: schräg und schrill. Bevor jetzt wieder jemand sagt, in der seemoz-Redaktion sitzen Nationalisten oder Kostverächter, lassen wir uns doch einfach Thomas C. Breuers wahrlich leckere Tipps für den England-Trip schmecken. Denn nicht vergessen: Ende der Woche starten die Olympischen Spiele. In London

Die Eng­länder vertreten ja die Ansicht, die Deut­schen hät­ten deshalb immerzu schlechte Laune, weil ihre Sprache von Umlauten nur so wömmele. Ä, Ö, Ü. Da müs­se man ja das Ge­sicht verziehen. Nun, zum Ge­sicht ver­ziehen haben die Engländer ihr Essen. Einerseits: Der Lafer hat gesagt, die Griechen und die Engländer wären die größten Banausen in Europa. Grüne Erbsen. Minzsaucen. Die Engländer essen auch gerne Brechbohnen, Brechmöhren, Brechgurken, überhaupt bereiten sie alles so zu, dass man gerne brechen muss. Gebackene Bohnen sind meistens nicht ganz gebacken. Viele Speisen sehen aus, als hätte man sie aus der Deko eines Wallace- & Gromit-Films entwendet. Lebensmittelvergiftungen sind kaum vorstellbar, die Mägen abgehärtet, Ernährungsberater müsste dort ein absolut krisensicherer Job sein. Nur merkwürdig: Die Engländer sind trotz ihres miserablen Essens überwiegend freundlich, die Franzosen hingegen tendieren zur Unhöflichkeit, trotz ihrer formidablen Speisen.

Andererseits, machen wir uns nichts vor: Mit den Engländern hat der neue Fernsehköcheboom angefangen, Jamie Oliver, Nigella Lawson, eine Art Christine Neugebauer der englischen Küche, die jedenfalls haben im Fernsehen wie nicht gescheit zu kochen angefangen. Gut, die Engländer hatten es ja bitter nötig, das Prinzip bei Salat beispielsweise: Gewaschen gilt als angemacht. Ähnlich ist es bei Fleisch: Englisch. Komischerweise sagt man in England: Very rare. Sehr selten. Das sagt schon alles. „Sir, das ist kein Steak, das ist eine Fleischwunde!“ Viele Chefs sind eigentlich blutige Amateure. Ohnehin ist uns England immer noch erinnerlich als Ursprungsland des „Mad Cow Di­seases“, das bei den Franzosen so vollmundig „la maladie de la vache qui rit au mort“ hieß.

Das wiederum eröffnet eine Chance für Nischenprodukte, z.B. die „Rinder des Olymps“ aus dem englischen Brufordshire. Hier haben wir es mit zartem Fleisch zu tun von Tieren, die die Muttermilch aus Zitzen gesaugt haben, denen vorher Jojoba-Öl einmassiert wurde, und die vor dem Tag der Schlachtung eine Angsttherapie gemacht haben, um dann bei zunehmenden Mond auf sanfte Weise in eine andere Seinsstufe überführt zu werden, indem man ihnen aus den Kochbüchern von Nigella Lawson vorlas, wobei sie sanft weg­dämmerten. „Kritische Inseln“ – das war einmal. Jetzt steht das Nationa­li­tätenkenn­zeichen GB eindeutig wieder für „Getting Better“. Die Köche werden immer erfindungsreicher: In London hat ein Restaurantkritiker der Times auf der Toilette eines gehobenen Speiselokals Klopapier mit seinem Konterfei darauf entdeckt.

Vor wenigen Jahren zahlten U.S.-Bürger pro Nase 75 000 Euro für ein Abendessen (Bloodpudding!) mit Camilla und Charles. Die Sicherheitsvorkehrungen, wie man sich vorstellen kann, waren streng: Zunächst mussten sich die Teilnehmer natürlich ihren Geisteszustand untersuchen lassen. Seit dem Tod von Diana haben die Engländer ein neues Nationalgericht: „Hendl In The Wind“, Hühnchen im Windbeutel, wobei der Windbeutel natürlich an Herrn Dodi erinnern soll. Immerhin, seit Elton John als legitime Nachfolgerin der Queen Mum im Buckingham-Palace eingezogen ist, stimmt zumindest das Drumherum, es sei denn, man mag Musik. Endlich findet man im Essen wieder mehr Ballaststoffe, die Gin-Vorräte müssen nicht vergammeln und nachmittags kredenzt man wieder jene opulenten Tortenkreationen, die schon von jeher Modell standen für Elizabeths Hüte.

Autor: Thomas C. Breuer