Zoff in Zurzach

In Bad Zurzach, zwischen Schaffhausen und Basel gelegen, unweit von Waldshut und Zürich, gibt es Streit um eine Agrosprit-Anlage. Während die Stadtverwaltung der lukrativen Investition zustimmt, protestieren Umweltschützer – allen voran die Initiative „Rettet den Regenwald“ – gegen die damit verbundene Umweltzerstörung.

Die Gemeinde Bad Zurzach im Schweizer Kanton Aargau hat die Baubewilligung für eine Agrosprit-Anlage erteilt. Die Green Bio Fuel Switzerland AG will auf einem ehemaligen Industriegelände 130 Millionen Liter Agrosprit pro Jahr produzieren. Green Bio Fuel Switzerland lockt mit der Aussicht, dass auf diese Weise 200.000 Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Das allein würde ausreichen, um 10 Prozent der Schweizer Verpflichtungen aus dem Kyoto Protokoll zu erfüllen.

Gemeindeammann Franz Nebel freut sich über neue Arbeitsplätze. Die Gefahr eines Imageschadens sieht er nicht, ist die Industrieanlage doch ausreichend weit vom Kurzentrum des Ortes entfernt. Bad Zurzach soll auch zukünftig mit „Wellness, Gesundheit und Tourismus“ verbunden werden, wie es sich die Marketingstrategen vor Ort wünschen. Was würden sie wohl sagen, wenn Bad Zurzach zukünftig für „Umweltzerstörung, Landnahme und Hunger“ steht? Denn das sind die Folgen der geplanten Agrosprit-Anlage.

In der Bad Zurzacher Anlage soll aus der Jatropha-Pflanze „Bio-Diesel“ gewonnen werden. Angebaut wird dieser „nachwachsende Rohstoff“ in Mosambik. Niemand scheint sich bisher darüber Gedanken gemacht zu haben, welche Folgen eine Schweizer Agrosprit-Anlage für das afrikanische Land haben würde. Dort geht es weniger um Imageschäden als ums nackte Überleben.

33 Millionen Hektar, das sind 40 Prozent der gesamten Landesfläche von Mosambik, sollen zukünftig nachwachsende Rohstoffe für Bio-Sprit in Europa liefern. Die Landwirtschaft – Mosambiks größter Wirtschaftsfaktor – wird sich vollständig umstrukturieren. Der Anbau von Lebensmitteln wird immer weiter zurückgedrängt werden, um Felder für den Agrosprit-Rohstoff frei zu machen. Schon im vergangenen Jahr hat das Welternährungsprogramm der UN in 7 von 11 Provinzen Mosambiks Ernährungsunsicherheit vorausgesagt. Aufgrund schlechter Ernten droht Hunger für bis zu 350.000 Menschen, und diese Gefahr wird durch die befürchtete Abholzung des Regenwaldes noch erhöht.

Um neue Flächen für die Monokulturen zu gewinnen, wird Tropenwald gerodet. Die einzigartige Vielfalt dieses Waldes und der Lebensraum vieler Dorfgemeinschaften wird rücksichtslos von den Konzernen zerstört. Dass dabei weit mehr CO2 freigesetzt wird, als die Schweiz später mit dem Einsatz des Agrosprits einspart, findet sich in keiner Rechnung wieder: Ein Musterbeispiel für die
Ausnutzung armer Agrarstaaten durch die Industrienationen.

Eine wissenschaftliche Studie aus dem Sommer 2009 widerlegt weitere positiven Eigenschaften, welche die Jatropha-Pflanze für Mosambik zugeschrieben werden:

Die Jatropha-Pflanze braucht selbst auf relativ fruchtbaren Böden noch Wasser. In Mosambik sind fruchtbare Böden schon jetzt knapp, Wasser ohnehin.

  • Um die geplanten Ernteerträge einzufahren, muss Tropenwald zerstört und durch Plantagen    ersetzt werden.
  • Die Jatropha-Pflanze ist kein wirtschaftliches Erfolgsmodell für Bauern, da sie ein hohes    Risiko tragen und von den Konzernen abhängig sind.
  • Die Rechte der Dorfgemeinschaften sind schon jetzt stark beeinträchtigt. Die Landrechte    werden weiter beschränkt, damit Konzerne günstige Rahmenbedingungen vorfinden.

Weitere Infos gibt es hier:
www.evb.ch/p25014634.html
www.regenwald.org

Unterstützen Sie den Protest von „Rettet der Regenwald“ und fordern Sie den Gemeinderat von Bad Zurzach sowie den Kanton Aargau auf, die Genehmigung für die Agrosprit-Anlage zurückzunehmen.

Bild: Jatropha-Plantage

Autor: PM/hpk