Der stille Helfer Horst Frank

20120729-223416.jpgÜber Horst Frank hat seemoz häufig geschimpft. Das war auch richtig. Ebenso richtig ist aber auch, dass der scheidende Oberbürgermeister viele Verdienste hat, die häufig unbeachtet von der Öffentlichkeit statt fanden: Sein Engagement für serbische Demokraten zum Beispiel – vornehmlich in Pançevo, vornehmlich in Kooperation mit der Konstanzer Friedensinitiative – oder sein Einsatz für Flüchtlinge vom Balkan. Daran erinnert Ernst Köhler, Historiker in Konstanz:

„Der Bericht in seemoz über die letzte von Horst Frank geleitete Sitzung des Gemeinderats hat mich an ein paar persönliche Erfahrungen erinnert. Vermutlich, weil der Text so fair war. In den 90er Jahren war es in der Tat nötig, die hier lebenden bosnischen Flüchtlinge zum hiesigen Ausländeramt zu begleiten und sie dort in ihren Anliegen zu unterstützen – hauptsächlich in ihrem Kampf um eine prekäre, jederzeit widerrufliche Aufenthaltsgenehmigung – also jene elende, degradierende „Duldung“, die Deutschland den aus ihrem Land Vertriebenen unter Umständen zugestehen wollte. Sonst hätten sie einen noch schlechteren Stand gehabt. Der Runde Tisch von Konstanz hat die gleiche Erfahrung gemacht – nur über einen viel größeren Zeitraum hinweg und für ein sehr viel breiteres von Spektrum von Flüchtlingsschicksalen.

Horst Frank als Chef der Stadtverwaltung konnte den Leuten aus Bosnien nicht viel helfen. Die Entscheidung über ihre Anträge lag beim Regierungspräsidium in Freiburg. Einige Beamte des Konstanzer Ausländeramtes haben sich auch entsprechend verhalten und sehr deutlich durchblicken lassen, woher sie ihre Anweisungen hatten. Das Ausländeramt war zugleich Teil der Konstanzer Stadtverwaltung und Transmissionsriemen der höheren Instanzen in Freiburg und Stuttgart. Diese schöne Doppelfunktion und gespaltene Loyalität verwirrte und lähmte die Beamten aber kein bisschen. Sie entfesselte sie eher in ihrem Umgang mit den Flüchtlingen. Wo der Oberbürgermeister in dieser Frage stand, war immer klar. Er war gegen die Flüchtlingspolitik des Landes Baden-Württemberg. Er war gegen die beflissene Umsetzung dieser Politik in Freiburg. Er war gegen die steile, byzantinische Hierarchie der Entscheidungsebenen, die die Kommune entmachtete und ihre Selbstverwaltung zu einem Witz machte. Es war auch nie schwer, zu Horst Frank durchzukommen. Es gab da keine bürokratischen Barrieren.

Eine zweite Beobachtung vielleicht – anders gelegen, aber ebenso charakteristisch. Im Frühjahr 2004, genau ein Jahr nach der Erschießung Zoran Djindjics in Belgrad vor seinem Amtssitz, hat die Stadt Konstanz ein Gedenken für ihn veranstaltet. Als die Universität, an der Djindjic Ende der 70er Jahre promoviert hatte, nichts dergleichen zustande brachte, hat sich die Stadt der Sache angenommen – ursprünglich auf Anregung der FGL-Fraktion im Gemeinderat.

Der Abend im Wolkenstein-Saal, zu dem auch die Witwe Djindjics aus Belgrad angereist war, war unerwartet gut besucht. Zoran Djindjic war nicht nur der Hoffnungsträger Serbiens. Horst Frank hat die öffentliche Würdigung des mutigen Reformers durch die Stadt von Anfang an unterstützt und finanziell abgesichert. Es war auch nicht das erste Mal, dass er – in Zusammenarbeit mit der hiesigen Friedensinitiative – etwas für Serbien getan hat. Aber mit dem Abend der Erinnerung an Zoran Djindjic und seine politische Leistung hat er auch etwas für uns getan. Er hat überzeugend gesprochen. Frei, wie immer ohne besonderen rhetorischen Glanz, aber teilnehmend und sehr persönlich. Er hat dann noch den ganzen Abend mit den Gästen aus Serbien und dem ehemaligen Jugoslawien verbracht“.

Autor: Ernst Köhler