Die „Kreuzlinger Zeitung“ schrieb am 18. Oktober über seemoz:

Hier hat die Schreibe noch Pfeffer und auch heisse Eisen werden angepackt: Holger Reile und Hans-Peter Koch halten auf ihrem grenzüberschreitenden Blog «seemoz» dem Ideal des kritischen Journalismus die Stange. Dabei schreiben sie stets informativ und unterhaltsam – auch über Kreuzlinger Themen. «Kritisch – widerborstig – informativ» zu sein, das schreiben sich die Blog-Macher auf ihre virtuellen Fahnen

Wer seine Informationssuche über das Geschehen in der Region mit einem erfrischenden Seitenblick vervollständigen will, der kommt an den Artikeln, die Holger Reile (59) und Hans-Peter Koch (67) dort veröffentlichen, nicht vorbei. «Lesenswertes aus Kultur und Politik für den Bodenseeraum und das befreundete Ausland» beinhaltet auch regelmässig Kreuzlinger Themen, neben dem Theater an der Grenze auch Boulevard, Xentrum oder Flüchtlingscafé «Agathu».

Morddrohungen an Redaktoren

Besonders lobenswert ist, dass sie mit ihrer Veröffentlichungspolitik auch dahin gehen, wo’s wehtut. Jüngstes Beispiel sind die Enthüllungen über Armin Schrott, stellvertretender Kreisvorsitzender der NPD Bodensee-Konstanz. Seit dem Erscheinen des Artikels über den gefährlichen braunen Biedermann wird die «seemoz»-Redaktion mit Morddrohungen bombardiert, unter anderem: «Die Leichensäcke für Euch sind schon bestellt.» Dass die Redaktoren dies nicht auf die leichte Schulter nehmen, ist klar. Sie schalteten die Polizei ein. Holger Reile ist zwar «nicht hysterisch, aber vorsichtig geworden». Zeitgleich kamen Solidaritätsbekundungen von regionalen und überregionalen Schreibstuben, auch von der Redaktion der KreuzlingerZeitung.

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit nimmt «seemoz» den «Südkurier» als einzige Tageszeitung im Konstanzer Raum aufs Korn. Zuletzt vergangene Woche. Der Allensbacher Autor Wolfgang J. Koschnick hatte zu seinem neuen Buch «Der grosse Betrug. Die hartnäckigsten Lügen und Irrtümer über die Werbung» einem Südkurier-Redaktor ein Interview gegeben. Doch dieses durfte nie erscheinen, so die Order von oben. Darüber war Koschnick selbstredend wenig erfreut. In der von «seemoz» veröffentlichten Mail an ihn gibt sein Interviewer den Grund für die Selbstzensur ganz unverhohlen preis: Angst vor Werbekunden. «In unserem Medienhaus würde das Interview auf wenig Verständnis stossen, da wir zu einem guten Teil vom Verteilen und Abdrucken von Werbung leben», so der Originalwortlaut.

Nichts als die nackte Wahrheit

Holger Reile und Hans-Peter Koch wollen dem geneigten und anspruchsvollen Leser keinen vorzensierten, weichgespülten «Mainstream-Journalismus» bieten und damit die Verhältnisse widerspiegeln, wie sie tatsächlich sind. Beide sind Wahl-Konstanzer, mittlerweile mit der grössten Stadt am Bodensee aber bestens vertraut. Beide sind auch politisch aktiv für die Linke Liste, Reile sitzt sogar im Gemeinderat.

Koch stammt ursprünglich aus Hamburg, hat Volkswirtschaft studiert und in Aachen volontiert, als Wirtschaftsjournalist und später als leitender PR-Manager für einen internationalen Multikonzern in Hamburg gearbeitet. Hier wurde er dann auch Betriebsratsvorsitzender, weil er stets gewerkschaftlich angehaucht und organisiert war. Dann stieg er aus, ging auf die Kanareninsel La Palma, vermietete Wohnungen an Touristen und schrieb etliche Reiseführer über die Inseln und andere Länder. «Ich hatte das Industrieleben satt und genug Geld verdient.» Der Liebe wegen zog es ihn dann 1997 nach Konstanz. Diese Liebe ist zwar mittlerweile erloschen, geblieben ist er dennoch und geniesst hier seinen Ruhestand.

Reile ist in Tegernsee geboren, wuchs in München auf und wollte eigentlich in Italien Kunstgeschichte studieren, doch daraus wurde nichts. Mit Freunden eröffnete er 1977 in Konstanz die legendäre Kult-Kneipe «’s beese Miggle» (die böse Mücke) in der Zogelmannstrasse. Bis 1985 hatte die Konzert-Kneipe als Veranstaltungsort und Schmelztiegel für allerlei Gruppierungen aus dem links-alternativen Spektrum regen Zulauf. «Und das, ohne jemals im Südkurier angekündigt worden zu sein», ärgert sich Reile heute noch über die Ignoranz der Tageszeitung. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der ebenfalls links-alternativen und nicht minder legendären Zeitung «Nebelhorn», die 1989 eingestellt wurde, sass als Nichtmitglied für die Grünen im Kreistag und schrieb für diverse Zeitungen, unter anderem auch den damaligen «Thurgauer Volksfreund».

Neuer Webauftritt

Immer wieder drehte er Reportagen fürs Fernsehen und berichtete kritisch über Sekten, rechtsradikale Umtriebe und deren Berührungspunkte. Seit 15 Jahren tourt Reile auch zusammen mit Schauspielern und Musikern in dem Stück «Ikarus vom Lautertal» durch die Republik: «Mit unseren 160 Auftritten haben wir bislang 20000 Menschen erreicht.» Künftig will sich der Journalist neben «seemoz» wieder verstärkt TV-Projekten widmen. Jetzt steht «seemoz» vor einem Re-launch: «Wir werden in zwei Wochen ganz anders aussehen», kündigt Reile an. Seine Bissigkeit will das Blog aber beibehalten.

Autor: Stefan Böker/Thomas Martens