„Unerhörter Mut“ und „Das Narrenschiff“

Zwei Höhepunkte nächste Woche im Gottlieber Bodmanhaus: Eine Ausstellung zu einem Bestseller aus dem Mittelalter und eine Lesung aus einer Neuerscheinung dieser Tage. „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant ist einer der ersten Bestseller der Weltliteratur – das Buch, überdies ein Meisterwerk des frühen Buchdrucks, wird in einer sechsmonatigen Schau vorgestellt. Die Lesung aus „Unerhörter Mut“ hingegen – aktuell erschienen – erzählt eine Fluchtgeschichte aus dem Bodenseeraum im Jahr 1942.

Ein Richter als Schriftsteller: Im Bodman-Literaturhaus in Gottlieben liest am Donnerstag, 12. April, der ehemalige Präsident des Landesgerichtes Feldkirch, Alfons Dür, aus seiner soeben erschienenen dokumentarischen Erzählung „Unerhörter Mut“, einer Fluchtgeschichte aus dem Bodenseeraum im Jahr 1942. Anschließend gibt es ein Gespräch mit dem Historiker und Leiter des literarischen Bodmanhauses, Stefan Keller.

Die Geschichte: Zu Ostern 1942 befreit der 22-jährige Deutsche Heinrich Heinen unter lebensgefährlichen Umständen seine jüdische Braut Edith Meyer aus dem Ghetto von Riga. Gemeinsam flüchten sie Richtung Schweiz, wo sie hoffen, eine Zukunft zu finden. Zuerst in Konstanz, dann bei Feldkirch an der Grenze scheitert die Flucht. Die beiden werden von der Gestapo eingesperrt. Verurteilt wegen Rassenschande, bricht Heinrich Heinen aus dem Gefängnis aus, sucht in allen Zellen nach seiner Braut, findet sie aber nicht. An der Schweizer Grenze bei Hohenems wird er schließlich erschossen. Edith Meyer war kurz zuvor nach Auschwitz abtransportiert worden.

Diese erschütternde Liebesgeschichte, die in unserer nächsten Umgebung ein tödliches Ende fand, hat der ehemalige Präsident des Landesgerichtes Feldkirch, Alfons Dür, in jahrelanger Arbeit recherchiert und rekonstruiert. Dürs Buch «Unerhörter Mut. Eine Liebe in der Zeit des Rassenwahns» ist dieses Frühjahr im Haymon-Verlag in Innsbruck erschienen: Ein packender Bericht auf der Grundlage von Originaldokumenten, der in seiner inhaltlichen und literarischen Qualität weit über die übliche Regionalgeschichte hinausgeht. Alfons Dür lebt heute in Buchs SG.

Die Thurgauische Bodman-Stiftung ist ein Literaturhaus in Gottlieben und Gedenkstätte für den Dichter und Schriftsteller Emanuel von Bodman (* 23. Januar 1874 in Friedrichshafen; † 21. Mai 1946 in Gottlieben). Sie besteht aus fünf Hauptteilen: die Autoren, welche Lesungen halten, die Stipendiaten, die im Bodman-Haus einlogiert sind, die Ausstellungen mit Themen zur Literatur, die Buchbinderei und die Bodman-Werkauswahl, die seit 2000 herausgegeben wird.

Zeitgleich mit der öffentlichen Stiftungsversammlung der Thurgauischen Bodman-Stiftung am 14.4. um 17 Uhr wird die Sonderausstellung „Das Narrenschiff“ im Bodmanhaus eröffnet und noch bis 14.10. gezeigt werden. Eingeleitet wird die Eröffnung mit einem Vortrag von Prof. Dr. Silke Meyer von der Universität Innsbruck: „Alle Straßen, Gassen sind voller Narren“.

Das „Narrenschiff“ von Sebastian Brant gilt als Meisterwerk des frühen Buchdrucks. Überdies ist Brant mit diesem, reich bebilderten Buch unsterblich geworden. Es ist wohl der erste Bestseller der europäischen Literatur – von der Bibel einmal abgesehen. In ungezählten Neuauflagen und Bearbeitungen bis in die Gegenwart steht diese Moralsatire auch am Beginn der sogenannten Narrenliteratur.

Autor: PM/hpk

Die Lesung: „Unerhörter Mut. Eine Liebe in der Zeit des Rassenwahns“. Lesung und Gespräch mit Alfons Dür. Moderation: Stefan Keller. Bodman-Literaturhaus Gottlieben. Donnerstag, 12. April, 20 Uhr, Eintritt: CHF 8.- / € 5.- Reservierung: Bodmanhaus – Am Dorfplatz 1 – 8274 Gottlieben; Tel. 071 669 34 80, sekretariat@bodmanhaus.ch www.bodmanhaus.ch

Die Ausstellung: „Das Narrenschiff. Sebastian Brant. Ein Bestseller der europäischen Literatur und ein Meisterwerk des frühen Buchdrucks“. Sonderausstellung vom 14. April bis 14. Oktober im Bodmanhaus in Gottlieben. Öffnungszeiten: Mittwoch und Sonntag 14-17 Uhr. Eintritt: CHF 8.-/ Euro 5.-