Das Verschwinden des Philip S.
Philip Werner Sauber, der 1975 in Deutschland als Terrorist getötet wurde, hinterließ eine junge Frau, die fast 40 Jahre wartete, bis sie die gemeinsame Geschichte erzählte: Es ist die Geschichte einer großen Liebe, eines gemeinsamen Lebens im studentischen Aufbruch der 1968er Jahre in Berlin. Diese Frau, Ulrike Edschmid (s. Foto), liest heute Abend aus diesem, ihrem Buch „Das Verschwinden des Philip S.“ im Gottlieber Bodmanhaus.
Philip Werner Sauber – Bruder eines heute bekannten Formel-1-Rennstallbesitzers – war ein Schweizer aus vornehmem Haus, der 1975 in Deutschland von der Polizei erschossen wurde. Seine Geschichte ist die Geschichte einer Generation von Rebellen. Sie wollten die Welt verändern, eine gerechtere Gesellschaft erschaffen – doch einige von ihnen, oft die Sensibelsten, gerieten in den illegalen Untergrund und endeten im bewaffneten Kampf.
Es ist die Geschichte eines „angekündigten Todes“, wie der Spiegel schrieb. Ein sorgfältiges und genaues, an keiner Stelle wehleidiges Porträt eines künftigen Terroristen, mit dem die Autorin an der Bruchstelle zwischen gesellschaftlicher Veränderung und Selbstzerstörung gleichwohl glücklich lebte.
PM/hpk
Bodmanhaus – Das kleine Literaturhaus in Gottlieben TG, Dienstag, 14. April 2015, 20 Uhr,
Moderation: Stefan Keller
In der medialen und literarischen Aufarbeitung und Beschreibung jener Zeit sticht m. E. Ulrike Edschmid als Autorin heraus, die nah dran und kompetent vermitteln kann, was diejenigen umtrieb, die sich für den bewaffneten Kampf entschieden haben und dabei das Lebensgefühl der AktivistInnen und deren Kritik an den herrschenden Zuständen gut nachvollziehbar schildert.
Vor etlichen Jahren las ich ihr Buch „Frau mit Waffe“, vor ca. 20 Jahren erschienen, das ich auch heute noch insbesondere jüngeren Leuten empfehlen möchte, die sich für das Thema interessieren.
…..jetzt mal langsam:
wie genau in jener nacht die schiesserei losging, das können mit letzter sicherheit nur die wissen, die damals mit dabei waren.
tatsächlich waren danach werner sauber und walter pauli tot.
beide hatten das magazin ihrer jeweiligen waffe leergeschossen.
bewaffnet waren wohl alle 3 insassen des von der polizei kontrollierten autos, in dem auch werner sauber gesessen hatte.
tatsache ist aber, dass seine beiden begleiter 2 Jahre später trotz anklage wg. beihilfe zum mord nur wg. verstosses gegen das waffengesetz verurteilt wurden.
fast überraschend, war das doch zu einer zeit, wo so manche/r qua kollektivhaftung wg. mitgliedschaft in einer terroristischen vereinigung für lange jahre einfuhr…
und auch indiz dafür, dass die annahme einer vorsätzlichen, kaltblütigen mordabsicht nicht zu halten war.
in den letzten jahren, im zuge der sog. „aufarbeitung“ des deutschen herbstes und der bleiernen zeit wurden uns ja allzu reichlich (film-)produktionen präsentiert, wo bis zur grenze der erträglichkeit die raf als kollektiv und ihre mitglieder als einzelne zu popkulturellen ikonen stilisiert und gehyped wurden.
um sowas geht es der vormaligen lebensgefährtin von sauber, die ihm jetzt als autorin „nachforscht“, genau nicht.
ihr buch will alles andere als die produktion eines verklärenden heldenepos oder alles erklärenden psychogramms:
es ist das fragende nachzeichnen eines oft unverständlichen weges eines geliebten und wohl auch liebenswerten, sensiblen menschens, dem das prädikat „terrorist“ als ausschliessliche beschreibung nicht gerecht wird.
„thx“ an den seemoz für den tip zur lesung.
…der 1975 von der Polizei erschossen wurde, nachdem er bei einer Polizeikontrolle das Feuer eröffnete, den Polizeibeamten Walter Pauli tödlich, und den unbeteiligten 32-jährigen Arzt Karl Heinz Roth schwer verletzte.