Es geht um die TV-Landschaft der Schweiz

Wird es ab 2019 in der Schweiz noch ein öffentlich-rechtliches Fernsehen und Radio geben? Werden außerdem gleich viele private lokale und regionale Schweizer TV- und Radiosender bestehen wie heute? Darüber entscheiden die Schweizer Stimmberechtigten am 4. März. Die Auseinandersetzung um die „No Billag“-Initiative, die die TV- und Radiogebühren abschaffen will, tobt derzeit heftig.

Bevor es im folgenden um die Abstimmung selbst geht, erst einmal ein paar Erklärungen: „Billag“ heißt die Firma, die in der Schweiz noch bis Ende 2018 die Gebühren für den Radio- und TV-Empfang einzieht. Ab 2019 soll das eine andere Firma tun, die „Serafe“. Da die Initiative, um die es hier geht, frühestens 2019 in Kraft treten kann, hat sie eigentlich den falschen Namen, denn die Billag wird sie nicht mehr treffen – die Initiative müsste eigentlich „No Serafe“ heißen.

Knapp angenommenes Gesetz

In der momentanen Diskussion geht es vor allem um das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). SRF ist in der Schweiz kein Regierungssender, hat aber eine staatliche Konzession und arbeitet auf Gesetzesgrundlage. Träger ist ein Verein, dessen Leitungsposten parteipolitisch sorgfältig austariert vergeben sind. Die Aufgaben, die DRS/SRF zu erfüllen haben, sind im Radio- und TV-Gesetz (RTVG) festgelegt. Darin ist seit 2015 auch festgeschrieben, dass die Gebühren zum Radio- und Fernsehbetrieb – genau wie in Deutschland – von allen Haushalten und Betrieben zu bezahlen sind. Unabhängig davon, ob in den Haushalten oder Betrieben TV-Geräte und/oder Radios stehen, weil man heutzutage auch am PC oder auf dem Tablet oder dem Smartphone Radio hören oder Fernsehen schauen kann. Diese Regelung wurde 2015 mit 51,1 Prozent in der Volksabstimmung äußerst knapp angenommen.

Auch Unterstützung für Private

Anders als in Deutschland werden in der Schweiz aus den so eingezogenen Gebühren nicht nur die öffentlich-rechtlichen Sender finanziert, sondern auch 34 private lokale und regionale Sender unterstützt. Derzeit beläuft sich die Gebühr auf gut 450 Franken pro Jahr, 2019 soll sie auf 365 Franken sinken.

Gesamteinnahmen derzeit 1,37 Mrd. Franken, davon gehen 1,24 Mrd an das SRF und 60,8 Mio. an die privaten Sender. SRF finanziert sich zusätzlich über 361 Mio. Franken Werbeeinnahmen, die Schweizer Privatsender erzielen weitere 446 Mio. Werbeeinnahmen. (Ausländische Privatsender erwirtschaften in der Schweiz 328 Mio. Werbeeinnahmen.)

So und nun endlich zur „No Billag“-Intiative, über die am 4. März abgestimmt wird. Sie hat – wie der Name sagt – ein ganz einfaches Ziel: Sie will die Gebühren abschaffen. Und zwar ganz. Zusätzlich möchte sie festlegen, dass der Bund – also der Staat – die Sendekonzessionen regelmäßig versteigern muss, selbst keine Sender betreiben und auch kein Geld dafür eintreiben (lassen) darf. Er soll auch keine Sender subventionieren dürfen und nur für die Ausstrahlung „dringlicher amtlicher Mitteilungen“ bezahlen.

Links-Phobie

Lanciert hat die Initiative eine Gruppe freisinniger, libertärer und rechtskonservativer Jungpolitiker um den heutigen Vize-Vorsitzenden des „Liberalen Instituts“ (eines „Thinktanks“ der den Staat stark einschränken will) Olivier Kessler. „Libertäre“ bekämpfen den Staat an sich – sie empfinden jedes staatliche Eingreifen als Beschränkung persönlicher Freiheit. In der Schweiz kommen ihre AnhängerInnen vor allem aus Kreisen der FDP (Freisinn) und aus rechts-konservativen Kreisen – von der SVP bis zu noch weiter rechts stehenden Gruppierungen. Die „Schweizerzeit“, bei der Kessler ein Jahr lang Chefredaktor war, ist das Leibblatt der älteren Mitglieder dieser Kreise.

Die No-Billag-Initianten argumentieren zwar damit, dass „Zwangsgebühren die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen“ beschränkten, der selbst entscheiden können müsse, was er mit seinem „hart erarbeiteten Geld mache“. Aber in der Diskussion um ihre Initiative geht es ständig um den Inhalt des TV-Programms (Radio spielt kaum eine Rolle in der Diskussion). Dieses sei links, links unterwandert, nicht objektiv, links-grün, informiere einseitig etc. Man müsse SRF dadurch, dass man ihm die Gebühren entziehe, auf das Senden von neutralen Nachrichten beschränken.