Schweizer Konzerne sollen haften
Wenn im Kongo Kobaltminen die Umwelt verseuchen, in Burkina Faso Indigene von ihrem Land vertrieben und ermordet werden oder in Indien hunderte LandarbeiterInnen beim Versprühen von Pestizid vergiftet werden und 20 von ihnen sterben, dann hat das mit der Schweiz zu tun. Denn hier sitzen die Konzerne, die davon profitieren. Damit diese sich nicht weiterhin aus der Verantwortung stehlen können, soll noch 2020 über die „Konzern-Verantwortungs-Initiative“ abgestimmt werden.
In Baar im Kanton Zug sitzt beispielsweise der weltgrößte Rohstoffhändler Glencore. Glencore handelt nicht nur mit Rohstoffen von A wie Aluminium bis Z wie Zucker – Glencore gehören direkt oder über Tochterfirmen Minen, Förderanlagen und Fabriken. Die Firma macht einen jährlichen Umsatz von rund 220 Mrd. Dollar und hat weltweit 158 000 Beschäftigte. Zudem beauftragt sie im jeweiligen Förder- oder Anbauland Subunternehmen. Es gibt kaum einen Umweltskandal der letzten Jahre, in den Glencore nicht irgendwie verwickelt war.
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Da ist aber auch der Biotechnologie- und Pflanzenschutzmittelkonzern Syngenta (der inzwischen Teil eines chinesischen Konzerns ist), der Schwellen- und Drittweltländern immer noch Herbizide verkauft, die wegen ihrer Giftigkeit für Menschen in Europa längst verboten sind.
Unterstützung von 120 Organisationen
Vor einigen Jahren hatten in der Schweiz Umwelt- und Menschenrechtsgruppen die Nase voll davon, dass sich solche Konzerne auf Grund der Rechtslage nie dafür verantworten müssen, was sie in anderen Ländern anrichten. Sie lancierten die „Konzern-Verantwortungs-Initiative“ deren Ziel es ist, Konzerne dazu zu verpflichten auch im Ausland Menschenrechte und internationale Umweltstandards einhalten zu müssen. Zudem verlangt sie, dass bei Verstößen gegen solche Standards die Konzerne in der Schweiz dafür bestraft werden können – auch für strafbares Verhalten ihrer Subunternehmen.
Über 120 Organisationen unterstützen die Initiative derzeit – von Amnesty International und Attac über Greenpeace bis hin zu Caritas, Hilfswerk der Evangelischen Kirche der Schweiz (HEKS) und den „Jesuiten weltweit“ bis zu Gewerkschaften und Frauenorganisationen. Im Unterstützungskomitee finden sich ehemalige Regierungsmitglieder und Bundesrichter, Abgeordnete und katholische Bischöfe. Wenig überraschend: Konzernmanager sind nicht vertreten.
Derzeit sieht es so aus, als ob die Initiative im November 2020 ohne Gegenvorschlag vors Volk käme: National- und Ständerat konnten sich nämlich bisher nicht auf einen Gegenvorschlag einigen. Der Nationalrat wollte nur die Zahl der betroffenen Konzerne einengen, der Ständerat wollte die Strafbarkeit streichen. Derzeit sieht es nicht so aus, als ob sich die beiden Parlamentskammern noch einigen würden.
„Der Konzern-Report“ auf Tour
Dass Verbände wie economiesuisse – als Verband großer Industrieunternehmen – die Initiativziele ablehnen, überrascht nicht. Sie argumentieren damit, dass Großkonzerne dann aus der Schweiz wegziehen würden, was tausende Arbeitsplätze gefährde. Unterstützung finden sie bei FDP und SVP. Die CVP ist momentan noch in den „Wehen“: Das Präsidium will nichts von der Initiative wissen, aber das Fußvolk hegt große Sympathien.
Bereits angelaufen ist der Abstimmungskampf – auch wenn es bis November noch lange hin ist. Meinungsumfragen zeigen, dass die Initiative derzeit noch von rund 75 Prozent der Stimmberechtigten unterstützt wird. Das wird aber kaum so bleiben, wenn erstmal Wirtschaftsverbände und bürgerliche Parteien aktiv werden und ihre Trommeln schlagen.
Derzeit sind die InitiantInnen mit dem Film „Der Konzernreport“ unterwegs. Der Film lässt Menschen auf zwei Kontinenten zu Wort kommen, die durch Schweizer Konzerne geschädigt werden.
Der beeindruckende Film ist in der Region im März jeweils um 19. 30 Uhr zu sehen am: 16.03. Frauenfeld (ViVa Rheinstrasse), 17.03. Schaffhausen (Hotel Kronenhof), 19.03. Arbon (evang. Kirchgemeindehaus), 22.03. Weinfelden (kath. Pfarreizentrum), 24.03. Amriswil (evang. Kirchgemeindehaus), 25.03. Kreuzlingen (Das Trösch, Hauptstraße). Weiteres dazu hier.
Lieselotte Schiesser (Foto: konzern-initiative.ch)