Unruhige Wahlzeiten in Kreuzlingen

Es soll ja KonstanzerInnen geben, die manchmal mit dem Treiben in der städtischen Exekutive nicht so ganz zufrieden sind. Falls es ein Trost ist: in Kreuzlingen läuft’s auch nicht reibungslos. Wobei es dort mehr im Gebälk der Schulgemeinde knarzt als in jenem des Stadtrats. Ende November werden sowohl ein neuer Schulpräsident als auch ein neuer Stadtrat gewählt. Amtsantritt für alle ist der 1. Juni 2019.

Beim Stadtrat knapp über der Grenze geht bisher alles seinen geräuschlosen Gang: Gegen die Wiederwahl des vollamtlichen Stadtpräsidenten (Oberbürgermeisters) gibt es keine Opposition. Schließlich hat Thomas Niederberger (FDP) dieses Amt erst im März 2018 angetreten. Dass er schon wieder zur Wahl steht, hängt damit zusammen, dass sein Vorgänger Andreas Netzle (parteilos) mitten in der Legislatur zurücktrat.

Deshalb wurde Niederberger erstmal nur für den Rest der „Netzle-Legislatur“ gewählt. Ende November wird er die Stimmen der Wahlberechtigten nun wohl das erste Mal für eine volle Amtszeit von vier Jahren bekommen. Die Wahl für die nächsten vier Jahre dürfte auch den dreien der vier Ratsmitglieder mit 60-Prozent-Stellen problemlos gelingen, die wieder kandidieren: Dorena Raggenbass (parteilos), Ernst Zülle (Christliche Volkspartei CVP) und Thomas Beringer (Evangelische Volkspartei EVP).

Nummer 5 im Bunde, Barbarba Kern (Sozialdemokraten SP), tritt aus Altersgründen nicht mehr an. Ihren Sitz wird voraussichtlich Markus Brüllmann (SP) „erben“. Es gibt bisher keine anderen Kandidaturen. Die SVP hat nach eigenen Angaben niemanden gefunden, der gegen Brüllmann antreten wollte.

Krach um die Schulgemeinde

Mit deutlich mehr Nebengeräuschen geht die Wahl zum Schulpräsidenten vonstatten. Für alle, die nördlich der Staatsgrenze leben: Die Schulgemeinden sind im Thurgau die Trägerinnen der Volksschulen – also vom Kindergarten bis und mit Klasse neun. Primarschule (Kindergarten bis Klasse sechs) und Sekundarschule (Klassen sieben bis neun) weisen in Kreuzlingen zusammen eine Bilanz von rund 50 Mio. Franken aus.

In vier Primar- und drei Sekundarschulen werden rund 2000 SchülerInnen von weit über 100 LehrerInnen unterrichtet. Ein Schulpräsident muss also nicht so sehr Lehrer sein, als Chef eines mittleren Betriebes. 2015 wurde in Kreuzlingen René Zweifel (Freisinnige FDP) – bis dahin Schulleiter – auf diesen Posten gewählt und 2017 erstmals für eine volle Legislatur bestätigt.

Erzwungener Rücktritt

2018 war die Freude dann schon wieder vorbei. Zweifel war 2017 wegen einer schweren Erkrankung ein halbes Jahr ausgefallen, dann zurückgekommen und kurz darauf noch einmal ausgefallen. Als es dann so aussah, als ob er sein Amt wieder voll übernehmen könnte, forderten ihn die übrigen Mitglieder der Schulbehörde geschlossen zum Rücktritt auf. Eine Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich. Er sei seiner Aufgabe schlicht nicht gewachsen. Im Juli folgte Zweifel der Aufforderung und trat zurück.

Für die Öffentlichkeit kam das Zerwürfnis völlig unerwartet. Es hatte zuvor keine Verlautbarungen oder Gerüchte darüber gegeben, dass das Schulpräsidium nicht gut geführt würde. Deshalb erhoben sich auch sofort Forderungen danach, die Gründe für das Zerwürfnis offen zu legen. Dem stand aber eine Vereinbarung zwischen Zweifel und der Schulbehörde entgegen. Die Wogen gingen hoch und es wurden Forderungen nach einem Runden Tisch, nach einem Eingreifen des Kantons (rechtlich nicht möglich) laut. Nachdem die Behörde einer Untersuchungskommission zugestimmt hatte, zog Zweifel aber bis jetzt nicht wirklich nach.

Aufforderung zur Wiederwahl

Zweifel hat aber immer noch „Fans“ – auch unter Leuten, die in Kreuzlingen oft als politische Wortführer auftreten. Und manche davon fordern derzeit per Inserat dazu auf, Ende November doch den zurückgetretenen Zweifel erneut zu wählen. Was wohl den Rücktritt aller anderen Behördenmitglieder nach sich zöge. Der Gedanke, dass es vielleicht tatsächlich Gründe für die Rücktrittsforderung an Zweifel gegeben haben könnte, scheint ihnen nicht zu kommen. Zweifel selbst tritt den Wiederwahl-Wünschen nicht entgegen. Er teilte via Zeitungen mit, er wolle das Wahlergebnis Ende November abwarten. Womit er andeutet, dass er womöglich in einem zweiten Wahlgang antreten würde.

Dieser würde nötig, sollten die „wählt-ihn-erneut-Forderungen“ auf fruchtbaren Boden fallen. Bisher gibt es nämlich zwei offizielle Kandidaturen: Seraina Perini Allemann (FDP), derzeit Kulturbeauftragte der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen und von 2005 bis 2016 Mitglied der Schulbehörde, und Manager Markus Baiker. Dieser sass schon für die CVP im Stadtparlament, organisiert das Fantastical-Seenachtfest und die Emmishofer Narren-Nightshow mit. FDP und CVP unterstützen logischerweise ihre eigenen Mitglieder, die SP spricht sich für Perini aus.

Lieselotte Schiesser