Zwischen Grünem Höhenflug und Maskenverweigerern

SchweizGroße Ereignisse werfen bekanntlich ihre Schatten voraus. Der «kleine Schatten» zu den großen Wahlen in die eidgenössischen Parlamente im Herbst 2023 ist die Wahl des Kreuzlinger Gemeinderats (Stadtparlament) am 13. März. Wie sieht es in unserer Nachbarstadt diesbezüglich im Vorfeld aus?

Vor vier Jahren endeten diese Wahlen mit einem grünen Höhenflug: Die Freie Liste/Grüne (FL/GP) verdoppelte ihre Sitzzahl von 4 auf 8 und zog mit der rechtskonservativen SVP gleich, die einen Sitz verlor. Inzwischen ist die SVP um einen weiteren Sitz geschrumpft – ein Mitglied desertierte zu den Covid-Skeptiker:innen «Aufrecht-Thurgau».

Die größte Fraktion stellen seit 2019 (wie bereits in die Legislatur davor) die Sozialdemokrat:innen und Gewerkschaften (SP) mit 10 (10) Sitzen, dahinter folgen FL/GP und die FDP mit je 8 (4 bzw. 9), gefolgt von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) mit 7 von ursprünglich 8 (8) Sitzen. Die «Mitte» (früher Christlich demokratische Volkspartei/CVP) besetzt 4 (5) und die Evangelische Volkspartei (EVP) 2 (3) Sitze. Einen belegt mit «aufrecht Thurgau», eine Partei der Parteilosen für Covid»Skeptiker:innen».

Dieser Sitz war vor vier Jahren an die SVP gegangen, die ein Mitglied im November 2021 aus der Fraktion ausschloss, weil es sich mitten in der Covid-Pandemie weigerte, in der Ratssitzung Mund-Nase-Maske zu tragen und sich statt dessen eine Guy-Fawkes-Maske vorschnallte. Folgerichtig markiert dieses Mitglied seither für die Maskengegner und Covid-Skeptiker:innen von «aufrecht Schweiz» die thurgauische Präsenz.

Zu den neuen Wahlen im März treten außer den bereits vertretenen Parteien auch noch die Grünliberalen (glp) an , die derzeit gerade in anderen Kantonen großen Zulauf haben. Sie sind eine Art Kreuzung aus FDP und grünen Realos: wirtschaftsliberal und davon überzeugt, dass die Klimaerwärmung mit technischem Fortschritt in den Griff zu kriegen sei. Wieder dabei ist auch die 2019 erfolglos gebliebene «Partei der Secondi», die für sich in Anspruch nimmt, die Interessen der Zweit-Generations-Ausländer:innen zu vertreten.

Insgesamt treten damit dieses Jahr 9 (8) Parteien mit 140 (107) Kandidierenden zum Run auf die 40 Parlamentssitze an. Von den bisherigen 15 Frauen und 25 Männern treten lediglich 3 Frauen nicht erneut an. Selbst wenn der eine oder die andere wieder Kandidierende nicht erneut gewählt werden sollte, wird der Erneuerungsfaktor eher klein sein. SVP und FDP wollen verlorene Sitze zurück, die «Mitte» will auf keinen Fall erneut Sitze verlieren. Die FL/GP schickt ihre «alten Schlachtrösser» und Stimmensammler Guido Leutenegger und Jost Rüegg wieder ins Rennen – und die SP hofft auf Bestandswahrung.

Für Nicht-Kreuzlinger:innen sei noch gesagt, dass Kreuzlingen einen Ausländeranteil von über 50 Prozent hat und diese nicht wählen dürfen. Die EU-Regelung, wonach EU-Bürger:innen an Kommunalwahlen teilnehmen dürfen, gilt im Nicht-EU-Mitglied Schweiz nicht und die Thurgauer Kantonsverfassung lässt auch keine abweichende kommunale Regelung zu. Ansonsten gelten ähnliche Regeln wie bei Gemeindewahlen in Baden-Württemberg: Es darf panaschiert und kumuliert (zwei Stimmen für einen oder eine Kandidatin) werden und jede/jeder Wählende darf 40 Stimmen verteilen. Das führte dazu, dass 2019 bei einer Wahlbeteiligung von rund 34 Prozent etwa 250 Stimmen genügten, um einen Sitz zu gewinnen.

Text: Lieselotte Schiesser
Bild: Pixabay