Auflösung: Wer war’s (74)

Am vergangenen Freitag fragten wir nach dem Reformpädagogen und Publizisten Francesc (Francisco) Ferrer i Guàrdia (1859–1909). Er gründete 1901 die Escuela Moderna, die Moderne Schule, und verfasste verschiedene Schriften zu einer freiheitlichen und auf Solidarität und Wissenschaft basierenden Erziehung. Mit der Gründung der in Paris ansässigen „Internationalen Liga zur vernunftgemäßen Erziehung der Jugend“ stieß er eine internationale Schulreformbewegung an. Bei der Niederschlagung der antikolonialen und antimilitaristischen Aufstände 1909 – in der sogenannten Tragischen Woche unter anderem in Barcelona – gab es über 2500 Verhaftungen sowie hunderte Tote und Verletzte. Fünf Menschen wurden hingerichtet, darunter – ohne jeglichen Beweis, dass er eine führende Rolle beim Aufstand gespielt hätte – Francesc Ferrer. Seine Schulen wurden in Spanien verboten, international fanden sie jedoch großen Zuspruch. brm

Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (74)

Der lästige Bildungsermöglicher

In London, Rom, Lissabon, Berlin, Brüssel und Zürich hatte die Polizei alle Hände voll zu tun, die aufgebrachten DemonstrantInnen von den spanischen Botschaften fernzuhalten; in Paris gab es sogar Verletzte und einen Toten. Das Militärgericht würde es doch wohl nicht wagen, das Urteil gegen den Reformpädagogen zu vollstrecken! Doch „die feigen Mörder in Madrid“ wagten es tatsächlich. Die Anklage lautete auf „geistige Urheberschaft an einem Arbeiteraufstand“, verteidigen durfte er sich nicht. Am 13. Oktober 1909 wurde er, fünfzigjährig, erschossen. …weiterlesen »

Nachruf auf Winfried Wolf: Zwischen Marx und Missionar

Winfried WolfDer Autor und Publizist Winfried Wolf, 74, ist tot. In der Nacht zum Dienstag ist er einem Krebsleiden erlegen. Mit ihm verliert nicht nur die Bewegung gegen Stuttgart 21 einen herausragenden Menschen. Auch wir von seemoz trauern um diesen bemerkenswerten Aktivisten, denn mehrmals hatten wir ihn nach Konstanz eingeladen, um u.a. über Stuttgart 21 zu referieren. Sein Tod ist ein großer Verlust. …weiterlesen »

Auflösung: Wer war’s (70)

Am vergangenen Freitag fragten wir nach der US-amerikanischen Bürgerrechtlerin und Wissenschaftlerin Angela Davis (* 1944). Nach Davis’ Freilassung 1972 gelang es Ronald Reagan nicht, ihre Wiedereinstellung zu verhindern. 2004 erschien von ihr auf Deutsch „Eine Gesellschaft ohne Gefängnisse? Der gefängnisindustrielle Komplex der USA“, eine Analyse des inzwischen in alle Welt exportierten US-amerikanischen Gefängnissystems. Bis 2008 war Davis Professorin für Mentalitätsgeschichte und Gender Studies und erhielt unter anderem 2012 die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Brüssel. brm

Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (70)

Teufelsweib und Pop-Ikone

„Bombingham“ nannte man die Stadt, in der sie 1944 zur Welt kam: Nirgendwo sonst entlud sich der Hass auf die zunehmend selbstbewusste schwarze Bevölkerung gewalttätiger als hier, in Birmingham, Alabama. Die weißen Rassisten jagten, von der Justiz unbehelligt, Wohnhäuser und Kirchen in die Luft, brandschatzten und mordeten. Bereits als Kind wusste sie, dass auch sie jederzeit Ziel eines Anschlags sein könnte, denn ihre Eltern gehörten der schwarzen Mittelschicht an, die sich nicht länger den Mund verbieten ließ. Doch sie wuchs unversehrt heran und erhielt eine solide Schulausbildung. …weiterlesen »

Auflösung: Wer war’s (68)

Am vergangenen Donnerstag fragten wir nach der Glarner Krankenschwester und Fluchthelferin Rösli Näf (1911–1996). Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder SAK war 1940 aus der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Spanienkinder (SAS) entstanden. 1942 ging sie in die Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes über. Deren Exekutivkomitee präsidierte Oberst Hugo Remund, der sich nach Näfs Fluchthilfe umgehend bei den Nazis in Berlin für die „bedauerlichen Vorfälle“ entschuldigte. Weitere Porträts in: Helena Kanyar Becker (Hrsg.), Vergessene Frauen. Humanitäre Kinderhilfe und offizielle Flüchtlingspolitik 1917–1948, Schwabe Verlag, Basel 2010. brm

Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (68)

Die humanitär Enttäuschte

Sie besaß eine solide Ausbildung als Krankenschwester und wollte mitanpacken – deshalb hatte sie sich ja auch für einen Freiwilligeneinsatz in Südfrankreich gemeldet. Dass sie hier nun aber aus dem Stand die Leitung eines Kinderheims übernehmen sollte, jagte der Dreißigjährigen einen ziemlichen Schrecken ein. Der Zentralsekretär der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder (SAK), Rodolfo Olgiati, hatte sich zuvor jedoch erkundigt über die 1911 in Glarus geborene Kondukteurstochter. Sie beherrschte drei Sprachen, hatte medizinischen Sachverstand und verfügte über Auslandserfahrung (unter anderem war sie zwei Jahre bei Albert Schweitzer in Gabun gewesen). …weiterlesen »

Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (62)

Die abstinente Netzwerkerin

Heinrich Rothmund, Chef der Schweizer Fremdenpolizei, schäumte: Wenn sie im spanischen Bürgerkrieg nur die republikanische Seite unterstützen wolle, spalte sie die Schweiz und gefährde die Neutralität, wetterte er. Doch sie brauchte Rothmunds Segen nicht. Die Ayuda Suiza, ein breites Bündnis für das notleidende Spanien, kam auch so zustande. Das war 1937. Das „vorlaute Frauenzimmer“ (so Rothmund) hatte daraufhin alle Hände voll zu tun, damit Kleider, Nahrung, Transportmittel organisiert, Mütter und Kinder aus den bombardierten Städten evakuiert, Flüchtlingsheime eingerichtet, medizinische Hilfe bereitgestellt werden konnte. Daneben klärte sie mit zahllosen Vorträgen die Schweizer Bevölkerung über diesen „Exerzierplatz für die künftigen Auseinandersetzungen zwischen Diktatur und Demokratie“ auf und sorgte für regen Spendenzufluss. …weiterlesen »

Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (57)

Der praktische Philosoph

Ins Meer mit denen vom Festland!, lautete die Parole des vor 125 Jahren geborenen Sarden, ins Meer mit den ausbeuterischen Bergwerkbesitzern, mit den Käse-Baronen, die schamlos niedrige Milchpreise zahlten, mit den Steuereintreibern und den Wirtschaftspolitikern, die die Industrie Norditaliens schützten, die BäuerInnen Sardiniens aber von ihren Absatzmärkten isolierten! Ins Meer damit! …weiterlesen »

Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (56)

Die sanfte Eheverweigerin

Dieser elende Privatlehrer! Da wollte die Mutter ihrer Tochter eine gute Ausbildung bieten, und prompt ließ diese sich von dessen sozialistischen Ideen anstecken. Und dann musste das ausgerechnet auch noch ein Anhänger Henri de Saint-Simons sein, der die völlige Gleichheit der Geschlechter propagierte! Zum Heiraten war die 1805 geborene junge Dame natürlich nicht mehr zu bewegen, stattdessen begann sie sich mit religiösem Eifer der Befreiung des weiblichen Individuums zu widmen. Dazu gab es auch allen Grund, denn Napoleon hatte mit seinem viel gerühmten Code civil den Frauenrechten einen nachhaltigen Fußtritt verpasst. …weiterlesen »

Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (55)

Der angsteinflößende Hauptmann

Es fand sich einfach kein Verräter. Der Gemeindeammann von Klosters weigerte sich, den Rebellen an die Habsburger auszuliefern, zu beliebt war dieser bei den EinwohnerInnen Graubündens. Und auch der Arzt ließ sich nicht überreden, ihn beim nächsten Aderlass verbluten zu lassen. Obwohl tausend Gulden auf seine Ergreifung ausgesetzt waren, dauerte es sechs Jahre, bis tatsächlich jemand zustach. …weiterlesen »