Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (70)

Teufelsweib und Pop-Ikone

„Bombingham“ nannte man die Stadt, in der sie 1944 zur Welt kam: Nirgendwo sonst entlud sich der Hass auf die zunehmend selbstbewusste schwarze Bevölkerung gewalttätiger als hier, in Birmingham, Alabama. Die weißen Rassisten jagten, von der Justiz unbehelligt, Wohnhäuser und Kirchen in die Luft, brandschatzten und mordeten. Bereits als Kind wusste sie, dass auch sie jederzeit Ziel eines Anschlags sein könnte, denn ihre Eltern gehörten der schwarzen Mittelschicht an, die sich nicht länger den Mund verbieten ließ. Doch sie wuchs unversehrt heran und erhielt eine solide Schulausbildung.

Anfang der sechziger Jahre ging sie zum Literaturstudium nach Paris, wo sie mit großem Interesse den Befreiungskampf der AlgerierInnen mitverfolgte, wechselte dann zur politischen Philosophie nach Frankfurt, wo sie gegen den Vietnamkrieg agitierte, und kehrte 1967 als Doktorandin Herbert Marcuses in die USA zurück. Dort solidarisierte sie sich mit der Black Panther Party, warb um Unterstützung für die politischen Gefangenen der Bewegung und wurde als bekennende Kommunistin und Universitätsprofessorin schließlich zur Galionsfigur des schwarzen Widerstands.

1970 geschah dann, womit sie bereits gerechnet hatte: Man klagte sie wegen „Verschwörung, Entführung und Mord“ an und setzte sie als „gefährlich und wahrscheinlich bewaffnet“ auf die Liste der zehn meistgesuchten VerbrecherInnen der USA – sehr zur Freude des kalifornischen Gouverneurs Ronald Reagans, der bereits zuvor versucht hatte, das kommunistische Teufelsweib von der Uni zu jagen. Ihre Verhaftung löste jedoch einen Aufschrei der Empörung aus, weltweit entstanden Befreiungskomitees, und schließlich wurde der „Sweet Black Angel“ (so der Titel eines ihr gewidmeten Lieds der Rolling Stones) in allen Anklagepunkten freigesprochen. Umgehend begab sie sich auf Vortragstournee, warb für die Bürgerrechtsbewegung und prangerte das repressive Gesellschaftssystem an, das sein Geld lieber für Gefängnisse als für Bildung und Gesundheit ausgab.

Wer ist die haarprächtige Feministin, Occupy-Aktivistin und Ehrendoktorin, die zweimal für das US-Vizepräsidentenamt kandidierte und noch heute die Abschaffung des „gefängnisindustriellen Komplexes“ fordert?

Text und Bildcollage: Brigitte Matern

Die Auflösung erscheint am kommenden Montag.