Mit „soft power“ gegen segundo mundo
Auf Stippvisite in der alten Heimat: Carolus Wimmer, Präsident der venezolanischen Gruppe im Lateinamerikanisches Parlament, kam aus Genf, wo er als Sprecher der venezolanischen Delegation an einer dreiwöchigen Sitzung der UN-Menschenrechtskommission teilnimmt, nach Konstanz, um Freunde und Interessierte über die aktuelle Lage in Südamerika zu informieren.
„In Genf werden wir angegriffen, weil es nicht genügend Klopapier in Caracas gibt, aber Nachbarländer, in denen Mord und Folter an der Tagesordnung sind, bleiben ungeschoren“. Carolus Wimmer, der in Konstanz sein Abitur machte, berichtete dennoch selbstkritisch über die Probleme in seiner neuen Heimat: „Ja, es gibt Engpässe in der Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten; und ja, es gibt Ausschreitungen. Aber die Ursachen sind andere als die, von denen die Medien in Deutschland berichten“.
Roll back mit „soft power“
Seiner Analyse zufolge versucht derzeit die US-Administration mit einer „soft-power-Politik“ ein Roll-back in Südamerika. Dabei ist nicht einmal der US-imperialistische Hang entscheidend, „seinen Hinterhof räumen zu wollen“, sondern die Furcht vor einem verstärkten Einfluss von China und Russland im Kampf um die Rohstoffe – und das ist nicht nur das Öl in der Karibik – in Latein- und Südamerika.
„Die USA rüsten um uns herum ständig auf“, berichtet Wimmer: Die 4. US-Flotte patrouilliert unablässig und unberechtigt in der Karibik; gegenwärtig entstehen 18 neue US-Militärbasen in Zentralamerika; „und was die subversive „soft-power-Politik“ der US-Regierung anrichten kann, wissen wir nicht erst seit dem Putsch in Chile, sondern erleben wir gerade bei den erzwungenen Regierungswechseln in Argentinien und Brasilien“. Gleichzeitig wird der Ölpreis, Haupteinnahmequelle Venezuelas, manipuliert und der 17jährige US-Boykott gegen das Land verstärkt.
Neues Selbstvertrauen in segundo mundo
Dennoch hofft Wimmer, internationaler Sekretär der KP Venezuelas, auf einen Siegeszug im „Zweiten Freiheitskampf nach Bolivar“. Denn nach seiner Einschätzung ist bei den Südamerikanern ein neuen Selbstvertrauen entstanden, und immer mehr Regierungen, nicht nur linke, bieten den USA die Stirn. So ist erst in der letzten Woche eine Resolution gegen Venezuela in der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten, in der 35 unabhängige Staaten Nord- und Südamerikas organisiert sind, Anm. d. Red.) an der Mehrheit südamerikanischer Länder gescheitert. „Noch vor zehn Jahren wäre ein solches Abstimmungsverhalten undenkbar gewesen“. Ein weiteres Indiz sei die kritische Haltung in segundo mundo (als „zweite Welt“ bezeichnen sich die Südamerika selber, Anm. d. Red,) gegen aktuelle Handelsverträge wie TTIP, TiSA oder CETA.
Doch nicht immer ist der US-Einfluss nur soft: „43 Tote und über 700 Verletzte auf den Straßen“ gab es allein im letzten Jahr in Venezuela. „Wir müssen uns wehren gegen die Versuche aus Washington, die Nationalstaaten zu zerschlagen, wie es gegenwärtig in Nordafrika, in Syrien und im Irak passiert“, warnt Wimmer. „Politisch, wirtschaftlich und diplomatisch“ müssen wir gegenhalten, so der deutsch-amerikanische Kommunist, „die neue lateinamerikanische Einheit ist nur ein erster Schritt – das Aufbegehren gegen jeglichen Hegemonialanspruch muss international werden.“
hpk