Klimakrise und Migration – eine Veranstaltungsreihe der Uni Konstanz

Das SQ-Zentrum und Green Office der Universität Konstanz haben in Kooperation mit der vhs sowie anderen lokalen Initiativen sieben spannende Veranstaltungen zum Thema „Klimakrise und Migration“ organisiert. Von Oktober bis Dezember 2022 wird das Zusammenspiel von Klimakrise und Migration aus interdisziplinärer Perspektive beleuchtet: wodurch wurde und wird die geschichtliche Konstante „Wanderungsbewegungen der Menschheit“ ausgelöst?

Laut SQ-Zentrum („SQ“ steht für „Schlüsselqualifikationen) ist für den Menschen die Bewegung im Raum keine Ausnahmesituation, sondern eine geschichtliche Konstante. Seit der Entstehung der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert wurden Wanderungsbewegungen wohl noch nie so stark reflektiert und problematisiert, kontrolliert, verhindert oder begünstigt. Die politische, rechtliche, ethische und nicht zuletzt ästhetische Auseinandersetzung mit Phänomenen von freiwilliger wie erzwungener Migration steht infolge der Klimakrise und angesichts zahlloser Menschen, die ihre Herkunftsorte vorübergehend oder dauerhaft verlassen (müssen), vor ganz neuen Herausforderungen.

Hier die einzelnen Veranstaltungen:

Ausstellung zum Thema Klimaflucht

Der Zusammenhang von Klimawandel und Migration ist längst kein neues Phänomen mehr. Wenn klimatische Veränderungen dazu führen, dass Ernten ausbleiben, Stürme oder Dürren zunehmen, der Meeresspiegel steigt und Ökosysteme sich verändern, kurz: Wenn sich Wetterextreme derart verstärken, dass Lebensräume zerstört werden, sehen sich immer mehr Menschen dazu gezwungen, ihre Heimat dauerhaft zu verlassen. Besonders die Existenz einiger Menschen in Ländern des sogenannten „Globalen Südens“ ist so gravierend bedroht, dass sie keine andere Perspektive mehr sehen, als zu fliehen. Schätzungen der Weltbank zufolge könnte es bis zum Jahr 2050 über 143 Millionen sogenannter Klimaflüchtlinge geben. In der Wanderausstellung berichten 14 lebensgroße Figuren in Audiobeiträgen über ihre Schicksale, Sorgen und Hoffnungen. Alle Geschichten stehen dabei für 14 reale Menschen aus allen Teilen der Erde – so werden den BesucherInnen Hintergrundinformationen zu umweltbedingter Migration, den Auswirkungen des Klimawandels in verschiedenen Teilen der Erde sowie zu der Größe des ökologischen Fußabdrucks in den einzelnen Ländern vermittelt.

Die Ausstellung wird am 23. um 17 Uhr mit einem Workshop über Klimawandel, Klimagerechtigkeit und Flucht am Beispiel des Sudans eröffnet. Nach einem Grußwort der Seebrücke und der Stadt Konstanz wird Hala Elamin, Referentin für globales Lernen im Entwicklungspädagogischen Informationszentrum Reutlingen (EPiZ) und Interkulturelle Promotorin, einen bildungspolitischen Wworkshop zum Thema Klimawandel, Klimagerechtigkeit und Flucht am Beispiel ihres Heimatlandes Sudan halten. Hassan Elmalik und Ali Guma begleiten den Workshop musikalisch mit thematisch passenden Klängen und Melodien.

Die Ausstellung ist vom 23. Oktober bis einschließlich 12. November 2022 im Bürgersaal Konstanz zu sehen.

Filmvorführung „Danke für den Regen“

Nachdem der kenianische Bauer Kisilu Musya von der Filmemacherin Julia Dahr eine Kamera erhalten hat, dokumentiert er die verheerenden Folgen des Klimawandels. Über fünf Jahre führt er ein Videotagebuch über die Auswirkungen der häufiger werdenden Extremwetterereignisse, die ihn und seine Familie existenziell bedrohen. Er ist zutiefst davon überzeugt, dass eine lokale Anpassung an den Klimawandel notwendig ist und versucht unermüdlich, sein lokales Umfeld von seinen Ideen zu begeistern. Mit Unterstützung der Filmemacherin und einer norwegischen NGO reist Kisilu Musya als Vertreter der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen einer vom Klimawandel besonders stark betroffenen Region zur UN-Klimakonferenz nach Paris. Der Dokumentarfilm erzählt von den Erlebnissen und Herausforderungen eines ehrgeizigen Klimaaktivisten aus Kenia, der sich auch den großen politischen EntscheidungsträgerInnen der Welt entgegenstellt und Bewusstsein für und Handlungen gegen die Folgen des Klimawandels einfordert.

So., 30. Oktober 2022, 10:00 bis 11:30 Uhr, Bürgersaal Konstanz

„Klimaflüchtlinge“ auf dem Weg nach Europa: Schutzoptionen, Grenzen und Alternativen

Mit Prof. Dr. Daniel Thym. Im öffentlichen Diskurs wird meist pauschal von „Klimaflüchtlingen“ gesprochen. Der Begriff legt nahe, dass eine klimabedingte Migration ähnlich ablaufe wie Fluchtbewegungen und das Asylrecht eine adäquate Antwort biete. Es spricht jedoch viel dafür, dass diese verbreitete Diskussion nur einen Ausschnitt des tatsächlichen Problems erfasst. Der Klimawandel verstärkt die Migration, wirkt jedoch häufig indirekt und langfristig. Die Instrumente des Flüchtlingsrechts passen daher nur in Sonderfällen auf diese spezifische Situation. Stattdessen sollte die Debatte alternative Reaktionsmöglichkeiten auf die klimabedingte Migration ins Zentrum rücken, mit Blick auf die Überschneidung von (freiwilliger) Wirtschaftsmigration und (erzwungener) Fluchtmigration.

Daniel Thym ist Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Universität Konstanz und Direktor des Forschungszentrums „Ausländer- & Asylrecht (FZAA)“. Er ist Sprecher des Standorts Konstanz des bundesweiten „Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ)“ und stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration.

Do., 3. November 2022, 18:45 bis 20:15 Uhr, Universität Konstanz (A 703 und hybrid)

Auswirkungen der Klimakrise auf unsere Gesundheit

Die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit werden sich in Zukunft verstärken. Unter einem „Business as usual“-Szenario wird die Durchschnittstemperatur in Deutschland laut Prognosen um 1,0 bis 1,3 °C bis 2050 und um 3,7 °C bis 2100 ansteigen, verglichen mit dem Zeitraum von 1971 bis 2000. Die gesundheitlichen Folgen sind immens. Nicht nur die direkten Folgen von Hitze sind problematisch, sondern auch die Zunahme von Infektionskrankheiten, vermehrte Wasser- und Nahrungsmittelunsicherheit sowie häufigere Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen. Auch die psychische Gesundheit wird von veränderten Temperaturen beeinflusst. Im Vortrag beleuchtet Carolina Wolf auch, welche Änderungen des Lebensstils Beiträge zum Klimaschutz leisten und gleichzeitig die persönliche Gesundheit verbessern können.

Referieren werden Dr. med. Alexander Ott, Facharzt für Anästhesiologie, Silke Schneider, Sprachtherapeutin und Dr. med. Caroline Wolf, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Die ReferentInnen sind in Gesundheitsberufen tätig und engagieren sich im Rahmen der „Allianz Klimawandel und Gesundheit“ in der lokalen Gruppe „Health for Future Bodensee“.

Mo., 21. November 2022, 19:30 bis 21:00 Uhr, Astoria-Saal (vhs Konstanz)

Klimawandel, Migration und Konflikt

Ein Vortrag von Prof. Dr. Gabriele Spilker. Auch wenn die Folgen des Klimawandels in Deutschland und anderen Ländern des Globalen Nordens in den letzten Jahren mehr und mehr zu spüren waren, sind viele Länder im Globalen Süden noch deutlich stärker von den Folgeerscheinungen des Klimawandels – wie Dürren, tropischen Stürmen oder dem Anstieg des Meeresspiegels – betroffen. Eine soziale Konsequenz dieser Umweltveränderungen ist, dass viele Menschen ihre Herkunftsorte verlassen müssen und häufig in den nächstgelegenen Städten einen neuen Wohnort suchen. In diesem Vortrag geht Prof. Spilker der Frage nach, welche Folgen diese Form der internen Migration haben: Wie werden KlimamigrantInnen von den Menschen, die schon in den neuen Heimatorten leben, wahr- und aufgenommen? Kann es durch diese Form der Migration zu Protesten oder gar Konflikten kommen und was bedeutet das für die Menschen vor Ort?

Gabriele Spilker ist Professorin für „Internationale Politik – Globale Ungleichheit“ am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz. Sie ist Mitglied des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ und Leiterin des Clusterprojekts „Climate Inequalities in the Global South: from Perceptions to Protest“.

Do., 1. Dezember 2022, 18:45 bis 20:15 Uhr, Universität Konstanz (A 703 und hybrid)

Klimawandel und Migration in der Literatur

Veranstaltung mit Prof. Dr. Timo Müller. Schon im antiken Epos gehörten Flucht und Migration zu den bestimmenden Themen der Literatur. Dass Migration von Veränderungen des Klimas ausgelöst werden kann, scheint in der Literatur ebenfalls frühzeitig auf. In diesem Sinne ist die Klimawandel-Literatur – international oft als „climate fiction“ oder „cli fi“ bezeichnet – älter als die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Klimawandel selbst. Der Vortrag stellt sowohl kanonische als auch neuere Werke vor, die sich mit dem Zusammenhang von Klimawandel und Migration befassen. Er fragt nach den Ästhetiken und Erzählformen, die diese Werke herausbilden, und geht auf die Rolle von Gattungen wie Lyrik und Science Fiction ein.

Timo Müller ist Professor für „American Studies“ an der Universität Konstanz. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der environmental humanities. Im Jahr 2022 erhielt er einen ERC Consolidator Grant für das mehrjährige Forschungsprojekt zum Thema „Off the Road: The Environmental Aesthetics of Early Automobility“.

Do., 15. Dezember 2022, 18:45 bis 20:15 Uhr, Universität Konstanz (A 703 und hybrid)

Nach einer Anmeldung per E-Mail an sq@uni-konstanz.de werden die Zoom-Links für die hybrid-Veranstaltungen zugeschickt. Weitere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen hier.

MM/ans; Bild von Gerd Altmann auf Pixabay.