Bodenseeforum: Rechnung kommt stets am Schluss

Bereits im Vorfeld der Eröffnung des Bodenseeforums überschlug sich vor allem die hiesige Tageszeitung mit täglichen Lobeshymnen. Man konnte fast vermuten, der Liste der Weltwunder würde ein weiteres hinzugefügt. Dann kam der Festakt mit honorigen Gästen. Hauptredner: Günther Oettinger, ausgelagerter Ministerpräsident und mittlerweile anerkannter Asien-Experte. Jubel allerorten also? Unser Gastautor mag die Begeisterung partout nicht teilen.

Unter den rund 700 Gästen beim Festakt sollen tatsächlich auch Konstanzer Bürgerinnen und Bürger gewesen sein, man habe sogar Jugendliche gesehen. Und wenn man dann die überschwänglichen Südkurier-Berichte liest wie „Signal für Gesellschaft und Wirtschaft“ oder „Seien wir stolz“, dann muss ich mich schon fragen, auf welche Gesellschaft und auf was wir denn derart stolz sein sollen.

Einst Begegnungsstätte …

Nur zur Erinnerung: Ausgangspunkt des Projektes „Veranstaltungshaus“, später Bodenseeforum „getauft“, war, dass es sich bei diesem Projekt um ein Haus für alle KonstanzerInnen handeln solle, also eine Stätte der Begegnung, der Tagungen, Seminare, der Kultur und des Sports. So wurde das auch immer wieder kommuniziert. Wenn ich aber jetzt lese und höre, wer da alles eingeladen wurde und wer da alles salbungsvolle Reden hielt, dann muss sich der Konstanzer und die Konstanzerin belogen fühlen.

… jetzt Industriellen-Treff

Schaut man sich nämlich die Gästeliste und die Rednerliste etwas genauer an, dann bestätigen diese meinen Vorwurf. Mit Ausnahme von Oberbürgermeister Uli Burchardt sprachen ausschließlich Vertreter der Industrie und des Handels. Es handelte sich somit um eine Veranstaltung der IHK und um nichts anderes.Was hat denn ein nach Brüssel abgeschobener ehemaliger baden-württembergischer Ministerpräsident im Zusammenhang mit dem Bodenseeforum außer Floskeln den Konstanzer BürgerInnen schon sagen sollen? Da ja nur wenige da waren, hält sich der „Schaden“ allerdings in Grenzen.

Noch ein Groschengrab?

Noch bedenklicher für mich ist aber ein Blick auf jene, die nicht eingeladen waren. So fehlten dann unter anderem auch die Vertreter derer, für die man, so hieß es ja vorher, dieses Haus gebaut bzw. umgebaut hat. Dabei denke ich z.B. an die Vertreter der Vereine aus Kultur und Sport, aber auch an jene aus dem karitativen Bereich. Darüber war im Südkurier überhaupt nichts zu lesen. Von einer sich immer noch unabhängig nennenden Zeitung muss das das Konstanzer Bürgertum erwarten können.

Die Konstanzer Lokalredaktion gefiel sich in Jubelarien, wo besser auch kritischer Journalismus angebracht gewesen wäre. Lokalchef Jörg-Peter Rau, der ja gerne die Gemeinderäte belehrt, den Wählern (und damit auch den eigenen Lesern) einst im Zusammenhang mit der Abstimmung über das Kongress- und Konzerthaus am Klein-Venedig mangelnden Weitblick attestierte, und sein Team verkamen hier zur reinen Applaus-Truppe.

Raus ehemaliger Südkurier-Kollege Michael Lünstroth hingegen stellt auf Thurgaukultur.ch die richtigen Fragen: „Wird der Ort all den Erwartungen gerecht? (…) Wird sich der Betrieb irgendwann selber tragen?“ Er weist zurecht darauf hin, dass auch in Zukunft in Konstanz jeder Euro nur einmal ausgegeben werden könne. Hinzufügen möchte ich, dass der Konstanzer Steuerzahler mit dem Katamaran schon mindestens ein Groschengrab am Bein hat, das ihm einst, auch von der Südkurier-Lokalredaktion, als attraktiv und bald selbst tragend verkauft wurde, beim Wähler bei einer ersten Abstimmung aber durchfiel. Die Frage bleibt also auch beim Bodenseeforum: Wer wird am Ende die Zeche bezahlen?

Manfred Sobisch