Der Meisterrealo in Stuttgart und seine Irrtümer

seemoz-kretschmann„Einen Verfassungsbruch im Range eines Gesetzes“ nennt Ernst Köhler die jüngsten Änderungen im Asylrecht und kritisiert Winfried Kretschmann. Der Meisterrealo in Stuttgart bewege sich auf der „abschüssigen Bahn der Desinformation und Demagogie“ meint unser Gastautor, Historiker aus Konstanz, und gibt dem grünen Ministerpräsidenten Nachhilfe in Sachen Demokratie:  

Warum Winfried Kretschmann falsch entschieden hat, lässt sich in vier Punkten zusammenfassen:

1. Das neue Gesetz, das die Westbalkan-Staaten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt, beschränkt sich auf das (Anfang der 90er bereits eingeengte) Asylrecht, das nur bei staatlicher politischer Verfolgung im engeren Sinne greift. Die Genfer Flüchtlingskonvention und zusätzliche humanitäre Handlungsmöglichkeiten, wie sie Deutschland jetzt den Flüchtlingen aus Syrien gegenüber umsetzt, bleiben unbeachtet und ausgeklammert.

2. Die von der Verfassung obligatorisch vorgeschriebene Einzelfallprüfung wird durch summarische Abschiebung ersetzt – wie sie administrativ längst Usus ist, aber jetzt zusätzlich den Anschein der Rechtmäßigkeit gewinnt. Wir haben jetzt einen Verfassungsbruch im Range eines Gesetzes. Das Grundgesetz wird zur flüchtlingspolitischen Manipulationsmasse, das aus Gummiparagrafen besteht. Alles das richtet sich vor allem gegen die Roma aus dem Balkan – die Schwächsten der Flüchtlinge aus dieser Region. Sie sehen sich in ihren Heimatländern in eine exsistenzvernichtende Verelendung hinein diskriminiert und marginalisiert.

3. Den Sorgen und Beschwerden der überforderten deutschen Kommunen wird in einer Weise Rechnung getragen, die armen Ländern – wie Bulgarien oder Griechenland – entsprechen mag, aber nicht Deutschland. Der deutsche Staat hätte ohne weiteres die Mittel, den Kommunen durch die Übernahme der Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge und durch angemessene Investitionen in den Bau von menschenwürdigen Wohnungen die Aufnahme dieser entwurzelten und gefährdeten Menschen zu ermöglichen.

4. Dass die Politik den Zusammenhalt der deutschen Gesellschaft nicht überstrapazieren dürfe – auch das Argument hat Kretschmann in der Rechtfertigung für seine Entscheidung vorgebracht -, ist so richtig, dass es gar nicht falsch sein kann. Immer das untrügliche Zeichen von Willkür. Wer damit hantiert, begibt sich auf die abschüssige Bahn der Desinformation und Demagogie. Wir sind  demokratische Bürger und kein Mob. Wir sind es – nicht die Regierung Baden-Württembergs, die den sozialen Frieden in unserem Land gewährleisten. Der abwägende Meisterrealo in Stuttgart sollte vielleicht einmal am Tag auf ein Land wie die Türkei schauen.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: Ernst Köhler