Die Verfolgung auf Grund sexueller Orientierung sollte als Fluchtgrund hierzulande anerkannt werden

Nicht erst die katastrophalen Nachrichten aus Tschetschenien zeigen: In vielen Regionen weltweit sind massive Diskriminierung und staatliche Verfolgung von Menschen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung zu beobachten. Diejenigen, die vor diesen Ereignissen in Deutschland Schutz suchen, brauchen unsere Solidarität und Unterstützung. Meint der „CSD zum See Konstanz + Kreuzlingen“ in einer Information an die Medien.

Auch in diesem Jahr wurde am 17. Mai der Internationale Tag gegen Homophobie (IDAHO) begangen. Ziel ist es, auf die Diskriminierung von gleichgeschlechtlich liebenden Menschen aufmerksam zu machen und Akzeptanz einzufordern.

Die Fortschritte im Kampf um Akzeptanz und Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben und bisexuellen Menschen sind in den letzten Jahren zunehmend bedroht. In vielen Teilen Afrikas, des Nahen Ostens, Südasiens und der ehemaligen Sowjetunion werden Gesetze erlassen, die lesbisch-schwule Sichtbarkeit verfolgen oder Menschen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung kriminalisieren. Autoritäre Regierungen oder fundamentalistische religiöse Gruppen setzen gezielt auf die Dämonisierung von Schwulen, Lesben und emanzipativen AktivistInnen, sie schüren Hass und Gewalt, um dann wiederum als Garanten ‚öffentlicher Moral’ daraus politisch Kapital zu schlagen.

Fliehen die Menschen aus diesen Verhältnissen und suchen Asyl, haben auch Geflüchtete meist erhebliche Probleme, in Deutschland ihre Fluchtgründe geltend zu machen. „Im Laufe des Asylverfahrens in Deutschland werden sie häufig abermals Opfer von Diskriminierung und sehen sich gezwungen, auch hier ihre sexuelle Orientierung zu verbergen.“, erklärt Angela Jäger vom Sprechendenrat des Netzwerks LSBTTIQ und weist auf die besonderen Schutzbedarfe solcher Geflüchteten hin. „Hierzu die Möglichkeiten für echte Unterstützungsstrukturen aufzuzeigen und klare Möglichkeiten, diese im Asylverfahren als Selbstverständlichkeit zu integrieren, sind auch zentrale Themen des vom Netzwerk LSBTTIQ und der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg e.V. organisierten Fachtags „Angekommen – in Sicherheit?“ am 2. Juni 2017 in Stuttgart.

Auf der anderen Seite haben populistische Bewegungen in westlichen Gesellschaften „entdeckt“, dass sich mit der Instrumentalisierung von Nation und heteronormativem Familienglück, der Diffamierung davon abweichender Lebensmodelle und dem gezielten Schüren von Ängsten Aufmerksamkeit erzielen lässt. Noch ist Homophobie auch in Europa gesellschaftsfähig. Der Aufruf, die Sichtbarkeit der Vielfalt sexueller Orientierungen und die Aufklärung über Familienkonstellationen jenseits der heterosexuellen Kleinfamilie „auf den Müllhaufen der Geschichte“ zu werfen, ist wieder zu hören. Umso zynischer ist es, dass gleichzeitig Schwule und Lesben gezielt eingesetzt werden, um Ressentiments gegen Muslime zu schüren. Wir lehnen diese Vereinnahmungsversuche strikt ab. Unterstützung brauchen Initiativen, die für interkulturelle Verständigung eintreten und die Vielfalt von sexuellen Orientierungen und Diversität von Geschlecht als Gewinn für alle hier lebende Menschen vermitteln.

MM