Jede Menge „Anfangsverdacht“

„Gewerbsmässig und als Mitglied einer Bande“: So die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen fünf ehemalige Mitarbeiter von Heckler & Koch, Hersteller des umstrittenen Sturmgewehrs G36, wegen illegaler Exporte des G36 in die Drogengebiete Mexikos. Aber der Staatsanwalt ermittelt auch in eine andere Richtung. Und dagegen wehrt sich die Konstanzer Friedens-Initiative mit einer Petition.

Da es angeblich in Deutschland die strengsten und schärfsten Waffenkontrollen der Welt gibt, brauchte es wohl bandenmäßig-krimineller Energie, um diese Exporte durchzuführen. Wirklich? Immerhin genehmigte die Bundesregierung diese Exporte, wie beispielsweise im Enthüllungsbuch Netzwerk des Todes bis ins Detail nachgewiesen, aber auch in Presseberichten belegt.

Gegen die zuständigen Behörden ermittelt die Staatsanwaltschaft jedoch nicht: Es gebe „keinen hinreichenden Anfangsverdacht“. Wirklich? Die bekannte Suchmaschine liefert in 0,41 Sekunden unter „illegale Waffenexporte Mexiko“ 10.200 Anfangsverdachtsfälle.

Anfangsverdacht sieht die Staatsanwaltschaft jedenfalls bei Jürgen Grässlin,  „Deutschlands bekanntestem Rüstungsgegner“ (DIE ZEIT), dem Filmregisseur Daniel Harrich und Danuta Zandberg Harrich. Diese hatten in dem Politthriller „Meister des Todes“ und dem zeitgleich veröffentlichten Dokumentarband Netzwerk des Todes die Heckler & Koch-Machenschaften und die Verflechtungen mit Regierungsbehörden einem Millionen-Publikum nahe gebracht. Für diese „besonderen journalistischen Leistungen“ erhielten sie den Grimme-Preis. Gleich nach der Preisverleihung schrieb ihnen die Staatsanwalt, man ermittle gegen sie wegen „verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen“ (StGB § 353d, Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe).

Anfangsverdacht und Ermittlungen bedeuten ja noch keine Anklage oder Verurteilung, aber die Hochgeschwindigkeit der Justizmühle bei den Rüstungsgegnern erstaunt denn doch. Brauchte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft doch an die sechs Jahre, um nach der Anzeige von Jürgen Grässlin (s. Foto) gegen fünf ehemaligen Heckler & Koch-Mitarbeiter Anklage zu erheben. Ein Schelm, wer die unterschiedlichen Mahlgeschwindigkeiten der Justimühle damit verbindet, dass einer der beschuldigten ehemaligen Heckler & Koch-Mitarbeiter Peter Beyerle heißt und Landgerichtspräsident von Rottweil war (zuständig für Oberndorf und damit für Heckler & Koch).

Einen Anfangsverdacht zum Vorgehen gegen die Rüstungsgegner hat jedenfalls die Konstanzer Friedensinitiative: Sie hat eine Petition gestartet, mit der die Einstellung der Ermittlungen gegen Jürgen Grässlin und Mitstreiter gefordert wird und die schon nach wenigen Tagen 2000 Unterzeichner hat.

Maik Schluroff  (für die FI Konstanz)

Das Medienmagazin Zapp berichtete kompakt (5-Minuten-Video)

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