Keine Segnung für gleichgeschlechtliche Paare

Der Vatikan weigert sich weiterhin, homosexuellen Partnerschaften einen Segen zu erteilen. So eine Erklärung der zuständigen Glaubenskongregation, die auch Papst Franziskus befürwortet. Diese Entscheidung hat weltweit für Empörung gesorgt, die auch unser Kommentator teilt.

Nein, überrascht bin ich nicht. Dass der Vatikan dieser Tage eine deutliche Absage an die Segnung homosexueller Paare erteilt hat, verwundert keinesfalls. Wenngleich noch immer viele Katholiken davon überzeugt sind, dass Papst Franziskus einen liberaleren, menschlicheren und empathischeren Kurs als seine Vorgänger fährt, beweist die aktuelle Entscheidung das Gegenteil: Man hat selten einen wankelmütigeren Pontifex erlebt, der sich um alle heiklen Fragen windet wie ein Aal.

Einerseits rät er Eltern von Kindern, die homosexuelle Neigungen zeigen, einen Besuch beim Facharzt an. Gleichzeitig betont er die Würde von Lesben und Schwulen, die auch die Kirche nicht vergessen dürfe. Konkrete Aussagen gibt es nicht – außer der biblischen Feststellung, dass zumindest gelebte Homosexualität Sünde sei. Diese in der katholischen wie in evangelikalen Kirchen praktizierte Überzeugung muss zur unmittelbaren Konsequenz führen, dass ein Bund zweier Gleichgeschlechtlicher nicht unter dem Segen Gottes stehen kann. Wenngleich auch sie Geschöpfe des Herrn sind, gilt zumindest ihr sexuelles Verhalten als nicht vereinbar mit den Lehren der Heiligen Schrift.

Ein Großteil der protestantischen Kirchen hat hierzu mittlerweile eine andere Position eingenommen, obwohl auch dort teils erbittert gerungen wird. Denn da reiben sich die Verse aus Johannes 4,16f. („Gott ist die Liebe und wer in der Liebe ist, der ist in Gott…“) und 3. Mose 18,22 („Du sollst nicht bei einem Manne liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.“) – und scheinbar lässt sich der Widerspruch auf den ersten Blick auch nicht auflösen. Schließlich erweckt gerade das Evangelium den Eindruck, als sei jede Form der Liebe von Gott gut geheißen. Nein, sogar mehr: Wer liebt, der ist in Gott. Kein Ton von Ausgrenzung schwul-lesbischer Zärtlichkeit und Nähe.

Dagegen macht Levitikus (wird in einigen Bibelübersetzung als Drittes Buch Mose bezeichnet – Anm.d.Red.) deutlich, dass praktizierte Sexualität zwischen zwei Personen desselben Genus nicht vorgesehen waren. Die kritische Exegese weist darauf hin, dass zu Zeiten der Bibelentstehung ein Miteinander von Menschen gleichen Sexus nicht denkbar und vorstellbar war – eine Ablehnung also rein aus der Unbekanntheit heraus entstanden ist. Sicherlich hatte auch die Vorstellung einer bestimmten Form des gleichgeschlechtlichen Sexualaktes Widerstand provoziert.

Ich selbst sehe in der Übersetzung aus dem Hebräischen gewisse Defizite und vermute, dass nicht vom Beischlaf zwischen zwei Männern gesprochen wurde, sondern vom Akt eines Mannes mit einem Jüngling. Diese Interpretation würde allein vom Kontext her Sinn machen – und die dogmatische Lehrmeinung in Frage stellen, ob die Bibel denn tatsächlich eine wertende Aussage über die Homosexualität trifft. Denn man mag sich durchaus vorstellen, dass die Schrift nach einem ganz bestimmten Willen, mit einer religiösen und ideologischen Intention ausgelegt werden soll – zumindest dann, wenn es um Machtansprüche im Kirchenapparat geht.

Der bewahrende Klerus hat auch unter Franziskus die Oberhand, daran gibt es keinen Zweifel. Deshalb sind seine hilflosen Versuche auch erklärbar: Seine Flucht nach vorne wird von radikalen Kräften gebremst, das zeigen die Schwankungen in der Durchsetzungskraft und den Deutungen des Papstes, auf die sich kaum noch jemand verlassen kann.

Wie viele Nachfolger Petri in der Vergangenheit, so schafft es auch Franziskus nicht, sich innerhalb der festgefahrenen Strukturen zu emanzipieren. Ob er tatsächlich homosexuelle Liebe ablehnt, wird man aus seinen Einlassungen wohl auch künftig nicht erfahren. Im Moment scheinen die Zeichen neuerlich auf Restriktion zu stehen. Für schwule und lesbische Katholiken kein guter Zeitpunkt, um auf geistlichen Beistand für die Ehe zu hoffen.

Dennis Riehle (Bild: Pam Simon, Pixabay)