Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren
Der Gemeinderat wird bei seiner Sitzung am Donnerstag über verschiedene Szenarien zur Zukunft des Bodenseeforums beraten: Im Gespräch sind diverse Konzepte zwischen der Idee einer Stadthalle mit dem Fokus auf die Interessen der BürgerInnen der Stadt und einem Kongressbetrieb mit dem Fokus auf auswärtige Gäste, außerdem steht die Forderung nach einer Schließung des hochdefizitären Bodenseeforums im Raum. Ein Kommentar.
Im Vorfeld der Sitzung zeichnet sich ab, dass die Stadtspitze den Rat auf ein privat betriebenes Kongresszentrum einschwören will, wobei dies offenbar auch die von der Stadt eingeschalteten externen Berater befürworten. Das bestehende Bodenseeforum soll um ein Gastronomie-Nebengebäude erweitert und mit einem neuen Hotel im Areal Schänzle-Nord verbunden werden. Diese Idee erscheint vielen im Rat verlockend, da so im Idealfall städtische Zuschüsse stark reduziert werden könnten und trotzdem ein Weiterbetrieb des Bodenseeforums gesichert wäre.
Allerdings sind hier aus meiner Sicht viele Nachteile und hohe Risiken zu beachten: Wir haben in den letzten Jahren lernen müssen, dass ein Kongressbetrieb in Konstanz alles andere als ein Selbstläufer ist und zu einem hohen Defizit führt. Vor diesem Hintergrund müssten einem privaten Betreiber zahlreiche Vorteile in Aussicht gestellt werden, um ihm eine Übernahme schmackhaft zu machen. Hier deutet sich bereits an, dass das avisierte Gastronomie-Gebäude mit Steuergeld gebaut und dann privat betrieben werden könnte.
Auch die Forderung nach einer sehr hohen Hotel-Kapazität könnte kaum zurückgewiesen werden, um dem Betreiber eine Querfinanzierung des Kongressbetriebs zu ermöglichen. Dies steht in eklatantem Widerspruch zum jüngst beschlossenen Tourismus-Konzept, das eine Dämpfung der Tourismusentwicklung anstrebt und neue Hotel-Kapazitäten begrenzt. Hinzu käme neben dem impliziten auch noch ein expliziter Betriebszuschuss an den Betreiber, so dass kaum noch nachvollziehbar wäre, wieviel Steuergeld hier eigentlich fließt.
Ruth Bader, aktuelle Geschäftsführerin des Bodenseeforums, hat in einem Interview mit dem Südkurier am 22. März zu Recht das Folgende festgestellt: „Das Problem ist aber: Für die Bürger ist nicht klar, was sie dafür erhalten, dass ihre Steuermittel ins Bodenseeforum fließen.“ Dies gälte erst recht für ein privat betriebenes Kongresszentrum, das städtische Zuschüsse kassiert. Was haben die Bürger*innen von Konstanz davon, dass es eine schicke Halle am Seerhein für externe Gäste gibt, die zum Beispiel an einem Zahnärzte-Kongress teilnehmen? Die in diesem Zusammenhang stets genannte „Umwegrentabilität“ erweist sich in hohem Maße als spekulativ, jedenfalls ist in den letzten Jahren von „Rentabilität“ im Zusammenhang mit dem Bodenseeforum nicht die Rede gewesen, sondern von Chaos beim Betrieb und einem ständig steigenden Defizit.
Das bedeutet also, dass hier wie so oft die Verluste sozialisiert und die Gewinne privatisiert werden sollen. Dies wird ausgerechnet von Oberbürgermeister Uli Burchardt forciert, der sich auf der städtischen Homepage immer noch zu seiner Mitgliedschaft bei der globalisierungskritischen Vereinigung Attac bekennt. Diese angebliche Mitgliedschaft erweist sich hier nun wirklich als Gipfel der Verlogenheit.
Till Seiler, Stadtrat der FGL (Foto: FGL)
Was hier zum BoFo steht, können ich und viele andere in unserer Stadt unterschreiben!
Bald sind Gemeinderatswahlen. Nach der letzten Abstimmung ist hoffentlich Vielen deutlich geworden, wen sie nicht wählen und wer einen klaren Kopf zum Denken bzw. Nachdenken hat und daher wählbar ist.
Herr Haenel schreibt Richtiges zum Bürgerhaus! Wenn es überhaupt jemanden gibt, der/die profitieren kann, sind es die BürgerInnen! Der Souverän zahlt die Rechnungen, nicht der Herr OB, auch wenn er für den miesen Job, den er macht, zu hoch entlohnt wird.
Die Genehmigung eines weiteren Hotel- und Gastronomie-Gebäudes in der Umgebung des Bodenseeforums, um dieses einem „Privaten“ schmackhaft zu machen, wäre nicht nur ein Verstoß gegen das Tourismuskonzept, sondern eine „dreiste Verarschung“ aller Betroffenen (dieser heftige Ausdruck sei mir als sonst wohlerzogenem Bürger ausnahmsweise gestattet: ich kann es nicht anders ausdrücken!!!). Und das nicht nur der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch der bereits bestehenden Hotel- und Gaststättenbetriebe.
Es gibt (und das ist allen involvierten Verwaltungsbeamten samt Bügermeistern und allen Gemeinderäten bekannt! hoffentlich …) in der näheren Umgebung des Bodenseeforums ausreichend (fußläufig erreichbar zwischen 10 Metern und etwa 800 Metern!) große Hotels, und Gaststättenbetriebe sowieso: Bleiche, Brigantinus, Constanzer Wirtshaus u.a.), deren Genehmigungen, zumindest teilweise auch mit dem Bedarf des Bodenseeforums begründet wurden: Hotel 47 Grad, Harbr, B&B und 2 x Ibis.
Nicht zu vergessen, dass die kleinen regionalen Anbieter und Restaurants wie Petershof, Anglerstuben u.a., schleichend kaputt gemacht werden.
Wie steht es eigentlich mit einem anderen „Privaten“, dem „Tagugnszentrum“ Maxx-e-motion mit Riesenhotel und mehreren Gastronomiebetrieben in 500 Metern Entfernung ???!!!
Wie wäre es, wenn das Bodenseeforum den Bürgerinnen und Bürgern als „Bürgerhaus“ gehören würde?
Die haben es nämlich, mit dem falschen Versprechen, es nutzen zu können, bereits bezahlt!
Rudy Haenel
@Herrn Seiler, danke für diesen Beitrag. Eine wirklich gute Idee hat offensichtlich niemand mit dem Bodensee Forum. Vor nicht allzu langer Zeit wurde der Antrag für ein Hotel in letzter Sekunde abgelehnt, mit der Begründung, dass Konstanz keine weiteren Hotels mehr vertrage. Jetzt in eigener Sache eines zu bauen, nur um ein Haus zu retten, dass nichts einbringt – wer soll das gut finden? Das wäre mit der schwäbischen Hausfrau zu vergleichen, die eine neue Unterhose kauft, um die alte damit zu flicken.
Das Modell mit einem privaten Betreiber kann für die Stadt zum Erfolg führen, indem sie regelmäßige Einnahmen aus der Pacht bezieht. Allerdings ist zu erwarten, dass die Pächter in kurzer Zeit verschuldet aufgeben müssen, während die Stadt noch jahrelang Schulden von ihnen eintreiben könnte, der nächste Pächter sich indessen vergeblich abmüht, bis auch er aufgeben muss – also dasselbe, was wir schon haben, nur dass der Schwarze Peter weiter gegeben wurde, und Privatpersonen in den Ruin getrieben werden. Solche Beispiele gibt es zur Genüge. Wollen die Konstanzer so ein menschenverachtendes Modell? Ich hoffe nicht! Die vielen Vereine, die keinen Platz haben, wären sicher froh um eine weniger schicke Halle, die aber ausgelastet wäre. Schick fände ich auch, wenn jemand hinstehen und zugeben würde, einen Fehler gemacht zu haben. Das Gorch Fock-Syndrom sollte uns zu denken geben: Da wurde beschlossen, mit der Sanierung weiterzumachen, weil schon 70 Millionen verbraten waren. Jetzt sind es 100 Millionen und das Schiff liegt seeuntüchtig auf dem Trockendock.