Adelante Libertad
80 Jahre nach dem Militärputsch Francos gegen die demokratisch gewählte Volksfront-Regierung Spaniens liegt eine Dokumentation vor, die ein bisher unbeachtetes Kapitel des Widerstandes beleuchtet: Brigitte und Gerhard Brändle haben in mühsamer Kleinarbeit in Archiven und Bibliotheken die Spuren von Frauen und Männern aus Baden verfolgt, die 1936 nach Spanien gingen, um der bedrohten Republik zu Hilfe zu eilen.
Das Ergebnis sind 118 Biografien, die manchmal nur dürre Daten enthalten, oft aber den bisher vergessen gemachten Widerstandskämpfern ein Gesicht geben und sie zu Wort kommen lassen. Die Spanienfreiwilligen werden – wenn aufgrund der Forschungslage möglich – in ihrem familiären, beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld dargestellt. Ein besonderes Augenmerk gilt den Spanienfreiwilligen aus jüdischen Familien.
Bisher unbekannt waren auch die erzwungenen Wege der Spanienfreiwilligen nach 1939, die oft über südfranzösische Internierungslager in die Konzentrationslager der Nazis führten, bei einigen aber auch in die Résistance in Frankreich.
Ein einleitendes Kapitel berichtet über die Vorgeschichte des Putsches in Spanien 1936 und die Unterstützung der Francisten durch die Nazi-Söldner der „Legion Condor“ mittels Personal und Kriegsmaterial – auch aus Baden. Die Dokumentation endet nicht 1945, sondern beschreibt die Lebenswege der überlebenden Spanienfreiwilligen, ihre Würdigung in der ehemaligen DDR sowie ihre korrekte Versorgung dort und ihre diskriminierende Behandlung in den Entschädigungs-Verfahren in der Bundesrepublik.
Die Veröffentlichung enthält ein Vorwort des spanischen Botschafters, Pablo García-Berdoy, in dem er über die Spanienfreiwilligen aus Baden schreibt: „Sich an sie zu erinnern, ihre Namen und Lebensläufe in das Bewusstsein der nachfolgenden Generationen zu setzen, ist ein Zeichen der Anerkennung und der Gerechtigkeit. Es stellt gleichzeitig aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit einem tristen Kapitel unserer gemeinsamen europäischen Geschichte dar. Sie zu kennen ist wichtig und unerlässlich, denn sie ist die Grundlage, um aus Fehlern zu lernen und um Fehler zu vermeiden.“
Die Dokumentation ist erhältlich beim DGB Nordbaden, Ettlingerstr. 3 a, 76137 Karlsruhe (Tel.: 0721 931210). Es gibt sie auch als PDF unter https://nordbaden.dgb.de/++co++1c3f1938-944f-11e6-8a97-525400e5a74a.
MM
Unbestritten der Mut und Idealismus derer, die damals der bedrängten Republik in Spanien zu Hilfe kommen wollten.
Die Realität vor Ort unterschied sich dann allerdings oft von der hehren Vorstellung des Kampfs der eindeutig Guten gegen die Bösen.
Die Interbrigadisten unterlagen der akribischen Kontrolle durch Stalins NKDW:
„So war man in der Kaderabteilung der Brigaden bestens darüber informiert, ob ein Freiwilliger in Deutschland oder der Emigration der Gruppe der „Versöhnler“, „Brandlerianer“ oder sonstigen oppositionellen Parteikreisen angehört hatte……Dabei griff man auf interne „schwarze Listen“ der KPD zurück, die beim ZK in Paris angefordert wurden….Gebrandmarkt wurden all diejenigen Personen, die in Spanien mit der kleinen linkssozialistischen Partido Obrero de Unificación Marxista (POUM) sympathisierten, Kontakt zu dessen Umfeld hatten oder selbst einmal als Milizionäre in den Formationen der POUM waren. Oft handelte es sich dabei um deutsche Emigranten, die sich in Barcelona, der Hochburg des spanischen Anarchosyndikalismus und Linkssozialismus konzentrierten.“
Manch einer, der anarchistischen Gedankenguts verdächtig war, wanderte alsbald ins („Volks-“)Gefängnis: „In den Charakteristiken der deutschen Freiwilligen werden rund zweihundert Verhaftungen von Interbrigadisten mit anschließender Gefängnishaft von unterschiedlich langer Dauer festgehalten.“
In der letzten Phase des spanischen Bürgerkriegs war es dann eben nicht Franco, sondern mit der Ermordung abertausender Linker und/oder Anarchisten genau dieser Geist der Inquisition des totalitären Kommunismus, der der libertären Revolution von 1936 den Garaus machte.
Nach dieser Tragödie war diese kommunistische „Option“ dermassen desavouiert, dass beim Versuch der kommunistischen Guerilla, 1944 über die Pyreneen im Valle d`Aran wieder Fuss zu fassen in Spanien, sich niemand der kurzzeitig „befreiten“ Bevölkerung dem Unternehmen anschloss. Welches daraufhin endete als Fussnote in der Geschichte eines Spanien, das danach noch über 30 Jahre lang von Franco beherrscht werden sollte.
Quellen:
https://www.anarchismus.at/texte-zur-spanischen-revolution-1936/spanienkaempfer-innen/754-die-internationalen-brigaden-im-spiegel-neuer-dokumente
http://www.deutschlandfunk.de/heleno-sana-die-libertaere-revolution-die-anarchisten-im.730.de.html?dram:article_id=101668
http://elpais.com/diario/2010/08/15/eps/1281853616_850215.html