Beispiel Ukraine: Wie Kriege entstehen
Nicht nur in Konstanz sind gute Theaterproduktionen zu bewundern, auch in Singen, Radolfzell und auf anderen Bühnen im Landkreis werden immer wieder spannende Vorführungen angeboten. So werfen wir einen Blick Richtung Überlingen, denn dort wird am 23.11. das Theaterstück „Das Bild vom Feind“ der renommierten Berliner Compagnie aufgeführt. Diese europaweit bekannte Theatergruppe versucht sich an einer Antwort am Beispiel der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine.
Das Stück spielt in einer Zeitungsredaktion. Das linke Blatt ist von einem Milliardär aufgekauft worden und der neue Chefredakteur soll es auf einen anderen Kurs bringen. Seine erste Aufgabe besteht darin, zum Thema Ukraine eine Sonderbeilage herzustellen. Zu seiner Unterstützung hat er als Voluntärin eine ukrainische Maidan-Aktivistin mitgebracht. Wird seine Rechnung aufgehen?
Das Theaterstück reflektiert die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Ereignisse in der Ukraine. Darunter den Aufstand des Euromaidan gegen den damaligen Präsidenten Janukowitsch, die Annexion der Krim durch Russland, den Bürgerkrieg im Donbass – Vorgänge zu jener Zeit, die nicht nur von den Ukrainern, sondern auch hierzulande sehr unterschiedlich beurteilt wurden. Und: Das Stück beleuchtet dazu auch kritisch die Berichterstattung in unseren Medien.
Beide Seiten sind eine Betrachtung und Hinterfragung wert. Der Wunsch der Ukrainer nach Selbstbestimmung und einem besseren Leben, die Angst vieler Menschen im Donbass vor ukrainisch-nationalistischen Kräften im heutigen Kiew, die geschichtlichen Erfahrungen mit Nazi-Deutschland und dem Stalinismus, heutige geopolitische Absichten von Seiten der USA, der EU und von Russland, sowie die russischen Ängste angesichts der NATO-Ost-Erweiterung – all das muss ernst genommen werden. Ein brisanter Theaterabend also, auf den man gespannt sein darf.
MM/hr (Foto: Berliner Compagnie)
Wann? Samstag, 23.11.2019, 20 Uhr. Wo? Kursaal Überlingen. Eintritt: Abendkasse 12 Euro, Schüler und Studenten frei.
Mittlerweile sind 30 Theaterproduktionen zur Entwicklungs, Friedens- und Menschenrechtsproblematik entstanden und auf Einladung von Nichtregierungsorganisationen – von Kirchengemeinden, Gewerkschaften, Theatern, Schulen und Bürgerinitiativen in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich, Italien, Belgien, Luxemburg, Tschechien, Polen, in der Schweiz und den Niederlanden – auf über 2000 Gastspielen gezeigt worden.
Seit 1991 wurden fast alle Stücke von der Regisseurin Elke Schuster inszeniert. Sie ist auch, zusammen mit der Autorin Helma Fries, künstlerische Leiterin der BC. Die BC wurde fünfzehnmal Mal vom EED gefördert, zwölf Mal vom Berliner Senat, zwei Mal vom Fonds Darstellende Künste sowie vom Katholischen Fonds, dem GTS Stifterfonds Samenkorn-Gerechtigkeit, der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der GLS-Treuhand, der Aktion Selbstbesteuerung (asb), der Aktion Hofffnung der Anawati-Stiftung, der BGAG-Stiftung Walter Hesselbach und über einen Förderverein von vielen privaten Spendern.
2004 hat die BC eine vierbändige Ausgabe mit zwölf Stücken herausgebracht. 2017 folgten drei Bände mit weiteren neun Stücken. Im September 2009 erhielt die Theatergruppe den Nationalen Aachener Friedenspreis.
@ Peter Stribl
Danke, für Ihren auch hier wieder aufklärenden Kommentar.
Es ist wirklich mühsam: an den mainstream hat frau/man sich leider gewöhnen müssen, die haben diesen Beißreflex besonders gegenüber Russland!
Sprache ist ein mächtiges Werkzeug und dementsprechend mit Sorgfalt zu bedienen. Recherche ist immer gut, da gibt es mitunter viel Licht in „Ecken“, die sonst interessengeleitet verdunkelt werden.
Da ist sie wieder, „die »Annexion« der Krim durch Russland“. Daß die »Annexion« vergifteter Sprachgebrauch der Medien von ARD über Burda, Bertelsmann und Springer bis zum ZDF ist – geschenkt. Daran hat mensch sich gewöhnt; bei Ausbleiben solch tendenziöser Phrasen würden Entzugserscheinungen entstehen. Was verwundert, ist der Gebrauch dieses Begriffs in alternativen Medien.
Zur Erinnerung: Die Krim war ein Geschenk Chruschtschows an die Ukraine zu Zeiten der UdSSR. Die Krim-Bevölkerung hat aber bereits zu dieser Zeit Bestrebungen entwickelt, wieder an Russland angegliedert zu werden. Diese Absichten wurden durch den Zerfall der UdSSR verstärkt. Nach den Ereignissen auf dem Maidan wurde ein Referendum durchgeführt mit dem Ziel des Anschlusses an die Russische Föderation. Das Ergebnis war eine Mehrheit für den Beitritt zur RF. Die Anerkennung oder Ablehnung dieses Votums sei den Lesern überlassen nach Durchsicht der verfügbaren Informationen. Erstaunlich aber ist die Interpretation des Völkerrechts in dem Fall, geht es doch über den Willen des betroffenen Volkes hinweg.
Ebenfalls zurzeit der Maidan-Ereignisse bestand ein rechtlich gültiger Pachtvertrag über einen Stützpunkt der russischen Streitkräfte in Sewastopol. Nach Lesart von Zbigniew Brzeziński hätten sich diese Soldaten wohl dem Bataillon Asow ergeben müssen. In Ermangelung derartiger Naivität blockierten die Soldaten die Kasernen des ukrainischen Militärs auf der Krim, um das Referendum störungsfrei zu ermöglichen.
Soviel zur »Annexion«. Verhehlen will ich nicht, daß ich den Euro-Maidan und das Ergebnis als widerrechtlichen Putsch betrachte, Resultat einer aggressiven €U-Politik. Es ist eine Ironie des Schicksals, daß Victoria Nuland ihren Kommentar „Fuck the EU“ einbrachte.
Den Lesern viel Erfolg bei erleuchtender Recherche. Hoffentlich trägt die Aufführung des Stücks allen wichtigen Hintergründen Rechnung.