Black Lives Matter – das Theater solidarisiert sich

Teilt die Konstanzer Bühne in einer Medien­meldung mit. Der von Polizisten getötete George Floyd sei keine Ausnahme gewesen, heißt es darin, er stehe „symbolisch für unzählige Schwarze Menschen und People of Color“. Auch in Deutschland erlebten BPoCs regelmäßig Gewalt, ob physisch, institutionell oder psychisch. „Rassistische Gewalt ist auch ein deutsches Problem, sie verletzt, entmün­digt und tötet. So geht es nicht weiter!“ Zu Wort kommen zwei afrikanische Schauspielerinnen.

Die Mitteilung im Wortlaut.

Am Theater Konstanz sind wir im Gespräch mit Schauspielgästen aus verschiedenen afrikanischen Ländern und nehmen an öffentlichen Protesten teil. Wir möchten und müssen ihnen zuhören und ihnen gerade in diesen Zeiten Stimme geben.

O’tooli Masanza

Wir leben leider in einer Zeit, in der es selbst nach der Sklaverei leichter ist, sich eines Menschen zu entledigen, als ein Vorurteil abzubauen. In Europa wurde mir wirklich klar, was es bedeutet Schwarz zu sein. Ich wusste das selbstverständlich die ganze Zeit, aber ich habe nie ständig über meine Hautfarbe nachgedacht oder darüber, wie meine Leute als minderwertig angesehen werden und wie weiße Menschen mich aufgrund meiner Hautfarbe wahrnahmen.

In Europa lerne ich, dass die meisten Leute lieber im Bus aufstehen, als neben mir zu sitzen, ich lerne, dass die Leute beim Telefongespräch vor einer Bewerbung immer nett sind, mir aber keinen Job anbieten, wenn sie mich kennenlernen und sehen, dass ich Schwarz bin. Da ich in Europa lebe, habe ich erkannt, dass Racial Profiling hier ein großes Thema ist und dass People of Color regelmäßig davon betroffen sind.

Es ist wichtig daran zu arbeiten, das Narrativ über Schwarze Menschen zu verändern. Meiner Meinung nach ist Black Lives Matter das Ergebnis von Problemen, die People of Color in der westlichen Gesellschaft betreffen: Ständige Morde und Polizeigewalt und die anhaltende Praxis des Racial Profiling, Hohn und immer als minderwertig angesehen zu werden. Ich habe in letzter Zeit grundsätzlich den Eindruck, dass die gesellschaftlich am meisten missachteten, ungeschützten und vernachlässigten Personen Schwarze Menschen sind. Black Lives Matter spricht unzählige Probleme der Schwarzen Bevölkerung an; Themen, die von der Mehrheitsgesellschaft aber als normal angesehen werden wie die Behandlung von Schwarzen Kindern in der Schule (wo sie eine Minderheit darstellen) und die Wahrnehmung von Schwarzen Frauen in einem Arbeitsumfeld, in dem sie die einzige Schwarze Frau ist. Aber auch wie Schwarze Menschen in Geschäften und Supermärkten allein aufgrund ihrer Hautfarbe immer zum Ziel der Überwachung werden, und viele andere Beispiele, die zu zahlreich sind, um sie alle zu nennen.

Solange weiße Menschen sich nicht wirklich über Rassismus informieren und ihre Position reflektieren, wird sich nichts ändern. Nur durch die aktive Auseinandersetzung mit Privilegien lassen sich Vorurteilen abbauen. Ich befürchte, dass auch in Europa mehr Schwarzen etwas zustoßen könnte und die Welt es nicht erfahren wird, weil die Öffentlichkeit nicht wie in den USA jede Aktion auf Video aufzeichnen.

Ich bin sehr stolz darauf, Teil einer Generation zu sein, die sich intellektuell gegen rassistische Ungerechtigkeit wehren kann, einer Generation, die das Gefühl hat, es ist an der Zeit das gesellschaftliche Narrativ zu ändern. Eine Generation, die bereit ist, sich zu vereinen und zusammenzustehen, um der Welt im Geiste der Gleichberechtigung zu sagen, dass das Leben der Schwarzen wirklich eine Rolle spielt.

„Es ist nicht die Gewalt der Wenigen, die mir Angst macht, es ist das Schweigen der Vielen. – Martin Luther King

Dipolathu Joan Katimba

Als Schwarze Frau treffen mich die aktuellen Geschehnisse sehr. Ich habe momentan viele gemischte Gefühle, mein Herz ist jedes Mal mit Traurigkeit erfüllt, wenn ein Mitmensch wegen seiner Hautfarbe diskriminiert wird. Es ist entwürdigend und erniedrigend, nicht vollkommen sein zu können, weil weiße Menschen meine eigene Hautfarbe zum Fluch erklären. Auf der anderen Seite bin ich voller Hoffnung: Hoffnung, dass Menschen, die nicht so aussehen wie ich, aufstehen und sich zur Schwarzen Community bekennen! Wir brauchen Politiker*innen, die sich in die Menschen hineinversetzen und die keine rassistische Diskriminierung betreiben!

Wir alle haben dieselbe Blutfarbe, ROT.

Rassismus und mangelnde Gleichberechtigung reicht in der westlichen Welt weit in die Zeit zurück, als es noch keine politischen Gesetze gab, die alle Menschen schützen und ihnen gleiche Chancen geben sollten. Trotz der heute geltenden Gesetze ist die Geschichte dieser Ungleichbehandlung in vielerlei Hinsicht eine gegenwärtige Realität geblieben. Ich bin der Meinung, dass sich jeder Mensch Zeit nehmen muss, um auf sein Herz zu hören und sich Fragen zu stellen über Menschen, die ihm nicht ähnlich sehen. Rassismus ist real, und er dauert an.

Die westliche Welt braucht Führungskräfte, die Diversität als Potential verstehen. Die westliche Welt muss die Fehler der Vergangenheit anerkennen und sich auf Veränderungen zubewegen. Die westliche Welt muss verstehen, dass kein Mensch einem anderen wegen seiner Hautfarbe überlegen ist. Die westliche Welt muss verstehen, dass wir gemeinsam aufbauen und voneinander lernen können. Wir haben eine Verantwortung für die künftigen Generationen. Schreiben wir die immer gleiche Geschichte für unsere Kinder fort oder schaffen wir eine Geschichte der Chancengleichheit? Ich flehe Sie an, zuzuhören und zu handeln.

MM/red (Fotos: Theater Konstanz)