Bravo, Ramsès

seemoz-El_CimarronDa steht ein Mann eine Stunde allein auf einer Bühne. Mit nicht mehr als einer Machete, mit einem zerbeulten Sombrero und zerlumpten Kleidern. Manchmal ein paar Klänge im Hintergrund, Äste und Stümpfe als einzige Dekoration und kryptische Projektionen auf dem Vorhang: Das ist Ramsès Alfa als „El Cimarrón“ auf der Werkstatt-Bühne des Konstanzer Theaters. Ein Erlebnis

Cimarron bezeichnet im südamerikanischen Spanisch das entlaufene Tier, im Cubanischen „entflohener Sklave“ und im US-Amerikanischen den „Außenseiter“. Von alledem bringt der Mann aus Togo etwas auf die Bühne: Da stimmen Tempo, Artikulation und Lautstärke, da wirkt nichts aufgesetzt in Alfas Sprache, was auch mit dem Text zu tun hat, der schnörkellos aus dem cubanischen Roman in die deutsche Theatersprache übersetzt wurde.

Und da kommt Wolfram Mehring ins Spiel. Der betagte Autor und Regisseur nimmt sich zurück – in der Sprache wie der Inszenierung. Auch das Bühnenbild von Dorothee Neuling, das seltsam spärlich daherkommt, lässt dem Schauspieler viel Platz. Und schenkt damit Ramsès Alfa jene Präsenz im Bühnenraum, durch die diese Theaterstunde zum Erlebnis wird. Wie der Schauspieler mit Rhythmen der Musik wie der Sprache spielt (trommeln Sie sich mal melodisch auf den Bauch – Body-Percussion nennt man das – und rezitieren parallel Ihren Text). Oder wie er schon in der Schrittfolge seine Emotionen ausspielt, das macht die Darstellung überzeugend, lebensnah, nachvollziehbar. Und erlaubt manchen Zuschauern zum Beispiel die Assoziation zu den Lohnsklaven in Bangladesh heutzutage.

So sind Stück und Spiel mehr als die historische Erzählung vom entlaufenen Negersklaven, mehr als nur die Reflexion eines Einsiedlers, mehr als eine Parabel auf die Versklavung unserer Gesellschaft durch Erziehung, Arbeitsnormen und Gesellschaftsregeln, sogar mehr als das schon anarchistische Loblied auf zügellose, individuelle Freiheit – alles das liefert „El Cimarrón“ auch, aber darüber hinaus dank des Darstellers ein imposantes Theater-Erlebnis. Bravo, Ramsès Alfa.

Das Publikum in der ausverkauften Theater-Werkstatt dankte mit tosendem Applaus und sechs Vorhängen.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Weitere Vorstellungen: 27.1./30.1./4.2./7.2./11.2./14.2./18.2./20.2./ 25.2./26.2. –  jeweils 20 Uhr in der Werkstatt des Konstanzer Stadttheaters

Autor: hpk, Fotograf: Ilja Mess

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