Das Tägermoos – Ein deutsches Stück Schweiz

Eine Sonderausstellung im Konstanzer Rosgartenmuseum widmet sich ab Juli dem Tägermoos und seiner wundersamen Geschichte: Seit Jahrhunderten bestimmt die deutsche Stadt Konstanz über dieses kleine Stück Schweiz mit – ein 150 Hektar großes Grünland mit Gemüsefeldern, Gewächs­häusern, einem Badeplatz am Rhein und Kleingärten jenseits der Landesgrenze. Konstanzer Gemüsegärtner bestellen Felder in der Schweiz, fahren ohne Ausweis über die Grenze und zahlen deutsche Steuern.

Grundlage dieses staatsrechtlichen Kuriosums ist bis heute ein Staatsvertrag aus dem Jahr 1831. Die Ursprünge dieser einmaligen Grenzverhältnisse liegen jedoch weit zurück. Vor etwas mehr als 500 Jahren verlor die freie Reichs- und Bischofsstadt Konstanz ihr natürliches Hinterland: Die kriegerischen Eidgenossen hatten den Thurgau besetzt und nach dem so genannten „Schwaben- oder Schweizerkrieg“ ihrem Herrschaftsgebiet endgültig einverleibt. Damit rückten die Grenzen der Eidgenossenschaft bis an die äußeren Stadtmauern von Konstanz heran.

Die Stadt behielt jedoch ihr Eigentum und die einfachen Hoheitsrechte über ihr verloren gegangenes Hinterland. Das Tägermoos wurde „Untertan zweier Herren“ und damit eine Quelle jahrhundertlanger Konflikte. In zwei Weltkriegen entfremdeten sich die Nachbarn, das Tägermoos drohte Konstanz 1945 gar verloren zu gehen.

Weithin berühmt wurde das äußerst fruchtbare Schwemmland durch den Gemüsebau der Bauern aus dem Konstanzer Stadtteil Paradies: Kohlköpfe, Zwiebeln und anderes Gemüse wurden schon im 18. Jahrhundert auf die Märkte der Nord- und Ostschweiz verschickt. Geräucherte Felchen und Blässhühner aus dem Seerhein galten als Spezialität auf deutschen und Schweizer Bürgertischen. Bis heute sind die teils in Bio-Qualität angebauten Gemüse-Erzeugnisse sehr gefragt, nicht zuletzt als Bestandteil der berühmten „Biotta“-Säfte, die am Rande des Tägermoos produziert werden.

Die Ausstellung stellt dieses wundersame deutsche Stück deutsch-schweizerischer Nachbarschaft vor: Auf Bildern früherer Künstler, auf einmaligen Fotodokumenten aus der Zeit um 1900 und in eindrückliche Aufnahmen der heutigen Fotografin Hella Wolff-Seybold. Kuriose Gerätschaften der frühen Technisierung der Landwirtschaft und zeitlos spannende Geschichten um kriegerische Eidgenossen, mutige Thurgauerinnen, gefährlichen Sülibirrenmost, das große Schmuggeln und die tägliche Arbeit im Feld illustrieren das wechselvolle Leben beiderseits der Grenze.

Galgen und Gemüse

In einer Flurbegehung am Freitag, 1. Juli um 16 Uhr, wird der Historiker David Bruder über das Leben im Tägermoos damals und heute berichten und zeigt die Besonderheiten für die Paradieser Bauern im Tägermoos auf. Dabei ist festes Schuhwerk und ein sicherer Tritt erforderlich. Abschließend klingt diese Führung im Gartenlokal der Badi Tägerwilen bei einem leckeren Fischknusperli-Essen aus. Kosten pro Person 30€ (inkl. 1Portion Fischknusperli + 1 Getränk). Anmeldung unter ursula.benkoe@konstanz.de oder 07531/900-913. Treffpunkt: St. Martinskapelle im Paradies, Grießeggstraße.

Das Rahmenprogramm bietet ansonsten u. a.:
► „Galgen und Gemüse“ – Historische Spaziergänge durch das Tägermoos mit Fischknusperli-Essen in der Badi Tägerwilen
► Historische Dorfspaziergänge in Tägerwilen und Gottlieben
► Stadtspaziergang mit Josef Bieri durch Kreuzlingen, Einkehr in „Seeburg“
► „Alles bio“ – Betriebsbesichtigung bei der Biotta AG Tägerwilen
► „Geschichten aus dem Tägermoos“ Literarischer Abend im Bodman-Haus, Gottlieben
► „Der trennende Zaun“ Grenzspaziergang entlang des ehemaligen Grenzzauns
► „Menschen im Paradies“ Historischer Spaziergang durch den Stadtteil Paradies

MM/hpk

Sonderausstellung des Rosgartenmuseums Konstanz, 16. Juli bis 30. Dezember 2016.