Der Appenzeller Kalender wird 300 Jahre alt

Dieses Jahr erscheint die 300. Ausgabe des „Appenzeller Kalenders“, eine der ältesten noch heute erscheinenden Periodika im Bodenseeraum. Historiker und Archivar David Aragai hat für die im nächsten Sommer erscheinende Jubiläumsausgabe einen Rückblick auf die wechselhafte Geschichte verfasst. In seinem Vortrag aus der Reihe „Thema des Monats“ im Rosgartenmuseum berichtet er über die Entwicklung des Kalenders von einem frühneuzeitlichen Massenmedium hin zu einem Appenzeller Erinnerungsort.

Der Kalender hat in der Stube vieler Appenzellerhäuser seinen festen Platz: In einem Holzrahmen an der Wand zeigt er Monat und Tag an, heute vielfach auch als Dekoration. Darüber hinaus ist er auch einer jener Gegenstände, welche typisch für das Appenzellerland stehen. Mit dem Marktkalender, Mondkalender, vielen weiteren astronomischen und astrologischen Angaben und praktischen Tipps für Haus und Stall gilt der Appenzeller Kalender als ein typischer „Bauernkalender“.

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Bild-Welten

Dabei geht gerne vergessen, dass der Appenzeller Kalender nicht nur ein Stück Heimatfolklore ist, sondern bis ins 20. Jahrhundert auch eines der wenigen Fenster in die weite Welt war. Im hinteren Kalenderteil gab es nämlich neben einer umfassenden Weltchronik stets auch Berichte und Kalendergeschichten aus allen Weltreligionen zu lesen. Bereits im 18. Jahrhundert waren diese Berichte auch bebildert und ergaben so ein veritables Welt-Bild in einer Zeit, in der die Menschen in der Region noch nicht regelmäßig weit reisten und es noch keine Zeitungen oder andere Massenmedien gab.

Der Kalender besaß noch weitere grenzüberschreitenden Eigenschaften: Nicht nur wurde das Medium von katholischen Innerrhodern genauso wie von reformierten Ausserrhodern konsumiert, auch jenseits der Kantons- und Landesgrenzen fand und findet sich die Leserschaft. Das Spannungsverhältnis zwischen Heimat und fernen Welten relativiert damit ein Stück weit das populäre Bild des „Bauernkalenders“.

Wann? Mittwoch, den 5. Februar 2020, 19 Uhr. Wo? Rosgartenmuseum Konstanz. Kosten? 7 Euro inkl. Apéro, eine Anmeldung ist erforderlich unter: katharina.schlude@konstanz.de oder 07531/900-2913.

Text: MM (Bild: Verlag Keller und Füssli ZH, um 1850)