Der Göttliche im Doppelpack
Zwei Konzerte von „Wolfgang am See“ sind in dieser Woche noch zu hören. Beide präsentieren Musik nicht nur von Wolfgang Amadeus Mozart, sondern auch aus seinem geistigen und historischen Umfeld. Woher kam er, wie nah oder fern stand seine Musik jener seiner Vorgänger und Zeitgenossen, war Mozart wirklich eine derart singuläre Erscheinung, wie sie uns eine vor allem schwärmerische Musikkritik und Musikgeschichtsschreibung zu vermitteln suchte? War er der Göttliche unter den Kunsthandwerkern?
Das Konzert am Samstag richtet den Blick zurück und fragt nach den Wurzeln Mozarts (1756-1791). Natürlich platzte Mozart nicht plötzlich – wie Pallas Athene aus dem Kopf des Zeus – in vollem Harnisch in die Musikgeschichte, sondern war mit der Musik seiner Vorgänger vertraut und diesen verbunden.
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Geschäftsreise mit Kindern
Diese Verbindung konnte durchaus auch persönlicher Natur sein. So unternahm Vater Leopold Mozart (1719-1787) mit seinem Sohn Wolfgang und der ebenfalls hochbegabten Tochter Maria Anna (Nannerl, 1751–1829) eine Konzert- oder besser Geschäftsreise, um mit seinen Wunderkindern europaweit Geld zu verdienen. Die drei tourten von Juni 1763 bis November 1766 durch Westeuropa, von Salon zu Salon, von Hof zu Hof. Fast die gesamte Zeit, die heutige Kinder in der Grundschule verbringen, saß der junge Mozart in der Kutsche oder produzierte sich vor Publikum.
Auf dieser Reise lernte Wolfgang Amadeus in London den dort ansässigen Bach-Sohn Johann Christian (1735-1782) kennen und schätzen, mit dem er auch zusammen musizierte und der ihm ein wichtiges musikalisches Vorbild wurde. Während dieses Londoner Aufenthaltes schrieb Mozart, noch nicht einmal zehnjährig, seine ersten Sinfonien, so die 4. Sinfonie KV 19, bei der Johann Christian Bachs Musik Pate stand. Die persönliche Wertschätzung der beiden lebte über Jahrzehnte fort, denn man war schon damals miteinander europaweit vernetzt.
Aber auch zum Alten, zum Vater der Musik, zu Johann Sebastian Bach (1685-1750), gewann Mozart eine musikalische Beziehung, die sich – wenig erstaunlich – auch auf dessen Fugen erstreckte, eine musikalische Form, die vermeintlich so gar nicht zum Göttergünstling Mozart hätte passen sollen. Aber Baron van Swieten (1733-1803), Diplomat und Bekannter Haydns, Mozarts und Beethovens, hatte eine umfangreiche Sammlung an Noten Bachs und Händels zusammengetragen und diese nach Wien verfrachtet. Mozart lieh sich die Noten aus und zeigte sich schwer beeindruckt. Noch mehr war dies allerdings Frau Mozart, die Konstanze, und Herr Mozart schrieb an seine Schwester: „als die konstanze die fugen hörte, ward sie ganz verliebt darein; – sie will nichts als fugen hören, besonders aber in diesem Fach nichts als Händl und Bach“.
Langsam spielen!
Mozart ließ sich von seiner Frau nicht lange bitten und bereicherte die einschlägige Literatur etwa um Bearbeitungen von Fugen Bachs aus dem „Wohltemperierten Klavier“. Klar dem Einfluss der Musik Bachs geschuldet sind auch Mozarts Adagio und Fuge c-moll KV 546, die in der vorliegenden Form 1788 entstanden und Mozarts anhaltende Begeisterung für die barocke Klang- und Formenwelt ausstrahlen. Die fugenbegeisterte Konstanze jedenfalls dürfte von ihrem Göttergatten entzückt gewesen sein. Mozart betonte in diesem Zusammenhang übrigens, wie wichtig es sei, eine Fuge langsam zu spielen, so dass die Hörer das Thema „deutlich und klar ausnehmen“ können.
Von Vivaldi bis Avison
Der von Insa Pijanka moderierte und von Jörg Halubek am Cembalo geleitete Samstagabend stellt Mozart in die Ahnenreihe von Bach und Händel. Aber das ist noch nicht genug Mozart: Bereits am Sonntagvormittag folgt dann der Schluss dieser zum fünften Mal veranstalteten Mozart-Reihe. Auch hier wird nach den barocken Wurzeln der Wiener Klassik gesucht, und es gibt neben zwei Werken Mozarts auch Stücke bekannter wie unbekannterer Komponisten des Barock zu erleben.
MM/red (Foto: Jörg Halubek (c) Marco Borggreve)
Was: Mozart, Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel. Wer: Jörg Halubek, Leitung und Cembalo; Insa Pijanka, Moderation; Südwestdeutsche Philharmonie. Wann & wo: Samstag, 8. Februar, 19.30 Uhr, Festsaal des Inselhotels.
Was: Vivaldi, Wassenaer, Corelli, Avison, Scarlatti, Mozart. Wer: Kammerensemble. Wann & wo: Sonntag, 9. Februar, 11.15 Uhr, Festsaal des Inselhotels.
Karten: Südwestdeutsche Philharmonie (9.00 Uhr bis 12.30 Uhr), Stadttheater Konstanz (07531 900-2150), Tourist-Information am Hauptbahnhof, alle Ortsteilverwaltungen.
Karten für Samstag gibt es auch hier.
Karten für Sonntag gibt es auch hier.