Der letzte Eisbär

Im Theater Konstanz wird wieder gespielt. Open Air können nach einem Jahr Pause nun wieder Stücke gezeigt werden. Auch für die Kleinen ist etwas dabei. Das Junge Theater zeigt „Bär im Universum“ – ein Stück über die Zerstörung unseres Planeten aus Perspektive bedrohter Tierarten.

Ein Bär treibt irgendwo im Meer, ganz allein, sein Land ist geschmolzen wie ein Lutscher, er ist der letzte seiner Art. So startet das Stück „Bär im Universum“, das derzeit im Innenhof des Wessenberghauses zu sehen ist. Dort wird ein schlichtes Bühnenbild zur ganzen Welt und der Bär Benny (Thomas Fritz-Jung) reist einmal quer hindurch. Zuerst trifft er das Huhn Polly (Peter Posniak). Ihm klagt er sein Leid bei einer Portion Schnecken-Chilli: „Wenn die Welt verwindet und man ganz allein ist, dann stirbt man aus, oder?“ Polly kennt das Problem der Einsamkeit, da es vor dem Schicksal eines Masthähnchens geflohen ist und seither ebenfalls im Alleingang lebt. Allerdings nicht ganz unglücklich: es hat sich ein Zuhause gebaut, das perfekt ist für so ein Hühnerleben, und somit wirkt Polly ganz zufrieden. Für Benny hat das Huhn aber eine Idee. Ein Kontaktanzeige! Damit kann er jemanden finden und dem Aussterben entkommen. Gesagt getan – und es melden sich einige! Die Giraffe Anni, die Walfrau Uta und zum Schluss Braunbärin Isabella (Jana Alexia Rödiger).

There is no Planet B!

Alle Tiere haben gemeinsam, dass ihr Lebensraum bedroht ist von der Zerstörung unseres Planeten durch den Menschen. Sei es durch das Klima, durch Waldbrände, Wilderer oder Plastik im Meer. Die Tiere bangen ums Überleben und haben Angst vor der Zukunft. Ein ernstes Thema, das mit sehr viel Feingefühl und Leichtigkeit übermittelt wird. Die Sprache des Stückes von Dea Loher ist gewitzt und voller Spielereien, sodass die Kinder ständig am Kichern sind. Dies wird von den Schauspielenden wunderbar getragen. Sei es der etwas trottelige Benny, nicht der hellste Bär im Universum, der von Thomas Fritz-Jung sehr liebevoll und weich interpretiert wird. Peter Posniak gibt mit seinem Pollyhuhn eine lustige Figur mit guter Frisur und Jana Alexa Rödiger bewegt sich das ganze Stück hindurch als wäre sie in ihrem natürlichen Habitus unterwegs. Musikalisch wird das Stück von Rudolf Hartmann mit allerlei bunt gemischten Instrumenten sehr wundervoll begleitet.

Upcycling deluxe in Kostüm und Bühnenbild

Als Highlight für mich gab es die Giraffe Anni, die aus Plastikmüll zusammengesetzt und mit Stangen bewegt wurde (Bühne, Kostüm und Figuren: Bianca Fladerer). Meine Kinder hingegen fanden den Walfisch am eindrücklichsten (weil er so unfassbar traurig war) und natürlich den Bären. Nach dem Stück kamen Fragen, ob es im Bodensee auch so viel Plastik gäbe wie im Meer und warum Menschen überhaupt ihren Müll in die Natur werfen. Die Thematik des Stückes ist den Kindern also präsent und die Botschaft klar.

Ein bisschen schade ist, dass die Rahmenerzählung so sehr auf das stereotype Bild von Liebe und Familie setzt. Bär Benny muss unbedingt eine Bärin finden, um sich zu reproduzieren. Rein biologisch ist das natürlich sinnvoll, aber die Message des Stückes ist damit ja irgendwie auch, dass nur „gleiche“ Liebesbeziehungen Sinn ergeben. Benny hätte nämlich durchaus Interesse an Polly, aber das geht nicht, weil ein Huhn Eier legt und ein Bär Bären. Hier hätte man vielleicht ja die Adoption ins Spiel bringen können oder Patchwork oder die Idee, dass sich nicht unbedingt alle fortpflanzen müssen/können/wollen, dass auch Freunde eine Familie sein können oder oder oder. Damit wäre ein Abbild der vielfältigen Familienformen gegeben und somit ein reales Bild für die Kinder möglich gewesen.

Schön aber ist, dass die Themen von Fridays for Future mit diesem Stück wieder in die Öffentlichkeit kommen. Auch sie wurden ja von der Pandemie verschluckt. Wie gut also, dass das Theater nun wieder zurück ist und gesellschaftsrelevante Stücke aufs Parkett bringt!

Veronika Fischer (Bild: Ilja Mess)


Termine: 26.06.2021 – 15:00 Uhr; 27.06.2021 – 15:00 Uhr