Die Geschichte des Georg Elser
Ein Tischler wollte die Welt verändern – das Attentat vor 77 Jahren, am 8.11.1939: Die Geschichte des Hitler-Attentäters Georg Elser (1903-1945, Foto), der acht Jahre in Konstanz wohnte und nach seinem Attentatsversuch hier verhaftet wurde. Jens Harzer (Thalia-Theater Hamburg) und Helmut Butzmann lesen und erzählen seine Geschichte sowie die des Stauffenberg-Attentats vom 20.7.1944.
Jens Harzer liest das Verhörprotokoll, chronologisch geordnet und stark gekürzt durch Helmut Butzmann. Dazu erzählt Helmut Butzmann, unterstützt von eindrucksvollen Bildern an der Wand, die Geschichte Georg Elsers, die Vorbereitung des Attentats. Eine dramaturgisch aufbereitete wechselnde Rede mit Jens Harzer, eine Art kunstvolles Mosaik. Alle Fakten sind aus Biographien und Briefen hergeleitet (Ian Kershaw, Fest, Volker Ullrich, Peter Hoffmann usw.).
Jens Harzer, 1972 in Wiesbaden geboren, absolviert die Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Ab 1993 gehört er 16 Jahre lang zum Ensemble von Dieter Dorn, zunächst an den Münchner Kammerspielen, dann am Bayerischen Staatsschauspiel. Daneben gastierte er unter anderem an der Schaubühne Berlin, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, am Schauspiel Frankfurt, bei der RuhrTriennale, am Deutschen Theater Berlin und am Burgtheater Wien.
Helmut Butzmann, 1944 in Konstanz geboren, ging mit 18 Jahren nach Berlin und wurde 1966 Programmierer, ab 1969 selbständig, ab 1983 gründete er mit einem Partner eine Softwarefirma. Ab 1975 Arbeiten an Theater und Staatsoper, u.a. Adorno-Nacht (Kampnagel, Hamburg) sowie ein Programm über den Mythos Wald (Thalia-Theater, Hamburg).
Gastspiel am Theater Konstanz:
ALLEIN GEGEN HITLER – GEORG ELSER
Am Samstag, 12.11.16 um 20 Uhr in der Werkstatt des Theater Konstanz
Nachtrag: Wegen des großen Andrangs ist die Aufführung ins Theater verlegt worden
MM
In der nationalsozialistischen und in der Nachkriegs-Zeit war Georg Elser ein Verräter. Heute ist er ein Held. Ich zolle allen (leider fast ausschließlich) Männern des Widerstands meinen tiefen Respekt für ihren Mut, sich gegen einen Tyrannen und das ihn tragende Volk gewehrt und Widerstand gezeigt zu haben.
Viele Tausende Kolleg*innen Lehrkräfte im Land haben Momente, in denen sie darüber nachdenken, welche Persönlichkeiten der Vergangenheit sie jungen Menschen als Beispiele im Sinne eines Vorbildes benennen können. Die Männer des 20. Juli im Allgemeinen und Georg Elser im Speziellen gehören für mich dazu. Ich habe mich viel mit dem Widerstand beschäftigt und fragte mich sehr häufig, ob ich diesen Mut gehabt hätte? Offen gesagt, ich glaube nicht.
Sie sind deshalb Vorbilder für mich, weil sie für ihre Überzeugungen, Prinzipien und Werte eingestanden sind, sie aktiv gelebt und zu diesen Werten auch im Angesicht des Todes gestanden haben. Das macht ein Vorbild aus.
Aber Georg Elser war ein anderer Schlag Mensch als die Gruppe um Stauffenberg. Goerdeler, Beck, von Tresckow und Stauffenberg selbst waren in ihrer Grundhaltung vorwiegend nationalkonservativ, sympathisierten eher mit der Rückbesinnung auf die alte monarchistische Ordnung. Georg Elser war einfacher Handwerker, er stammte aus einem Milieu, das neben anderen Hitler zum Aufstieg verhalf. Ein einfacher Mann, der sich nicht verführen lassen wollte und mit Mut und Beharrlichkeit versuchte, die grosse Katastrophe abzuwenden.
Der Widerstand hätte vielleicht mehr Erfolg gehabt, wenn es mehr als nur „einen“ Georg Elser gegeben hätte. 42 Mal versuchte man, den Teufel zu töten. Kein einziges Mal gelang es. Georg Elser steht für mich nochmals auf einer anderen Stufe als der militärische Widerstand. Es geht mir nicht um einen „guten“ und einen „schlechten“ Widerstand, es geht mir um die stärkere Anerkennung eines außergewöhnlichen „einfachen“ Mannes, der bis heute im Schatten des militärischen Widerstandes steht und dessen Handeln kaum Beachtung gefunden hat.
Ich hätte nicht den Mut gehabt, weil ich damals wie Georg Elser wohl alleine gestanden hätte. Heute müssen wir die „Helden“ des Widerstands als Vorbilder in der Weise ansehen, dass wir alle es NIEMALS wieder zulassen dürfen, Populisten mit Hassparolen, die einfache Lösungen für komplexe Probleme versprechen, Macht über Menschen zu geben. Georg Elser ruft uns zu: Macht nicht den zweiten Fehler noch einmal. Wehret den Anfängen und tretet konsequent gegen Hass und Populismus auf. Wie erleben wie eine Art dejá vu, dass eine ganze Religion erneut stigmatisiert, verunglimpft und „unserer Religion“ gegenüber als minderwertig angesehen wird. Der Islam gehört nicht zu Deutschland, ruft dunkelste Erinnerungen wach, die nie wieder in unserem Land „Oberwasser“ haben dürfen.
Georg Elser und ein paar Hundert andere Widerständler waren damals wenige. Heute sind wir sehr viele, heute sind wir die ganz grosse Mehrheit und stehen zusammen für ein weltoffenes, freies, demokratisches Deutschland, für das die Männer des Widerstandes ihr Leben gegeben haben.
Lieber Georg: Wir werden Dich nie vergessen und zollen Dir grossen Rezept für Deinen Mut.