Es müllert wieder
Nein, damit ist nicht der legendäre Balltreter Gerd Müller gemeint, der in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts reihenweise das Runde im Eckigen versenkte und darob Kultstatus erreichte. Hier und heute geht es um Ina Müller, die Kabarettistin, Sängerin, Buchautorin und äußerst erfolgreiche TV-Moderatorin. Wer sie live sehen will, sollte sich am 4.2. ins Volkshaus nach Zürich aufmachen.
Geboren wurde sie 1965 im Cuxhavener Hinterland und wuchs behütet in bäuerlicher Idylle auf. Nach ihrer Schulzeit legte sie einen Abschluss als pharmazeutisch-technische Assistentin hin. Berufliche Erfahrung in diesem Metier erlangte sie auf der völlig unbekannten Nordseeinsel Sylt und arbeitete dort in der lauschigen Westerländer Inselapotheke. Wer sich also annodazumal während nächtlicher Exzesse allzu heftig Hochprozentiges in den Hals geschüttet hatte, konnte sich anderntags sein Aspirin bei Ina Müller abholen.
Und wie das so ist in der Diaspora – irgendwann biegt dann doch ein Promi um die Ecke, sogar auf Sylt. Ina Müller lernte die Künstlerin Edda Schnittgard kennen und letztere erkannte schnell das Talent ihrer neuen Bekanntschaft. Es dauerte nicht lange, da gründeten Müller und Schnittgard 1994 das Kabarett-Duo „Queen Be“, das sich für seine qualitätsvollen Auftritte recht schnell einen guten Namen machte und bis 2005 zusammen blieb. Diverse Auszeichnungen waren der verdiente Lohn, unter anderem der „Deutsche Kleinkunstpreis“ 2001 im Bereich Chanson, Lied und Musik. Damit lässt sich allemal punkten und Müllers Ina legte noch mehrere Kulturschippen nach. Sie erinnerte sich an ihre plattdeutsche Herkunft und brachte dementsprechendes Liedgut unter die Leute. Auch das kam verdammt gut an und schließlich meldete sich der NDR mit einem freundlichen Job- Angebot.
Schnodderschnauze mit Niveau
Die talentierte Schnodderschnauze mit Niveau übernahm fortan die beliebte Radiosendung „Hör mal`n beten to“ und trieb die Einschaltquoten in die Höhe. Aktiv wurde sie aber auch als Solo-Sängerin. Ihr erstes Pop-Album „Das große Du“ kam auf den Markt, dazu mit „Mien Tung is keen Flokati“ auch ein plattdeutsches Taschenbuch. Der umtriebige Wirbelwind kletterte zackig die Karriereleiter hoch, nahm dabei meist zwei Sprossen auf einmal und wechselte schließlich von der Radio- in die Fernsehabteilung. Seit 2007 moderiert sie die Late-Night-Show „Inas Nacht“. Ein Knaller inmitten meist dröger Konkurrenzveranstaltungen im bundesdeutschen Einheitsbrei. Das sah auch das begeisterte Publikum so und wieder hagelte es Preise: 2008 den Deutschen Fernsehpreis, 2009 den Deutschen Comedy-Preis und 2010 den Grimmepreis. Künstlerherz, was willst du mehr.
„Inas Nacht“ läuft mittlerweile auch in der ARD. Das Format ist haargenau auf Ina Müller zugeschnitten und funktioniert somit auch bestens. Als Showbühne dient die Hamburger Kneipe „Schellfischposten“. Die anheimelnde Spelunke ist in etwa so groß wie ein durchschnittliches Wohnzimmer. Das Konzept der Sendung ist im Grunde genommen simpel gestrickt, aber vielleicht ist diese schräge Unterhaltung zu später Stunde gerade deswegen so beliebt. Sogar als TV-Konsument fühlt man sich fast wie in der eigenen Stammkneipe. Ina Müller lädt immer zwei halbwegs prominente Gesichter ein, die meist interessante Geschichten aus ihrem Leben zum Besten geben. Dazu wird laufend Gerstensaft gezapft, man singt zusammen und lässt es sich gut gehen. Im Mittelpunkt steht natürlich die Moderatorin, die dem Motto ihrer Sendung alle Ehre macht: „Singen, saufen, sabbeln“. Gerne wuchtet sie sich spontan über die Theke, klaut den Gästen – gerade mal zwanzig Besucher haben Platz – die Bierdeckel und grölt ständig mit, wenn Gesang angesagt ist. Erfreulich auch, dass sie in fast jeder Sendung jungen und noch weitgehend unbekannten Musikern die Chance gibt, sich zu präsentieren. Da waren mehrmals erstaunliche Rohdiamanten zu hören, für die sich der Besuch bei Ina Müller im Nachhinein durchaus auszahlen könnte.
„Drunken Sailor“ und hoch die Tassen
Als zusätzliche und fast schon liebenswerte Attraktion hat Ina Müller den Shantychor „Tampentrekker“ eingebaut. Da es aber so eng ist in dem Laden, steht die fidele Gesangsgruppe vor der Kneipe und bringt sich durch´s Fenster stimmtechnisch immer kurz ein, wenn frisches Bier gereicht wird. Dann wird jeweils der Refrain vom „Drunken Sailor“ geschmettert. Wird ein Witz für besonders gut gehalten, schallt es von außen herein: „Witzig, witzig. Heute haben wir gelacht, denn wir sind bei Inas Nacht“. Fertig und hoch die Tassen.
Der Journalist Jörg Isringhaus hat den Erfolg der Sendung von Ina Müller folgendermaßen erklärt: „Ihr Name steht für das homöopathische Stückchen Anarchie, das sich die ARD zu leisten bereit ist“. Das ist wohl wahr. Lange Jahre hatte Harald Schmidt diesen Status inne. Ina Müller wird bereits als seine legitime Nachfolgerin gehandelt.
„Inas Nacht“ – 4.2.2012 – Volkshaus Zürich. Tickets unter: www.ticketcorner.ch
Autor: PM/hr