Filmfestival: Alles, nur nicht hetero
Im Frühjahr musste das Festival „Queergestreift“ im Zebra Kino aus bekannten Gründen abgebrochen werden; jetzt wird es unter zeitgemäßen Sicherheitsvorkehrungen fortgesetzt. Die Filmreihe ist eine der wichtigsten Veranstaltungen ihrer Art in der Bodenseeregion und widmet sich Filmen, die sich außerhalb der Heterosexualität bewegen und ein Forum für alles bieten wollen, was nicht in das normative Bild der Gesellschaft passt. Ab dem 24. September gibt es rund ein Dutzend Streifen zu sehen.
Knapp ein halbes Jahr nach dem Beginn der Corona-Pause eröffnet der zweite Teil des Festivals die Indoor-Spielzeit 2020/2021 des Zebra Kinos. Nach einigen Verleihverhandlungen werden noch (fast) alle im Frühjahr ausgefallenen internationalen Kurz- und Langfilmperlen über verschiedene Facetten queerer Lebensrealität nachgereicht.
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Premierenfieber
Zu den Festivalfilmen zählen u.a. der diesjährige doppelte Max-Ophüls-Preis-Träger „Neubau“ als Vertreter des jungen deutschen Queerfilms, das in Cannes gefeierte russische Drama „Bohnenstange“ sowie mit „Matthias & Maxime“ der neue Film des kanadischen Regisseur-Wunderkindes Xavier Dolan. Zudem ist es den Veranstaltern gelungen, sämtliche eingeplanten Deutschlandpremieren doch noch nach Konstanz zu holen. Dazu zählen etwa die Dokumentation „Scream Queen“ über den queeren Subtext eines der bekanntesten Horrorfilme der Achtziger und der quietschbunte schwedische Animationsfilm „Topp 3“. Nicht minder aktuell ist das ebenso farbintensive wie trippige „Holy Trinity“, in dem eine Domina, die den magischen Inhalt einer Sprühdose inhaliert, die Fähigkeit entwickelt, mit Toten zu sprechen.
Im US-Drama „To the Stars“ präsentiert Regisseurin Martha Stephens in charmantem, kontrastreichem Schwarz-Weiß einen Einblick „in die Jugend des ländlichen Oklahomas der 60er Jahre, wo Gottesfurcht und dörflicher Kleingeist den Alltag einer Kleinstadt bestimmen. Kara Hayward (bekannt aus Wes Andersons ‚Moonrise Kingdom‘) spielt die schüchterne Iris Deerborne, die jeden Tag in der Schule das Mobbing ihrer Mitschüler über sich ergehen lassen muss. Währenddessen wartet zuhause eine Mutter, die dem Whiskey mehr Aufmerksamkeit schenkt als ihrer Familie. Erst als die neue Schülerin Maggie (Liana Liberato) mit ihrer exzentrischen Persönlichkeit und einer rätselhaften Vergangenheit in ihr Leben tritt, lernt sie, was es heißt, für sich einzustehen. Beide junge Frauen sind gefangen am falschen Ort – oder der falschen Zeit – und müssen sich den Widerständen dieser Epoche des zwanzigsten Jahrhunderts stellen, um so strahlen zu können, wie sie es verdienen,“ schreibt Laura Geißler dazu.
Ganz besondere Highlights im Programm sind außerdem die Europapremiere der äußerst unterhaltsamen US-Komödie „Straight Up“ sowie der traditioneller Kurzfilmblock voll bunt gemischter aktueller „Queer Shorts“. Außerdem gibt es mit dem chilenisch-argentinischen Festivalliebling „Der Prinz“ sowie dem Biopic „Enfant Terrible“ über den offen bisexuell lebenden deutschen Ausnahme-Regisseur Rainer Werner Fassbinder noch zwei brandneue Filme. Am 24. Oktober steht dann mit dem französischen Liebesfilm „Wir Beide“ dann schon der nächste Queerstreifen ins Haus.
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PorYes
Ein besonderes Erlebnis bietet am Samstagabend „Let’s Watch Sex: Queer-feministisches Pornokino“. Ästhetisch schön erzählt zeigen verschiedene „Queerotic Shorts“ Fantasien und gelebten Alltag, Intimität und Erotik, flexible Rollen und Rollenspiele statt nur nacktem Fleisch. Der Kurzfilmblock erkundet mit allen Sinnen vielfältige Körper und Themen und zeigt mutige Menschen vor und hinter der Kamera, die Einblicke in queer gelebte Beziehungen, Kommunikation und Sexualitäten gewähren. Einlassen und Zulassen, Lebendigkeit und Gefühle teilen, mit Humor und Gelassenheit Horizonte erweitern: Das queer-feministische Pornokino möchte dazu anregen, sich aus einem neuen Blickwinkel mit queeren Sexualitäten auseinanderzusetzen, Interesse entstehen zu lassen und Fragen zu stellen. Let’s talk about sex, Baby! Anschließend gibt es zu später Stunde dann noch ein Gespräch über das Gesehene mit Claudia Elizabeth Huber, Autorin & Coach für selbstbestimmte, lustvolle Sexualität.
Programm
Donnerstag, 24. September 2020
19:00 Uhr: Matthias & Maxime
21:35 Uhr: Scream, Queen! My Nightmare on Elm Street
Freitag, 25. September 2020
18:45 Uhr: Bohnenstange
21:35 Uhr: Holy Trinity + Topp 3
Samstag, 26. September 2020
20:00 Uhr: Straight Up
22:10 Uhr: Let’s watch Sex: Queerfeministisches Pornokino – mit Gastbesuch und anschließender Diskussion
Sonntag, 27. September 2020
18:00 Uhr: To the Stars
Montag, 28. September 2020
19:00 Uhr: Neubau – mit Autoren- & Hauptdarstellerbesuch und anschließender Diskussion
Dienstag, 29. September 2020
18:45 Uhr: Queer Shorts
21:20 Uhr: Der Prinz
Mittwoch, 30. September 2020
20:45 Uhr: Enfant Terrible
Samstag, 24. Oktober 2020
17:15 Uhr: Wir beide
Weitere Informationen zum Programm sowie den Ticket-Vorverkauf gibt es hier. Festivalpässe vom März behalten nach kurzer E-Mail-Rückmeldung ihre Gültigkeit. E-Mail-Kontakt unter info@queergestreift.com.
Text: MM/red (Foto: „Scream, Queen! My Nightmare on Elm Street“, Anbieter)