Gestatten: Horst Evers aus Evershorst
Er ist der neue Star unter Deutschlands Satirikern. Satiriker? Horst Evers schreibt einfach einfache, lustige Geschichten, die ihn als Verlierer zeigen. Seine Zeit als miesepetriger Kleinbürger aus Kreuzberg ist längst vorbei – heute schreibt er Bücher in Millionenauflage, die so erfolgreich sind, weil wir alle uns in seiner Alltagsuntauglichkeit wiederfinden: Schusselig und schlampig, antriebsarm und manchmal apathisch kämpfen wir wie er erfolglos gegen die Anforderungen moderner Zeiten. Nun aber finden wir Ausreden. Dank Evers.
Horst Evers, der eigentlich Gerd Winter heißt, stammt tatsächlich aus Evershorst, Kreis Diepholz, Niedersachsen. Sein Künstlername ist nur spaßiger Zugewinn. Seine Bücher aber, wie „Mein Leben als Suchmaschine“ oder „Für Eile fehlt mir die Zeit“ sind humoriger Lustgewinn. Denn darin verrät er unzählige Tricks, wie wir die Klippen auch unseres Alltags umschiffen lernen.
So kommt er auf die Idee, seine Heimkehr aus der Kneipe allabendlich zu filmen und das Video noch flott ins Internet zu stellen, damit er nach dem morgendlichen Rechner-Check weiß, wo er seine Wollmütze oder seinen Hausschlüssel gelassen hat – die alltägliche Sucherei hat endlich ein Ende. Auch die Marotte, Termine vor 11 Uhr morgens mit dem Hinweis abzulehnen, sein Terminkalender beginne erst gegen Mittag, scheint nachahmenswert. Selbst sein Vorschlag, heute schon die Brötchen von gestern für morgen vor zu bestellen, denn dann sind sie doppelt verbilligt, könnte Schule machen.
Schon als Student studierte Evers wenig und schrieb viel. Lieber gründete er in den 90igern die Zeitschrift „Salbader“, um seine trefflichen Geschichten zu veröffentlichen, noch heute liest er immer sonntags im Kreuzberger „Frühschoppen“ – auch eine Evers-Gründung – sowie regelmäßig im Rundfunk, zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Deutschen Kleinkunstpreis, heimste er seitdem ein.
Seinen Erfolg – auch sein letztes Büchlein ist wieder auf der Bestsellerliste – erklärt er mit seinem „humoristischen Glaubensbekenntnis: Keine Kalauer, keine Zoten, keine Abstauber“. Und das meint: Evers macht keine Witze auf Kosten von Schwachen. Eher macht er Scherze auf eigene Kosten: „Jede Geschichte ist charmanter zu erzählen aus der Sicht des Opfers“ verriet er kürzlich einem Reporter der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Und die Süddeutsche Zeitung zählt ihn „zum Besten, was Deutschlands Kabarett derzeit zu bieten hat“.
Die Buchhändlerin meines Vertrauens empfiehlt die Evers-Bücher besonders gerne ihren depressiven Kunden. „Die Texte helfen – gerade bei Nebel am See“. Eigentlich aber geht es Evers bei seinen Geschichten um Lebensqualität, er schreibt an gegen Zeitdruck und Technikwahn, plädiert für die Muße bei der Arbeit und für die Beschaulichkeit beim gemeinsamen Abendessen. Und das alles formuliert er mit listigem Schalk, mit unerhört viel Menschenverständnis, mit immer neuen Pirouetten der Phantasie. Denn wer kommt schon auf die Idee, die geschenkte Saftpresse zum Sinnbild des Alterns zu stilisieren?
Übrigens: Am 11.2. ist Horst Evers aus Evershorst live in der „Linse“ in Weingarten zu erleben.
Autor: Hans-Peter Koch
Evers-Bücher, kaum mehr als 100 Seiten stark und zwischen 7,95 und 12,95 Euro teuer, sind zu erhalten im Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, und im Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg.