Gomorrha = Camorra: Aus dem Innenleben der Mafia

„Hört ihm zu“ sprühten die Leute an Neapels Häuserwände, als sie Savianos Buch gelesen hatten. Denn darin beschreibt er die Mafia-Kriminalität Süditaliens fast dokumentarisch und spricht aus, was nicht jeder gerne hört: Dass die Profitgier des Kapitalismus dem Verbrechen den fruchtbaren Boden bereitet. Der polnische Regisseur Adam Nalepa bringt „Gomorrha“ morgen auf die Bühne der Konstanzer Spiegelhalle – erstmals in Deutschland.

„Ein Dokumentarstück, kein Lehrstück“ will Nalepa, der seit zehn Jahren erstmals wieder hierzulande Regie führt, präsentieren; „und das in der Spiegelhalle am Hafen, wo Underground fast Programm ist“, ergänzt die Dramaturgin Anna Langhoff (übrigens Spross einer großen Theaterfamilie), die zusammen mit Nalepa (Foto) die Premiere in einem Pressegespräch vorstellte.

„Gomorrha“ basiert auf dem gleichnamigen Buch von Roberto Saviano, der seit der Veröffentlichung vor zehn Jahren nur noch unter Polizeischutz und an ständig wechselnden Orten lebt – die Morddrohungen der Camorra, wie sich die Mafia Neapels nennt, sind durchaus ernst zu nehmen: 3000 Menschen fielen ihr nach offiziellen Polizei-Angaben in den letzten 30 Jahren zum Opfer. Und sie ist gar nicht so weit weg – die Gerüchte um Camorra-Zellen in Singen und im Thurgau wollen nie ganz verstummen.

In fünf Biografien stellen fünf Schauspieler, ausschließlich Männer, typische Mafia-Schicksale dar. Ingo Biermann als Don Pasquale zum Beispiel den lokalen Boss oder Julian Härtner als Pikatchu den Schneider in einer Mafia-Kleiderfabrik. Julian Jäckel übrigens wird als Kit Kat zum ersten Mal auf einer großen Bühne stehen – als Statist war er bislang nur in einigen Produktionen des Jungen Theaters zu sehen.

„Die Reise in das Reich der Camorra“, so der Untertitel des Saviano-Buches, das in 51 Sprachen übersetzt und zweimal verfilmt wurde, beschreibt minutiös, wie sich Korruption in der Gesellschaft breitmacht, wie Giftmüll verschoben und wie mit Drogen gehandelt wird, wie Konkurrenzkämpfe ihren Blutzoll fordern und man den Staat seiner Steuern beraubt. All‘ das unter den Augen der Öffentlichkeit und dem Schutz der Politiker. Und man fragt sich, wie weit wir hierzulande von solchen Verhältnissen entfernt leben. Doch wie sagte Adam Nalepa eingangs? Ein Dokumentarstück wolle er zeigen, kein Lehrstück. Nach der Premiere morgen um 20 Uhr in der Konstanzer Spiegelhalle wissen wir Genaueres – und seemoz wird berichten.

hpk