„Königin Lear“ schwebt mit kleiner Verspätung ein
Eigentlich sollte die Premiere von „Königin Lear“ am vergangenen Freitag, 22.5., stattfinden, musste aber krankheitshalber auf kommenden Samstag, 28.5., verschoben werden. Weitere Vorstellungen sind bis einschließlich 12.6.2022 vorgesehen. Hier eine Zusammenfassung über das Stück und seinen vielfach ausgezeichneten Regisseur.
Kristo Šagor, Hausregisseur am Theater Konstanz, hat seine erste Regiehospitanz 1996 bei „Was ihr wollt“ von Shakespeare gemacht. Kaum zu glauben, dass er erst jetzt zum ersten Mal selbst einen Shakespeare-Stoff inszeniert, macht er doch seit Jahren erfolgreich Theater für Erwachsene und auch fürs junge Publikum. Nicht nur als Regisseur, auch als Autor hat er sich einen Namen gemacht. Zuletzt wurde er mit seinem Stück „Nibelungenleader“, das die Spielzeit 2020/2021 in Konstanz mit eröffnete, zum Theaterfestival „Schöne Aussicht“ in Stuttgart im Juni 2021 eingeladen. Mit der Uraufführung „Der fabelhafte Die“ von Sergej Gößner, die Šagor in der aktuellen Spielzeit in Konstanz inszenierte, wurde er gleich zu mehreren Festivals eingeladen, u.a. zu den Mülheimer Theatertagen 2022 und dem Festival Schöne Aussicht in Stuttgart.
Nun also widmet er sich einer ganz speziellen Shakespeare-Adaption: „Königin Lear“ von Tom Lanoye. Der Autor verlegt Shakespeares „König Lear“ mit reduziertem Personal und leichten Anpassungen ohne Verbiegungen ganz ins Hier und Heute. Lebensklug, sprachwitzig-deftig und poetisch zugleich zeichnet er die faszinierende Figur einer Frau, die sich ihr Leben lang in einer Männerwelt durchkämpfen musste und die das Kämpfen nun nicht mehr lassen kann – und sei es auch gegen Windmühlen.
„Die absolute Macht eines Königs in unsere Zeit zu übertragen, hat den belgischen Dramatiker Tom Lanoye in seiner Überschreibung des Shakespearschen Dramas interessiert“, so Chefdramaturgin Doris Happl. Seine „Königin Lear“, die 2015 in Amsterdam uraufgeführt wurde, spielt in der obersten Etage eines „Wolkenkratzers in einer modernen Metropole“.
Wie Shakespeares König Lear herrscht auch Elisabeth Lear über ein Reich; allerdings handelt es sich um ein weltweit agierendes Konzern-Imperium. Angesichts der globalen Turbulenzen und weil sie spürt, dass ihre (Geistes-)Kraft mit zunehmendem Alter schwindet, startet sie ihren letzten Coup: Sie will ihr Unternehmen unter ihren Kindern aufteilen. Dafür zitiert sie ihre drei Söhne zu sich und fordert ein öffentliches Liebesbekenntnis, was die beiden älteren überschwänglich leisten. Nur der jüngste Sohn Cornald spielt nicht mit: Er möchte eine andere Wirtschaftswelt, träumt von Mikrofinanzierung. Sie verstößt ihn. Als Elisabeth Lears Demenz immer stärker zuschlägt, geraten Familie und Geschäft vollends aus den Fugen. Eine bittere Lehrstunde für Elisabeth, die gewohnt war, mit Cleverness, Druck und einem Maß an Aggressivität alles erzwingen und beherrschen zu können – auch Gefühle. Und es wird deutlich, welch hohen Preis sie – auch als Frau – bezahlen musste, um ihre Position an der Spitze zu behaupten.
Text und Bild: Stadttheater Konstanz