Komisch, furios und böse: Jonas Lüscher

Der Schweizer Schriftsteller Jonas Lüscher ist mit seinem erfolgreichen Roman „Kraft“ Gast der nächsten „Konstanzer Literatur­gespräche“. „Frühling der Barbaren“ hieß die Novelle, mit der Lüscher vor drei Jahren für Aufsehen sorgte und einen veritablen Best­seller landete. Das Buch des damals noch unbekannten Autors, in dem die Ver­wer­fungen des Finanzkapitalismus grotesk verdichtet waren, stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.

Nun hat Lüscher seinen ersten Roman vorgelegt. „Kraft“ ist die Geschichte eines Tübinger Professors, dessen Leben sich in einer Sackgasse befindet. Auf den ersten Blick erscheint Richard Kraft erfolgreich – er hat die Nachfolge des berühmten Professors Walter Jens auf dem Tübinger Rhetoriklehrstuhl angetreten und sich eine gewisse Reputation erarbeitet. Doch seine Ehe steht vor dem Aus, das Verhältnis zu den beiden Töchtern ist gestört. Hinzu kommen finanzielle Probleme. Da Kraft noch seine erste Frau und die Kinder aus dieser Beziehung mitfinanzieren muss, kann er sich die Scheidung nicht leisten.

Da ereilt ihn ein Wink des Schicksals: Ein kalifornischer Internet-Mogul lobt eine Million Dollar für einen Essay-Wettbewerb aus. In einem 18minütigen Vortrag soll begründet werden, „weshalb alles, was ist, gut ist und wir es dennoch verbessern können“. Kraft, nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Neoliberaler, der die „geistig moralische Wende“ unter Kanzler Helmut Kohl begeistert mitgemacht hat, glaubt, das Ganze mit links wuppen zu können. Er macht sich auf den Weg nach Kalifornien, um dort mit seinem eigenen Abgrund konfrontiert zu werden …

Komisch, furios und böse erzählt Jonas Lüscher die Geschichte Krafts, der, im Unterschied zu seinem Namen, am Ende kraftlos dasteht. Sein Roman, der den Wissenschaftsbetrieb aufs Korn nimmt, wurde von der Literaturkritik begeistert aufgenommen und als Parabel über den Zusammenbruch jeder sozialen Ethik gelesen.

Jonas Lüscher, 1976 in Zürich geboren, wuchs in Bern auf, wo er nach dem Abitur zum Primarlehrer ausgebildet wurde. Nach einigen Jahren als Stoffentwickler und Dramaturg in der Filmwirtschaft studierte er in München Philosophie und arbeitete als Lektor. 2011 wechselte er an die ETH Zürich; ein Promotionsprojekt führte ihn recherchehalber an die Stanford University. Der eher satirische Teils seines Romans über den Wissenschaftsbetrieb speist sich auch aus dieser Erfahrung.

MM

Jonas Lüscher liest im Rahmen der „Konstanzer Literaturgespräche“ am Mittwoch, 19. Juli, um 20 Uhr im Foyer der Konstanzer Spiegelhalle. Moderator des Abends ist Siegmund Kopitzki. Eintritt 8.- Euro; Karten nur an der Abendkasse.