Konstanzer Bürgeramt will kein „Ramba Zamba“

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„Stille Konzerte“ ist ein Tourkonzept von vier Musikern, das durch die Verwendung von Kopfhörern im öffentlichen Räumen seit geraumer Zeit für viel Aufsehen und Begeisterung sorgt (siehe obenstehendes Video). Aktuell sind die Jungs in ganz Europa unterwegs. Letzte Woche waren sie auch in Konstanz. Ein erster Auftritt verlief weitgehend komplikationslos. Zu einem zweiten kam es dann allerdings nicht, denn der Konstanzer Amtsschimmel wieherte nach Kräften. Hier der aufschlussreiche Erfahrungsbericht der Musikanten.

Bedingt durch die Wetterlage beschlossen wir, unsere Tour in Konstanz zu starten. Aufgrund unserer Erfahrungen in etlichen Städten gingen wir nicht davon aus, dass wir eine Genehmigung benötigen. Aus diesem Grund machten wir uns am Dienstag, den 18.05., auf nach Konstanz in die Innenstadt. Ein Geschäft, das uns Strom zur Verfügung stellt, war schnell gefunden – da wir leise sind, stößt unser Konzept bei Einzelhändlern auf positive Resonanz.

In der ersten Pause kamen zwei Damen der Ortspolizeibehörde (OPB) auf uns zu, die uns sehr freundlich darauf hinwiesen, dass wir zum öffentlichen Musizieren eine Genehmigung benötigen, welche wir jedoch ohne Probleme erhalten dürften. Die beiden haben sich also ein konkretes Bild der örtlichen Begebenheiten machen können und diese offenkundig für akzeptabel befunden. Andernfalls hätten sie uns sicher nicht die Auskunft gegeben, eine Genehmigung sollte in unserem Fall kein Problem sein.

Kooperativ und lernbereit wie wir sind, haben wir also unsere Sachen gepackt und den Plan gefasst, für den folgenden Tag eine Genehmigung zu organisieren. Am nächsten Morgen riefen wir bei der Stadt Konstanz an. Die zuständige Beamtin befand sich leider im Krankheitsstand. Nach zwei weiteren Versuchen gelangten wir dennoch an eine Ansprechperson des hiesigen Bürgeramts.

Bereits das erste Telefonat gestaltete sich schwierig und stellte uns vor Vermittlungsprobleme.

„Kopfhörer? Nein, Lautsprecheranlagen sind nicht genehmigt.“

Der Unterschied dürfte doch eigentlich einleuchten?

„Sie haben ein Mikrofon? Nein, das geht nicht.“

Naja, irgendwie muss der Gesang ja an die Kopfhörer. Im Übrigen macht es gesangstechnisch einen gewaltigen Unterschied, ob jemand mit einer normalen Zimmer-Sing-Stimme in ein Mikrofon singt, was im Straßenlärm komplett untergeht, oder ob jemand seine Akkustikgitarre und das Cajon seines Bandkollegen übertönen und gleichzeitig die ganze Straße beschallen muss. A propos, dass wir vier Musiker sind, ist übrigens auch nicht erlaubt. Dass wir zu viert leiser sind als besagter Sänger mit Gitarre und Cajonspieler, ist dabei für die Verwaltung unerheblich.

In Anbetracht dieser Hürden schlugen wir vor, unser Konzept-Video als Link per Mail zu senden. In einem anschließenden Telefonat (nun mit Frank Conze, dem stellvertretenden Leiter des Bürgeramts, Anm.d.Red.) wurde uns mitgeteilt, dass uns nach Rücksprache keine Genehmigung erteilt werden kann, da wir zu viele (vier) Musiker seien und so ein „Ramba Zamba“ veranstalten würden.

Dabei wollten wir es jedoch nicht belassen und fragten nochmal nach. Unser Ansprechpartner (erneut Herr Conze, Anm.d.Red.) wiederholte die Absage mit den entsprechenden Begründungen, riet uns gleichzeitig, es auf Privatgelände, beispielsweise einem Biergarten zu versuchen. Stimmt, vielleicht machen wir einfach die falsche Musik.

seemoz-Stille Konzerte

In Freiburg war die Band herzlich willkommen, im kulturellen Oberzentrum am Bodensee allerdings nicht …

In dem weiterführenden Gespräch, fiel immer wieder der Ausdruck „Ramba Zamba“. Wir legten unsere Geschichte dar: Dass wir zehn Jahre Erfahrung mit Straßenmusik gemacht haben und das Konzept eigentlich aus dem Grund entstanden ist, um gerade den Kommunen und Einzelhändlern entgegenzukommen; Dass wir immer wieder positive Rückmeldungen, insbesondere von Einzelhändlern und Anwohnern – wegen denen es ja überhaupt Straßenmusik-Regelungen gibt – erhalten.

Wir argumentierten auch damit, dass wir ein Stadtbild durchaus aufwerten; wo wir hinkommen, sind die Leute begeistert, wie man auch in dem Video sehen kann.

Antwort: „Begeisterung? Wir brauchen hier keine Begeisterung. Begeisterung ist für mich ein abschreckendes Wort.“

Des Weiteren war die Befürchtung da, es könnten Beschwerden kommen: „Am Ende sind wir diejenigen, die die 50 Anrufe bekommen.“ Unsere Rückfrage, ob am Vortag jemand angerufen hat, blieb unbeantwortet.

Darüber hinaus: Würde uns ein Einzelhändler (was die Stromversorgung betrifft haben wir noch keine Akkulösung und sind auf Hilfe angewiesen) nicht sofort den Saft abdrehen, wenn es ihn stören würde?

Im Laufe des Gespräches klagte der Mann vom Amt weiter darüber, dass die Stadt von Straßenmusikern überrannt werde. Für uns nicht nachvollziehbar: Bei unserem Aufenthalt haben wir außer Abends an der Promenade keinen einzigen Musiker getroffen.

Leider stießen wir im konkreten Fall auch auf häufig uns begegnende Vorurteile: Unterschwellig wurde uns unterstellt, wir würden die ansprechende Altstadtkulisse ja nur nutzen, um uns zu bereichern. Aus unserer Straßenmusikerfahrung können wir sagen: Dieses Konzept lohnt sich aus finanzieller Sicht nicht. Im Gegenteil haben wir saftig investiert, um ein System zu haben, mit dem wir es allen möglichst recht machen wollen. In Anbetracht solcher Vorhaltungen muss man doch fragen: Worum geht’s eigentlich?

Man muss dem Herrn vom Bürgeramt zu Gute kommen lassen, dass er mit konstruktiven Vorschlägen nicht geizte: Wir könnten es ja in Kreuzlingen versuchen. Man wolle dann abwarten, was es dort an Reaktionen gibt. Im nächsten Schritt schlug er uns vor, auf dem Augustinerplatz für eine halbe Stunde zu spielen, damit eine Beamtin vorbeikommen und sich ein Bild machen kann.

Was ist mit dem Eindruck, den sich die beiden Beamtinnen von der OPB am Vortag gemacht haben? Was mit den ausgebliebenen Beschwerden vom Vortag? Welche Reaktionen sollen denn da noch kommen?

Die einzig nachweisbare Reaktion ist übrigens die folgende: Ein begeisterter Youtube-Nutzer teilte uns unter besagtem Video mit, das er uns in Konstanz auf der Straße gesehen hat und es „richtig geil“ fand. „Macht bitte weiter so“, schrieb er noch.
Machen wir, aber wohl leider nicht in Konstanz.

Steffen Engler/von Welt