Konstanzer Museen 2020: Spannende Ausstellungen
Nach dem Rückgang im Hitzesommer 2018 konnten die vier Konstanzer Museen ihre Besucherzahlen im vergangenen Jahr wieder deutlich steigern. „Echte Kunstwerke, echte Objekte, echte Menschen“ werden immer ihr Publikum finden, ist Museumschef Tobias Engelsing überzeugt. Museen sollten nicht zum „voll digitalisierten Rummelplatz“ verkommen. So ein Resultat der Jahrespressekonferenz. Doch nicht nur das. Ein Ausblick auf das kommende Jahr.
Tobias Engelsing ist der fortschreitenden Digitalisierung in Museen skeptisch gegenüber eingestellt. „Bitte nicht als Verweigerungshaltung missverstehen“, sagte der Direktor der Städtischen Museen anlässlich der Vorstellung des Jahresprogramms 2020. „Ich finde aber, eine Kombination aus modernen Präsentationsmöglichkeiten und menschlichem Kontakt ist der richtige Weg.“ Digitalisierung könne nicht das alleinige Erfolgsrezept sein, hielt er fest. „Spätestens, wenn alle Museen aussehen wie allerorten Kinderzimmer, Büros oder Klassenräume, wird es langweilig und die Aufmerksamkeit sinkt wieder.“
Selbstbewusst ins Jubiläumsjahr
Dass es anders geht, habe das Rosgartenmuseum im vergangenen Jahr bewiesen. Dort setzten die Verantwortlichen auf original Relikte aus dem Alltagsleben der Menschen, die eine starke Ausstrahlungskraft besitzen, so Engelsing. Künftig soll das sinnliche Erlebnis des Museumsbesuchs noch gesteigert werden: In jeder Abteilung soll es Objekte zum Anfassen geben, Schals, Hüte, Accessoires beispielsweise. Der „Zauber des Originals“ soll auch im laufenden Jahr Publikum ins Museum ziehen, vermittelt durch echte Menschen. Die Museen können sich in diesem Zusammenhang über ihre zahlreichen freien, gut ausgebildeten Museumsführerinnen und -führer glücklich schätzen, darunter viele Studierende der Geschichte oder der Kunstgeschichte, lobte Engelsing. Nicht zu unterschätzen sei überdies die Anziehungskraft der denkmalgeschützten Museumsräume, die allein schon den Besuch zum Erlebnis machen.
Innovationen verschließt man sich natürlich nicht: So bekommt das Rosgartenmuseum zum 150-jährigen Geburtstag einen Audioguide geschenkt. Ab 25. Juni kommt dieser zusammen mit Videoclips zum Einsatz, wenn die Jubiläumsausstellung „Schätze des Südens – Kunst aus 1000 Jahren“ startet. Sie zeigt aus der eigenen Sammlung im ganzen Haus und im Sonderausstellungssaal Gemälde und Skulpturen bedeutender süddeutscher Meister, frühe Buchkunst, Glas-, Gold – und Silberarbeiten sowie historische Zeugnisse aus 1000 Jahren Geschichte des Bodenseeraums. Auch die Dauerausstellung wird im Zuge des Jubiläums überarbeitet, kündigte Engelsing an. Neu findet die „Biedermeier-Idylle am Bodensee“ Eingang in die Ausstellung sowie die „Anfänge des Tourismus“. Zudem können sich die Gäste im kommenden Jahr auf verschiedene Vermittlungsangebote freuen, beispielsweise, die „Museenioren“, einen unterhaltsamen Nachmittag für Menschen über 60, der einmal pro Monat stattfindet, oder den „Kunstclub“, der regelmäßig Einführungen in eine Kunsttechnik oder ein Thema bietet.
Ebenfalls zu sehen sein werden die „Konstanzer Kostbarkeiten“. Verschiedene Exponate, vom kleinen Rosenkranz über die Biedermeier-Brosche bis zum großen Gemälde, konnten dank spendabler Restaurierungs-Paten aufwendig instandgesetzt werden.
Museumschef Engelsing hat außerdem ein Buch zum Geburtstag geschrieben. „Leiners Erben“ erzählt die Geschichte einer Bürgerfamilie und ihres Lebenswerks in dramatischer Zeit. Gegründet wurde das Museum 1870 vom Apotheker Ludwig Leiner. Mit seinem Leiterwagen rettete er unzählige Objekte vor der Vernichtung und stellte sie in der „Altertumshalle“ aus. Seine Nachfahren führten das Museum ehrenamtlich weiter. Erst 1955 bekam Sigrid von Blanckenhagen (geborene Leiner) als Konservatorin ein städtisches Gehalt. Heute zählt das Rosgartenmuseum zu den bedeutendsten kunst-und kulturhistorischen Museen im Bodenseeraum.
Kampf für die Kunst
In der städtischen Wessenberg-Galerie sind ab 9. Mai zehn deutsche Malerinnen vom Bodensee zu sehen. Die Ausstellung erzählt Emanzipationsgeschichten, war doch Frauen der Zugang zu Universitäten, also auch Kunsthochschulen, bis zur Weimarer Republik verwehrt, wie Dr. Barbara Stark, Leiterin der Galerie, erklärte. Die Zahl professionell arbeitender Frauen war seit dem 19. Jahrhundert gestiegen, doch die Künstlerinnen mussten hart dafür kämpfen. Gertraud Herzger von Harlessem beispielsweise hatte eine Ausbildung an der Itten-Schule in Berlin genossen. Dennoch versuchte ihr Mann, ihre künstlerische Tätigkeit zu unterbinden. Andere Malerinnen waren Autodidaktinnen, wie Ilna Ewers-Wunderwald, die am Bodensee ihr eindrückliches bizarres Spätwerk schuf. „Sie lebte hier im Verborgenen, kein Mensch kannte sie“, sagte Stark. Die Ausstellung deckt Werke aus dem 19. Jahrhundert, der Jahrhundertwende und Nachkriegszeit ab. Ab 12. September sind süddeutsche Impressionisten zu sehen. Rund 80 Gemälde von 30 prominenten oder weniger bekannten Künstlern werden ausgestellt.
Das Naturmuseum, welches im vergangenen Jahr 7616 kleine Gäste bei museumspädagogischen Veranstaltungen begrüßen durfte, will diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Ab 28. März lädt hier die Sonderausstellung „Schätze unter dunklem Tann – Minerale des Schwarzwaldes für Kinder und Junggebliebene“ zur Entdeckungstour ein. „Die Kinder können mit Taschenlampen in Felsspalten leuchten, ganz wie auf einer Bergtour“, verdeutlichte Museumsleiterin Martina Kroth. „Sie erfahren Wissenswertes, das auch für Erwachsene interessant sein dürfte. Etwa, dass im Schwarzwald heute noch Schwerspat abgebaut wird, um in der Medizin als Kontrastmittel zum Einsatz zu kommen.“
Im Hus-Haus steht das „Hussitische Tábor“ von Mai bis Oktober im Mittelpunkt. Die tschechische Partnerstadt von Konstanz feiert dieses Jahr ihr 600-jähriges Jubiläum.
Stefan Böker (Text und Bild)
Im Bild von links nach rechts: Martina Kroth, Leiterin des Naturmuseums, Dr. Barbara Stark, Leiterin der Wessenberg-Galerie und der Direktor der Städtischen Museen, Tobias Engelsing, neben einem Portrait des Gründers des Rosgartenmuseums, Ludwig Leiner.