Mitgliedsnummer 4630
Es soll immer noch Leute geben, die der Überzeugung sind: „Singen kann der Grönemeyer nicht“. Doch dem kann das sowas von egal sein, denn er füllt seit langen Jahren alle Stadien und Hallen zwischen Flensburg und Konstanz, verkauft Platten wie kaum ein anderer und surft seit nunmehr 27 Jahren ganz oben auf der Woge des Erfolgs. Am 24.6. gibt er im Bodensee-Stadion ein Konzert.
Kürzlich wurde Grönemeyer 55 Jahre alt und ein Ende seiner Musikkarriere ist nicht absehbar. Geboren wurde er am 12.April 1956 in Göttingen, aber schon bald zog die Familie mit den insgesamt drei Söhnen Dietrich, Wilhelm und Herbert nach Bochum.
Die musikalische Ader von Mutter Grönemeyer war wohl dafür verantwortlich, dass die Knaben alle Klavierunterricht bekamen. Herbert G. verdiente sich bereits während seiner Schülerzeit ein wenig Geld als Pianist am Bochumer Schauspielhaus dazu, wo er mit seinem Schulfreund Claude-Oliver Rudolph auftrat, der heute ein bekannter Schauspieler ist und dabei gerne den pockennarbigen Schurken gibt.
Die Theaterluft schmeckte dem jungen Grönemeyer und so dauerte es nicht lange, bis er als Darsteller auf der Bühne stand. Eine Schauspielschule hat er zwar nie besucht, bekam aber dennoch immer öfter Rollen in Fernsehfilmen. Die Musik hatte er dennoch nicht ad acta gelegt und 1978 kam seine erste Platte mit der Jazzrock-Formation „Ocean Orchestra“ heraus, bei der Grönemeyer den Gesang beisteuerte. Ganz ordentlich klang der Sound, aber Erfolg sieht anders aus. Ein Jahr später erhielt sein Solo-Debütalbum Grönemeyer die „Goldene Zitrone“ für das hässlichste Cover des Jahres. Sein zweites Album Zwo verstaubte weitgehend in den Plattenläden.
Sehr viel besser lief es für ihn weiterhin vor der Kamera. Er bekam 1981 eine größere Rolle in Wolfgang Petersens Film Das Boot und spielte dabei mit TV-Ikonen wie Jürgen Prochnow, Heinz Hoenig und Uwe Ochsenknecht. Mag sein, dass ihn sein musikalischer Misserfolg gewurmt hat und er einfach wissen wollte, ob da nicht doch was geht. Er präsentierte Stücke, die heute für seine Fans Klassiker sind: Musik nur wenn sie laut ist oder Currywurst. Doch wieder nichts: Eine anschließende Tournee wurde zum Flop. Grönemeyer aber gab nicht auf, wechselte die Plattenfirma und 1984 kam dann endlich der so lange ersehnte Durchbruch.
Das Album 4630 Bochum boomte und und wurde zur erfolgreichsten Scheibe des Jahres. Lieder wie Männer oder Bochum sind längst Kult und machten Grönemeyer mit seinem Reibeisenorgan quasi über Nacht zum Star. „Zwischendrin“ nahm er mal wieder eine Filmrolle an und spielte mit Bruno Ganz, Julie Christie und Burt Lancaster unter der Regie von Bernhard Sinkel in „Väter und Söhne“. 1986 kam seine Platte Sprünge in die Läden. Grönemeyer, sowieso kein Mainstream-Typ, bezog nun auch politisch Stellung und machte Front gegen die konservative CDU-FDP-Koalition unter Kanzler Helmut Kohl. Selbstredend, dass er 1986 bei einem Protestfestival gegen den atomaren Wahnsinn im oberpfälzischen Burglengenfeld auftrat und über 100 000 Fans begeisterte.
Schlag auf Schlag folgten Hits wie Halt mich – Vollmond – Was soll das und viele andere mehr. 1993 heiratete Herbert Grönemeyer seine langjährige Lebensgefährtin Anna Henkel, mit der er zwei Kinder hat. Mit dem Album Chaos stürmte er die deutsche Hitparade und mehr als 600 000 Menschen bejubelten ihn auf der dazugehörigen Tour. 1998 zog er mit seiner Familie nach London und fast gleichzeitig erschien Bleibt alles anders. Was der Sänger, der angeblich nicht singen kann, auch anfasste – es gelang ihm. Dann aber folgten zwei schwere Schicksalsschläge, die ihn fast in die Knie zwangen. Am 3.November 1998 starb sein Bruder Wilhelm und zwei Tage später seine Frau Anna. Grönemeyer zog sich längere Zeit zurück und brauchte fast ein Jahr, bis er den Schmerz halbwegs überwunden hatte. Er verglich den Tod seiner Frau mit einem schweren Unfall, nach dem er erst wieder habe laufen lernen müssen.
2002 brach er mit dem Album Mensch mehrere Rekorde. Schon lange vor der Veröffentlichung gab es so viele Bestellungen, dass die Scheibe vorab mit Platin geadelt wurde. Die daraus ausgekoppelte Single war Grönemeyers bislang größter Erfolg. 2006 trat der bekennende Fußballfan dem Fußballclub seiner Heimatstadt Bochum bei und erhielt – als Anspielung auf sein Album 4630 Bochum – die Mitgliedsnumer 4630. Schon seit Jahren schallt bei Spielen des VfL Bochum vor dem Anpfiff Grönemeyers Song Bochum über den Rasen. Geholfen hat es dem Verein aber nicht, die Bochumer verpassten neulich den Wiederaufstieg in die Erste Bundesliga knapp.
Grönemeyer engagiert sich neben der Bühne auch im sozialen Bereich. Er sammelt Spendengelder für Afrika und ist Teil der Kampagne „Deine Stimme gegen Armut“.
Anfang Februar stellte der rockige Ruhrpottpoet seine Single Schiffsverkehr vor, den Titelsong seines neuen Studioalbums, das Mitte März erschienen ist und sich umgehend in den Top 10 der deutschen Charts etablierte. Seit Ende Mai segelt Grönemeyer mit Schiffsverkehr durch große Stadien in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bei seiner Tour legt er am 24.6. auch im Konstanzer Bodensee-Stadion an. Der Vorverkauf läuft und die Karten tief im Südwesten werden knapp.
Autor: Archiv/hr
Und ich will den fehlenden Punkt und das kleine ü haben!
Und das fehlende Komma – krieg ich das auch? Bitte! Man weiss nie, wozu man es brauchen kann.
Die gefundenen Rechtschreibfehler dürfen Sie gerne behalten
Aber „das“ und „dass“ unterscheiden, das kann nicht jeder.
Und who the taz is Herbert?
Ach Herr Venedey,
nen 4 Jahre alten Artikel aus der Faz kopieren dass kann doch jeder.
Im übrigen hätte ein Link auch schon gereicht, allein der Übersicht wegen.
Who the faz is venedey?
Dümmer als Grönemeyer geht’s wirklich nicht!
Warum? Erklärung folgt:
EBERHARD RATHGEB, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 4.3.2007
Ich habe mir eben das neue Album von Grönemeyer gekauft, und der Tag ist hin. Ich sehe es kommen, ich werde werde den ganzen Tag nun Grönemeyer hören. Sobald angesagt ist, dass ein neues Grönemeyer-Album erscheinen wird, wartet ganz Deutsch-land auf dieses Album, und wenn ES dann da ist, rennt ganz Deutschland in die Läden und kauft. Der Volkssänger singt, wieder.
Das neue Album heißt „Zwölf“, das hat sich nun schon bundesweit herumgesprochen. Der minimalistische Titel meint einerseits: Das ist sein, Herbert Grönemeyers, zwölftes Album. Andererseits: Auf diesem Album sind zwölf Lieder drauf. Einerseits vielleicht auch: Es ist, gesamtmental gesehen, kurz vor zwölf Uhr mittags. Andererseits: Wir halten zusammen wie die zwölf Apostel beim letzten Abendmahl. Wer weiß.
Auf Grönemeyer-Lieder gibt es Keinen Pfand, man kann sie nicht zurückgeben. Sie bleiben über dem Land hängen. „Zieh deinen Weg“ heißt eines der neuen Lieder. Man liegt abends wach im Bett und denkt darüber nach, ob man seinen Kindern wirklich alles Gute mit auf den Weg geben kann und was das Gute denn so sei. Da geht die Tür auf, Grönemeyer tritt ein und sagt es mir: alles Gute.
Ich habe ein sauschlechtes Gedächtnis, seit zwei Tagen versuche ich, dieses Lied auswendig zu lernen. Nicht nur Eltern, ein ganzes Land versteht sich besser, seit das Album auf dem Markt ist.
Ein Vater sagt zu seinem Sohn, eine Mutter sagt zu ihrer Tochter: Zieh deinen Weg. Darüber kann ein Grönemeyer-Anfänger stolpern: Zieh deinen Weg? Heißt es nicht: Zieh deines Weges? So geht es aber auch nicht. Denn soll man etwa zu seinem Kind sagen: Hau ab?
Das ist nun ein echter Gröne¬meyer. Zieh deinen Weg heißt: Zieh dein Ding durch (aber nicht: zieh deines Dinges durch oder hau dein Ding durch). Die Botschaft auf den ersten Blick ist: Der Weg, den man geht, ist das Ding, das man durchzieht.
Da aber nicht jedes Ding, das man als Jugendlicher durchziehen kann (Autodiebstahl, mit Drogen dealen), auch der rechte Weg ist, muss Grönemeyer dazu noch was Erläuterndes sagen. Ein ganzes Lied wird deshalb notwendig.
Andere Dichter setzen sich vor den Mond und sagen: Der Mond ist aufgegangen. Aus dieser korrekten Beobachtung folgen erst einmal keine weiteren Notwendigkei¬ten, weshalb viele junge Leute Probleme mit der Lyrik haben. Bei Grönemeyer läuft das so, dass er erst an die Leute denkt und dann an die Lyrik. Erst denkt und hört er sich in die Leute hinein, und dann versucht er, mit einem Text aus den Leuten wieder herauszu-kommen. Er sagt es selbst in diesem Zieh-Lied: „Wenn dir die Worte verlorengehn und dann / nimm die, die grad im Weg rumstehn, denk daran“.
Tatsächlich höre ich keine Grönemeyer-Lieder, niemals. Ich kann das Grönemeyer-Lied letztlich psy¬chisch nicht verkraften. Ein Grönemeyer-Lied bis zum Ende zu hö¬ren würde für mich bedeuten: vor mir selbst zu kapitulieren, weil Grönemeyer ja schon immer alles gesagt hat, was es zu sagen gibt: „Lass dir niemals dein Lachen stehln / auch wenn dir; manchmal die Gründe fehln“. Stehln – fehln, das kann man nicht toppen (Lass niemals dein Lachen fehln, auch wenn sie dir die Gründe stehln, funktioniert halt nicht so ganz).
Im Auto stelle ich das Radio sofort aus, sobald ein Grönemeyer-Lied gespielt wird, wenn ich mir auch mit Grönemeyer sage (er er¬wischt einen überall): „Sei aus Un-sicherheit nicht arrogant / hab im¬mer Mitgefühl als Unterpfand“. Höre ich Grönemeyer, zieht es mir sofort die Seele in eine Art Bo¬chumer Barock-Duselstrudel hin¬ein. Vielleicht ist aber gerade das der Grönemeyer-Anteil in mir, der aus mir heraus und ins Radio zu Herbert will: „Wer die Wahrheit kennt / ist niemals überlegen“. Wer kennt sich schon, trotz oder wegen der Grönemeyer-Lieder, selbst.
Grönemeyer hat im Grunde genommen nur drei Ansprechpart¬ner: ich (er selbst), du (meistens die andere) und (ihr/wir) alle. Zwi¬schen den dreien besteht kein auf¬fallendes Gefälle. Bei ihm lernt man: wie man mit den großen, uns allen gemeinsamen Gefühlen umgeht, wie man den Kopf im Alltag über Wasser hält, wie man zu sich selbst als krummer Nummer geradestehen kann, wie man es eine tolle Weile durch die Welt schafft und dergleichen, auch wenn es nur mit Mühe geht, wie hier: „Binde dich nie an nur eine Idee / verschreib dich nicht nur ei¬ner Idee“: Idee auf Idee, bei Rein¬hard Mey wäre aus der letzten Idee ein Tee geworden. Doch wel¬cher Grönemeyer-Fan trinkt Tee?
Bei Grönemeyer soll keiner das Gefühl haben, dass er im Abseits steht, und wenn er darin steht, dann holt ihn Grönemeyer dort raus. Die Grönemeyer-Welt ist kompakt wie ein VW-Golf, und auch tiefer gelegt.
„Tu nicht ungefragt, was alle tun / Alle hat kein Gesicht“: Was macht die Jugend in einem VW-Golf? Sie rast damit über die Landstraßen des Lebens: „Haust du bereits oder lebst du noch / befindest du dich im Lebensloch / und alles rauscht an dir vorbei“, heißt es in dem Lied „Zur Nacht“ (das ist die Nummer elf, gleich hinter der zehn: „Zieh deinen Weg“, und da merkt man sofort, wie die Lieder¬abfolge aufeinander abgestimmt ist) auf dem neuen Album.
Man muss sich die Jugend im VW-Golf vorstellen, wie sie, dieses Lied zur Nacht singend und auf den Landstraßen einen Sinn suchend, durch eben diese Nacht rast: „dies ist das Lied zur guten Nacht / zieh den Stecker raus / wende dich an die Dunkelheit / denn sie kennt sich aus“.
Die Dunkelheit kennt sich aus? Das ist auch so eine der berühm¬ten uneinsichtigen dunklen Grönemeyer-Kurven, die in den Texten mit einem Mal auftauchen wie auf den in der Nacht liegenden Landstraßen ein Reh, das von der einen Straßenseite zur anderen rennt. Die Jugend im VW-Golf denkt .noch: Was macht das doofe Reh auf der Straße, und schon ist es weg in der Dunkelheit, die sich besser auskennt, auch mit Rehen. „Deine Nerven rebellieren / weil sie ein raues Dasein führen / und Rücksicht ist ein leeres Wort“: Mensch Grönemmeyer, singt die im Golf dahin rasende Jugend, genau so ist es! So nahe kann ein gefühlsstarker aber auch mahnender Liedermacher der wackligen Seele der Jugend sein, die ihn versteht, weil er Deutsch singt.
Grönemeyer lässt keinen, der den Regen kennt, allein im Regen warten. Bei ihm ist nie alles verloren. Er singt für das ganze Volk: Ich, du, alle – die drei sind bei ihm eins. Das kann man die herbertsche Dreifaltigkeit nennen, die mit dem Erscheinen des Zwölfer-Albums wieder über dem Land wie ein Regenbogen aufgegangen ist – als hätte er, Grönemeyer, mit den Menschen dort unten erneut seinen Verständnisbund besiegelt: „Vertritt deinen Punkt / Aber zeug immer von Respekt“. Hieß es nicht einmal: Respekt bezeugen? Und wie vertritt man einen Punkt?
Komme nun einer und mäkele daran herum. Komme nun einer und sage, das sei alles Quatsch, was Grönemeyer hier, vor allem vom Wegeziehen, zu sagen hat. Übers ganze Land hin summen alle mit Grönemeyer. Ich nicht.
Ich werde den Text von „Zieh deinen Weg“ nicht auswendig ler¬nen, habe ich mir eben überlegt. Ich kann „Der Mond ist aufgegan¬gen“, das reicht.
Mir wird bei den Grönemeyer-Liedern ganz blümerant, wenn ich an das psychische Dürsten im Lande denke, das Grönemeyer mit sei¬nen Notdienstliedersprüchen zu lindern kommt. Aber wenn die Kirchen leer stehen? Wenn im Fernsehen und im Kino der Mist haushoch liegt? „Sei bereit zum Kompromiss“: Man kann auf Grö¬nemeyer mit Grönemeyer antworten. Er hat die neue Leutelyrik erfunden – es sieht so aus, als sei er einer nicht nur von uns, sondern aus uns.
Ich aber lasse mir ungern in mein Leben so massiv hinein singen: „Zier dich nicht / Irrtum ist keine Falle“. Anderen mag das an¬ders ergehen, andere haben in ihren VW-Golfs auf den Landstraßen ihre besonderen Glücksgefühle. Ich ziehe auf anderen Wegen, ich bin kein Teil des Grönemeyer-Ganzen. Bei mir bleibt da eine Wunde zurück – meine ganz persönliche Grönemeyer-Wunde.
Passend ist Wiglaf Droste: „Herbert kann nicht tanzen“
http://www.youtube.com/watch?v=PI0P4KbyHxY
Ach, der SeeMoz jetzt als Fanzine. Hätte ich nicht gedacht. Was die Tickets angeht würde ich mir nicht so viele Sorgen machen. Die Konzerte der Tour waren fast alle nicht ausverkauft. Kein Wunder – bei diesen Preisen überlegt man sich das drei Mal. Sollte KN da eine Ausnahme sein? Vielleicht, Geld gibt’s am See ja wohl genug und die typische Grönemeyer Klientel ist ja auch eher gut betucht.