Neue DeutschlehrerInnen braucht das Land
Ohne Deutsch-Kenntnisse keine Integration. Richtig. Aber wie solche Kenntnisse vernünftig vermitteln? Mit Grammatik-Pauken, wie es Deutschlehrer seit Menschengedenken redlich pflegen, klappt das leider nicht. Doch wie funktioniert es wirklich besser? Das Buch von Ingrid Maurer, das Anfang April in 2. Auflage erschienen ist, sorgt für Abhilfe: „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ).
„Warum Migrantenkinder (man könnte aktuell auch sagen: Flüchtlingskinder) es mit der deutschen Sprache so schwer haben – und was Lehrer und Lehrerinnen dagegen tun können“ – so der Untertitel des 175-Seiten-Buches in Din-A-4-Format. Da erfährt man dann den Unterschied zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit des Sprachenlernens, lernt etwas über Wortschatzarbeit oder über interkulturelle Kompetenz.
Unter der spaßigen Überschrift „Zwanzig Vorschläge, wie man Sprachenlernen verhindert“ erleben wir, was uns immer schon auch an unserem eigenen Deutschunterricht genervt hat: „Machen Sie einen systematischen Grammatikkurs“ oder „Reden Sie mit dem Kind nicht natürlich, sondern in einfachster, reduzierter Sprache“ oder „Verbieten Sie dem Kind die Muttersprache“. Dass Sprachenlernen besser funktionieren kann, lernt auch der Lehrende mit diesem Buch.
Mehr über fremde Sprachen lernen
Und dass Thailänder zum Beispiel enorme Probleme mit dem deutschen Z-Laut haben und deshalb eine ganz andere Lippenstellung erst noch lernen müssen, oder dass es wenig erfolgversprechend ist, mit Sprachanfängern die vier deutschen Grammatikfälle zu bimsen, wenn deren Muttersprache den Kasus gar nicht kennt. Es braucht also mehr Kenntnisse über ausländische Sprachen und Schriften, als dass man im Arabischen von rechts nach links schreibt. Auch solche Erkenntnisse verschafft dieses studierenswerte Buch.
Fotos zu Lernbeispielen, Grafiken zu Arbeitsblättern und Wort-Bildkarten illustrieren das Buch, das mehr als eine bloße Lernanleitung, mehr als eine Unterrichtshilfe ist. Es ist eine Einführung in die wundersame Welt der Mehrsprachigkeit, in der „Foreigner Talk“ kontraproduktiv ist und ein „Sprachbad“ völlig andere Chancen des Spracherwerbs eröffnet. Oder wussten Sie, dass Sprachlerner mit einem „Visuellen Diktat“ sogar Lokalpräpositionen (Ortsangaben) üben können? Oder dass man mit Gedichten mehr machen kann, als sie zu interpretieren, abzuschreiben und auswendig zu lernen?
Sogar über theaterpädagogische Wege, Sprachen spielend zu lernen, berichtet dieses Buch. Und auch über Erfahrungen von Eltern fremdsprachiger Kinder oder Lehrern mit Migrationshintergrund, die ihre eigenen-eigentümlichen Erfahrungen mit dem deutschen Bildungssystem gemacht haben, informiert Ingrid Maurer in eindrucksvollen Interviews.
Sprachunterricht – eine Frage der Kompetenz
Das Kultusministerium in Düsseldorf hat jüngst neun Millionen Euro für den Deutschunterricht als Zweitsprache bereit gestellt – bei der Erfolgskontrolle stellte man dann fest, dass eine Speditionsfirma zum Beispiel ihre ausländischen Fahrer als Deutschlehrer verdingt hatte, was monatelang nicht auffiel, oder dass längst pensionierte Dorfschullehrerinnen ihren Unterricht von Annodunnemals anboten, was null Lernerfolg bescherte.
Nein – nötig sind neue Methoden und andere Kompetenzen im Deutsch-Unterricht, die zur flotten Integration verhelfen. Das Buch „Deutsch als Zweitsprache“ gibt dazu wertvolle Hinweise, wie neue, lernwillige DeutschlehrerInnen diesem Land und der Integration der Neuankömmlinge guttun könnten..
hpk
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09.04.13 | DaZ – Kürzel für erfolgreiche Integration
„Deutsch als Zweitsprache“, 2. erweiterte Auflage, erschienen in der Reihe Meckenbeurer Schriften des Seminars für Didaktik und Lehrerbildung, ISBN: 978-3-00-052301-4, Preis: 24 Euro, erhältlich in Fachbuchhandlungen (z.B. „Zur Schwarzen Geiss“, Konstanz, Obermarkt; Buchhandlung Kuhn, Meersburg, Steigstraße; Buchhandlung Wälischmiller, Markdorf, Am Stadtgraben) oder unter: Ingrid.Maurer@gmx.de. Infos: www.daz-in-der-schule.de
Ja, wo denn, lieber Herr Vanselow? Nennen Sie Ross und Reiter, denn Nebelkerzen helfen nicht weiter. Und für Sie als Lektor dürfte das schon im Interesse Ihres Arbeitgebers von Vorteil sein. Wir sind für Literatur-Empfehlungen immer sehr dankbar. hpk
Sicher ein verdienstvolles Buch von Ingrid Maurer. Ganz hinter dem Mond sind die gängigen Lehrwerke für Deutsch als Zweitsprache allerdings nicht: Sie folgen sämtlich dem kommunikativ-handlungsorientierten Ansatz, der andere Methoden wie die Grammatik-Übersetzungs-Methode längst abgelöst hat.