Premieren-Feuerwerk zum Wochenende

20121001-225034.jpgAlles neu beim Stadttheater Konstanz: Neue Saison, neue Spielorte, drei Premieren an den nächsten drei Wochenendtagen. Da das große Haus bis mindestens Mitte November noch umgebaut wird, weichen Christoph Nix und seine Theaterkünstler ins Aus- und Umland aus – nach Kreuzlingen und Schaffhausen, zur Reichenau und an den Seerhein zum Beispiel. Doch das hemmt ihren Spieleifer nicht: Mit wahrer Veranstaltungs-Furore startet die neue Saison.

Mit einem Umzug über die Grenze und getreu dem Spielzeit-Motto „Borderline – Deutsche Heimat Schweizer Berge“ läuten die Theaterleute am kommenden Samstag, 6.10., die Spielzeit ein. Los geht es aber schon am Freitag, 5. Oktober: Um 18.15 Uhr bereits eröffnet Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger gemeinsam mit Intendant Christoph Nix in der Dreispitzhalle Kreuzlingen offiziell die neue Spielzeit. Und da gibt es um 20 Uhr auch die erste Premiere:

Theater ohne Worte…

…mit DIE STUNDE DA WIR NICHTS VONEINANDER WUSSTEN von Peter Handke unter der Regie von Martin Stiefermann. Die Konflikte um deutsche Einwanderer in die Schweiz erwecken immer öfter den Anschein, als seien sich Deutsche und Schweizer fremd. Dabei sind sie einander ähnlicher als ihnen lieb ist. Sprache und Kultur unterscheiden sich bei genauerem Hinsehen nur im Detail. Was aber bringt Schweizer wie Deutsche immer wieder dazu, misstrauisch die Unterschiede hervorzuheben? Statt nach Gemeinsamkeiten zu suchen, betonen sie das Fremde und belegen es mit Vorurteilen.

Ausgehend von Handkes sprachlosem Stück haben acht Tänzer und Schauspieler gemeinsam mit 15 Statisten eine bilderreiche Szenencollage entwickelt (s. Foto). Ohne gesprochenen Text werden die Körper zum Ausdrucksmittel für Gemeinsamkeit und Ausgrenzung, menschliche und kulturelle Grenzen werden untersucht.

Weitere Termine: 06.10., 10.10., 13.10., 16.10., 18.10., 24.10., 27.10. um 20 Uhr; 12.10., 26.10. um 19.30 Uhr; 14.10. um 18 Uhr; 17.10. um 15 Uhr

Vom Missverstehen zwischen Schweizern und Deutschen

Und in der Dreispitzhalle geht es am folgenden Samstag, 6.Oktober, um 17 Uhr weiter mit einer Podiumsdiskussion unter dem bizarren Titel GARTENZWERG ODER GOLDBARREN? Auf dem Podium sitzen Jürg Altwegg (Redakteur der FAZ in Zürich), Urs Altermatt (Schweizer Historiker), Martina Voss-Tecklenburg (deutsche Trainerin der Schweizer Frauen-Fußballnationalmannschaft), Andreas Köhler-Andereggen (deutscher Pfarrer in Zürich Saatlen), Christoph Nix (Intendant Theater Konstanz). Die Moderation macht Wolfgang Koydl (Süddeutsche Zeitung).

Bob Dylan im Engelskostüm

Auf deutscher Seite, im Zentrum für Psychiatrie Reichenau, wird es ebenfalls am 6. Oktober schon weihnachtlich: Christian Lugerth inszeniert LAMETTA von Fitzgerald Kusz.

In seiner aktuellen Komödie wendet sich Kusz wieder seinem Lieblingsthema zu, der deutschen Familie, diesmal in Form der Patchwork-Familie am schönsten und schlimmsten aller Feste – Weihnachten. Regisseur Christian Lugerth kehrt mit dieser Produktion in seine Heimatstadt zurück. Das zeigt sich in seiner Bearbeitung mit zahlreichen Referenzen und Pointen zu und über Konstanz. Hier steht die Konstanzer Familie im Rampenlicht, ihre Einzigartigkeit, ihr Charme, aber auch ihre Schattenseiten.

Das Stück wurde in einer ersten Fassung auf fränkisch geschrieben. Das Theater Konstanz treibt den Wahnsinn der Patchwork-Familie weiter, die nun aus allen Teilen des deutschsprachigen Raums kommt: neben einem Badener und einem Schwaben treten eine Schweizerin und eine Thüringerin auf, die natürlich in ihrem jeweiligen Dialekt oder mit Akzent sprechen. Auch das echt Konstanzerische hat seinen Platz an dem Abend.

Aus der Not eine Tugend machend, zieht das Theater Konstanz mit dieser Produktion durch die Konstanzer Stadtteile: Da bis Mitte November im Stadttheater der Bühnenturm saniert wird, feiert “Lametta” im Festsaal des Zentrums für Psychiatrie Reichenau Premiere und zieht danach jedes Wochenende in eine andere Spielstätte. Gespielt wird in Allmannsdorf, Wollmatingen, Petershausen oder der Altstadt. Das ein oder andere Mal spielt das Ensemble auf kleinstem Raum – instrumentalisiert und begleitet vom Konstanzer Musiker Stephan Gansewig als Bob Dylan im Engelskostüm.

Weitere Termine: Zentrum für Psychiatrie: 07.10.; Hofhalde: 12.10., 13.10., 09.11., 10.11.; Gemeindesaal St. Martin: 20.10., 21.10.; Altes Rathaus Allmannsdorf: 26.10., 27.10.; Restaurant Seerhein: 02.11., 03.11., Stadttheater: 23.11., 24.11., 27.11., 28.11., 30.11., 01.12., 05.12., 06.12., 12.12., 15.12., 21.12., 23.12., 26.12., 30.12.12 und 13.01.13 jeweils um 20.00 Uhr; 07.12.12 um 19.30 Uhr.

Roadmovie auf der Bühne

Die dritte Premiere des Wochenendes bietet am Sonntag, 7. Oktober, um 20 Uhr in der Spiegelhalle das junge theater konstanz mit TSCHICK von Wolfgang Herrndorf unter der Regie von Wulf Twiehaus.

Das ist die Geschichte zweier Jungens auf einer Reise quer durch Deutschland, die nach Freiheit und Abenteuer schmeckt und doch nicht ewig dauern kann. Der 14jährige Maik Klingenberg lebt mit seinen Eltern in einer pompösen Villa. Doch nur nach außen hin scheint alles perfekt. Die Mutter muss zum jährlichen Entzug auf die »Beautyfarm«, der Vater mit seiner Geliebten auf »Geschäftsreise« und Maik bleibt allein zu Hause. Mit zweihundert Euro Taschengeld ausgestattet, sieht er einsamen Sommerferien entgegen, denn Freunde hat Maik keine. Als Langweiler der Klasse hat er nicht einmal einen Spitznamen und zu der großen Geburtstagsfeier der Klassenschönheit Tatjana ist er auch nicht eingeladen.

Da steht auf einmal Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, vor Maiks Haustür, mit einem geklauten Lada. Tschick ist gerade erst neu in die Klasse gekommen, ein gebürtiger Russe aus der Hochhaussiedlung. Maik kann ihn nicht leiden, steigt aber trotzdem in den Wagen. In die Walachei soll es gehen, zu Tschicks Familie, doch schon bald fahren sie einfach drauf los, querfeldein, der Sonne und den Bergen entgegen, die Fenster herunter gekurbelt und die Freiheit genießend. Bis ein schwerer Unfall sie wieder in die Realität zurückholt.

Wolfgang Herrndorfs Roman »Tschick« wurde mit dem Jugendliteraturpreis 2011 ausgezeichnet und von Robert Koall für die Bühne bearbeitet. Derzeit wird das Stück an zahlreichen Bühnen überall in Deutschland gespielt – Zuschauer schon ab 13 Jahren sind den Theaterleuten willkommen.

Weitere Vorstellungstermine: 10 Uhr: 17.10./ 24.10./ 26.10. ; 15 Uhr: 21.10.; 19 Uhr: 11.10./ 16.10./ 18.10./ 30.10./ 31.10. ; 19.30 Uhr: 23.10./ 25.10.; 20 Uhr: 12.10./ 13.10./ 14.10./ 20.10./ 27.10./ 28.10./ 2.11./ 3.11.

Autor: PM/hpk

Weiterer Link:

„Konflikte erhofft“ – die neue Theater-Spielzeit will provozieren