Regionale Veranstalter sagen Nein zu Xavier Naidoo
Der Sänger ist seit geraumer Zeit abgesackt in eine finstere Wahnwelt. Er sympathisiert mit rechtsradikalen Reichsbürgern und der rassistischen QAnon-Bewegung. Über seinen Telegram-Kanal verbreitet er fast täglich extremste Verschwörungstheorien und ruft zum Widerstand gegen die „Corona-Diktatur“ auf. Naidoo glaubt zudem, dass die Erde eine Scheibe sei und Eliten das Blut entführter Kinder trinken, um ewig jung zu bleiben. Naidoo gibt aber auch noch Konzerte. Wir haben bei bekannten Konzertveranstaltern nachgefragt, ob sie ihn verpflichten würden. Hier die Antworten.
„Ein Konzert mit Künstlern wie Xavier Naidoo unterstützen wir entschieden nicht. In solchen Krisen- und Pandemiezeiten, in denen den Menschen sehr viel abverlangt wird, übernimmt Naidoo, als deutschlandweit und durch alle Milieus geschätzter und beliebter Künstler, keine Verantwortung. Viel mehr versucht er aus uns unerklärlichen Gründen, mit Verschwörungswirrwar andere Menschen zu manipulieren. Unsere Unterstützung als Veranstalter erhält er deshalb nicht und wir sagen deshalb entschieden „Nein“ zu Xavier Naidoo und seinen haltlosen Behauptungen.“
Dieter Bös und Xhavit Hyseni, www.kokon-entertainment.de
„Was uns betrifft: Der Kerl kommt nur über unsere Leichen auf eine unserer Bühnen. Solch einem Menschen darf man nicht von der Bühne aus eine Plattform bieten, um seine kruden Ideen zu verbreiten. Inhaltlich muss man nicht näher auf diesen Typen eingehen, denn seine „Ideen“ und seine Äußerungen sind soweit daneben, dass sich unter zivilisierten Menschen jede Diskussion erübrigt. Es mag ja schon sein, dass man mit Xavier-Naidoo-Konzerten Geld verdienen kann, aber man sollte auch ein bisschen Selbstachtung haben und sich überlegen, WAS man veranstaltet. By the way: Wir möchten auch keinen Michael Wendler veranstalten und keinen Kochkurs mit Attila Hildmann durchführen.“
Berthold Honeker und Michael Baur, Tuttlinger Hallen, www.tuttlinger-hallen.de
Auch Armin Nissel (Kolo/Konzertlogistik Konstanz) hat eine klare Meinung. Ob er ein Konzert mit Naidoo veranstalten würde? „Nein. Seine Äußerungen sind extrem fragwürdig, seine neueren Texte äußerst kryptisch. Ungute Richtung.“ Nissel betrieb zusammen mit Dieter Bös fast 40 Jahre lang die Konzertagentur KoKo. Die beiden organisierten unter anderem das beliebte Konstanzer Zeltfestival und „Rock am See“. Zwei Events, die von vielen Musikfans immer noch schmerzlich vermisst werden.
www.Konzertlogistik.com
Wir haben auch andere Konzertveranstalter aus dem Südwesten um Stellungnahme gebeten: Karo Event aus Emmendingen, die Naidoo für den 25.7.2021 verpflichtet haben. Dazu Vaddi Concerts (Freiburg/Tübingen), Music Circus (Stuttgart) und Allgäu Concerts (Kempten), eine Agentur aus der Nähe von Kempten, die Xavier Naidoo für ein Konzert am 24.7.2021 ins Salemer Schloss holen. Auf deren Seite findet man kein Wort über Naidoos (w)irre und auch gefährliche Ansichten. Vielmehr das: „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbinden sich bei jeder Tournee von Xavier Naidoo zu einem besonderen musikalischen Erlebnis“.
Antworten von all diesen Kulturvermittlern haben wir keine erhalten. Was Naidoo seit Jahren an Absurditäten von sich gibt, scheint die Herren nicht zu interessieren, Hauptsache, der Ticketverkauf füllt zumindest Allgäu Concerts und Karo Event die Taschen, denn Naidoo ist immer noch ein Garant für meist ausverkaufte Konzerte.
H. Reile (Foto: © JCS, eigene Bearbeitung)
Schon in diesem Sommer sollte ein Auftritt von Xavier Naidoo im Salemer Schloss stattfinden. (Wegen Corona wurde er kurzfristig abgesagt). Als im Frühjahr die Werbekampagne für das Konzert begann, schrieb ich das Salemer Schloss an und fragte, ob man keine Probleme damit hätte, diesem Wirrkopf eine Bühne zu bereiten. Daraufhin teilte man mir mit, dass man keine Handhabe dafür habe, da die Verantwortung in den Händen der veranstaltenden Agentur „Allgäu Concerts“ läge. Meine darauf folgende, gleich lautende Anfrage bei dieser Agentur blieb ohne Antwort.
Abgesehen davon stellt sich die Frage, warum das Salemer Schloss als Hausherr überhaupt einen Vertrag mit „Allgäu Concerts“ abzuschließen bereit war, wo doch schon damals allseits bekannt war, um wessen Geistes Kind es sich bei Xavier Naidoo handelt. Aber wahrscheinlich dürfte es sich auch hier um das gleiche Phänomen handeln, das unserem entfesselten Kapitalismus generell zu Grunde liegt: Wo „Kohle“ winkt, entfällt jeder Skrupel.
Welche Veranstalter würden ihn denn zu einer Diskussion einladen oder eine Veranstaltung abhalten, die sich mit seinen Thesen beschäftigt?
Wichtiger als Auftritte von Naidoo nicht zuzulassen wären Veranstaltungen die aufklären anstatt zu denunzieren. Klar kann ich sagen, dass X.N. ein gestörter Irrer ist und Lügen verbreitet. Aber genau das sagen seine Unterstützerinnen auch über die hiesigen Politikerinnen und Forscherinnen. Und beides verhärtet lediglich die Fronten und bestätigt die jeweils gegnerische Fraktion. Zudem sorgt der ausschließlich satirische Umgang und das Nicht-Ernst-Nehmen solcher Dinge zu einer Verharmlosung des Inhaltes und der Menschen die dahinter stehen.
Eine fachlich untermauerte und neutrale Bewertung seiner Argumente bzw. der nötigen Gegenargumente sind von Nöten. Alles andere führt lediglich dazu, dass sich das „Problem“ X.N. in den Untergrund verlagert und sich dann dort irgendwas heraus bildet und dann ggf. mit großem Knall irgendwann zum Vorschein kommt. Dann haben die großen Medien wieder nichts davon gewusst, der seemoz kann schreiben, dass er davor gewarnt hätte und wir können wieder Mahnwachen abhalten. Und aus Wehret den Anfängen haben die entscheidenden Stellen wieder einmal nichts gelernt.
Und dies kann kein Mensch mit Vernunft, Verstand und Empathie wollen.
(X.N. steht hier nur sinnbildlich für all die anderen Propheten verschwörungstheoretischen Inhalts.)