Schwarz auf Weiß
Günter Wallraff, seit 40 Jahren als Enthüllungsjournalist unterwegs, ist für seinen Film „Schwarz auf Weiß“ ein Jahr lang in der Rolle des Somaliers Kwami Ogonno durch Deutschland gereist. Und dabei immer wieder auf Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit gestoßen. Über seine Erfahrungen als „Schwarzer“ unter Spießbürgern berichtet er im Konstanzer Stadttheater, zeigt Ausschnitte seines Films und stellt sich der Diskussion. Ein spannender Abend steht da ins Theaterhaus.
Wallraffs neuester Film (links im Foto der Filmemacher) blieb nicht ohne Kritik. In Deutschland lebende Afrikaner bemängelten, dass Afrikaner in dem Streifen nicht zu Wort kommen. Aber das war wohl auch nicht Wallraffs Absicht: Er wollte Vorbehalte und Intoleranz der Deutschen im alltäglichen Rassismus zeigen. Etwa, wenn eine Vermieterin den wohnungssuchenden Ogonno abwimmelt und später sagt: „Der war so was von schwarz. Ich war ganz erschrocken“. Zu verdanken sind solche Aussagen einem Regietrick: Zur Wallraff-Mannschaft gehörte ein zweiter, mit verdecktem Objektiv arbeitender Kameramann. Er kommt, wenn Wallraff/Ogonno gegangen ist, und dann wird unter deutschen Dächern Tacheles geredet.
Auch als Kwami in einen „Gebrauchshunde-Verein“ eintreten will. Plötzlich gibt es einen Aufnahmestopp, und die Gebühren schnellen in die Höhe. Nach Kwami kommt eine Frau mit Hund, es gibt keinen Aufnahmestopp mehr und keine Mondpreise mehr. Voraussehbar war, dass es beim Zusammentreffen mit Fans beim Fußballspiel Dynamo Dresden gegen Energie Cottbus hart zugehen würde. Ohne Polizei wäre Kwami von einem der „Deutschland-den-Deutschen“-Schreihälse womöglich ein Leid zugefügt worden.
Szenen in einem Uhrengeschäft, in einem Camperpark und in einer bayerischen Amtsstube verraten viel über die latente, gemeine Fremdenfeindlichkeit in diesem Land. Da hat einer krauses Haar, ein schwarzes Gesicht – das reicht: „Sarotti-Mohr“, „die leben alle von unserem Geld“, tönt es.
Einmal mehr beweist Wallraff in diesem Film seine Qualitäten als Schauspieler. Ob als Hans Esser 1977 bei der BILD-Zeitung oder als Angestellter im Gerling-Konzern oder eben jetzt als Kwami Ogonno – er schlüpft derart gekonnt in andere Identitäten, dass er stets unerkannt blieb. Wenn auch nicht unbehelligt; gerade in diesen Tagen geht ein Prozess zuende, den eine Großbäckerei gegen ihn angestrengt hatte, deren Arbeitspraktiken er am eigenen Leib erlitten und in Buchform beschrieben hatte. „Ich kann die Gerichtsverfahren nicht mehr zählen“, sagt Wallraff, „aber verloren habe ich keinen einzigen Prozess“.
Am Samstag, 25. Februar, berichtet Günter Wallraff ab 20 Uhr im Stadttheater Konstanz über seine Erfahrungen als „Schwarzer“ in Deutschland, zeigt Ausschnitte seines 80-Minuten-Films und trifft sich zum Gespräch mit dem Intendanten Christoph Nix.
Autor: PM/hpk (mit Material der SZ)
Na ja, die Aktionen von Herrn Wallraff kann man auch in anderem Lichte sehen. In Deutschland leben bekanntlich auch „Original-Schwarze“, die authentisch von Diskriminierungen, Rassismus etc. aus eigener Erfahrung berichten könnten. Wozu bedarf es dann eines weißhäutigen, schwarz angemalten Deutschen, wenn nicht deswegen, weil damit scheinbar die Glaubwürdigkeit der Erkenntnisse erhöht werden soll? Der Durchschnittsdeutsche wird wohl eher einem „schwarzen“ Deutschen glauben als einem schwarzen Schwarzen, der in Deutschland lebt und über Diskriminierungen und Bedrohungen berichtet. Das, was Herr Wallraff da tut, hat einen Geschmack, obwohl es gleichzeitig einigermaßen geschmacklos ist. Seine „Enthüllungen“ sind gar keine, weil jeder, der Zeitung liest, längst weiß, was Schwarzen hierzulande zugestoßen ist oder zustoßen kann. Aber hier „enthüllt“ halt ein schwarz angemalter Deutscher. Noch einmal: dem soll man natürlich eher glauben, als demjenigen, der nicht nur zeitweise, sondern eher sein Leben lang unter seiner Hautfarbe zu leiden hat.
Wenn Herr Wallraff wieder abgeschminkt ist, hat er mit seiner Aktion, die nahe an den Sozialkitsch heranreicht, nicht schlecht verdient. Wollen wir wenigstens hoffen, daß er diesmal das Buch selbst geschrieben hat und nicht wie bei Hans Esser und BILD hat schreiben lassen, sozusagen von der ersten bis zur letzten Zeile. Fragen Sie in diesem Fall mal Hermann L. Gremliza (konkret), wer das Buch geschrieben hat.