Neue Wochenzeitung für Baden-Württemberg

Josef-Otto Freudenreich, 60, Ex-Chefreporter der „Stuttgarter Zeitung“(s. Foto), und fünf Mitstreiter planen ein der kritischen und investigativen Berichterstattung verpflichtetes Medium für Baden-Württemberg: Sie starten am 6. April „Kontext“, eine Internet-Zeitung, aus der einmal pro Woche auch eine vierseitige „taz“-Regionalbeilage entstehen soll. seemoz freut sich über Gesellschaft und wünscht einen „Guten Start“.

Zu Beginn darf man sich u.a. auf Berichte über die Lage nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg sowie die Atompolitik im Ländle gefasst machen. Die Rubrik „Überm Kesselrand“ führt weit über die Landesgrenzen hinaus: „Kontext“ dokumentiert etwa das Leben von Jugendlichen in südafrikanischen Townships in Bildern. „Wir sind aber nicht nur bierernst, sondern haben, bei Gott, auch etwas zum Schmunzeln“, verspricht Freudenreich. So beschäftigt sich „Kontext“ etwa mit dem Stuttgarter „Weinberghäusle“, wo sich auf Einladung der örtlichen IHK gerne Wirtschaftsgrößen oder auch Chefredakteure zum Plausch treffen.

Initiative für Qualitätsjournalismus

Dem Hausblog der „taz“ sagte Freudenreich, dass es sich bei dem Projekt nicht um eine Kampfansage an die Stuttgarter Blätter, also „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“, handele, sondern um eine neue Initiative für Qualitätsjournalismus. Den sieht Freudenreich bei den großen Regionalzeitungen freilich nicht mehr in guten Händen: Ihre Abhängigkeit gegenüber Anzeigenkunden sei gewachsen, die Redaktionen seien ausgedünnt, so sein Befund.

Im Internet wird die neue Zeitung unter www.kontextwochenzeitung.de kostenlos und werbefrei verfügbar sein. Freudenreich will allerdings nicht tagesaktuell, sondern nur einmal pro Woche, am Mittwoch, berichten. Einige der Artikel werden samstags in der Westausgabe der „taz“ als Beilage zur „sonntaz“ erscheinen.

Freudenreich hatte Ende 2009 ein Abfindungsprogramm genutzt und die „Stuttgarter Zeitung“ verlassen (kress.de vom 27. November 2009). Er ist auch Buchautor (u.a. „Wir können alles. Filz, Korruption & Kumpanei im Musterländle“) und hat den Theodor-Wolff-Preis und den Wächterpreis der deutschen Tagespresse in seinem Trophäenschrank stehen. Zu seinem „Kontext“-Team gehören weitere renommierte und vielfach preisgekrönte Journalisten: Meinrad Heck (ehemals „Stuttgarter Zeitung“), Rainer Nübel (ehemals „Stuttgarter Nachrichten“, Mitglied der Reportageagentur Zeitenspiegel), Susanne Stiefel (Ex-Chefreporterin „Sonntag aktuell“), Martin Reinkowski (ehemals „Stuttgarter Zeitung“) und Sandro Mattioli (freier Journalist/Rom).

Edzard Reuter und Vinzent Klink helfen mit

Der eigens gegründete Verein „Kontext: Verein für ganzheitlichen Journalismus“ hat das Projekt ermöglicht: Die dort organisierten Unterstützer trugen 200.000 Euro zusammen und gewährleisten die Existenz der neuen Zeitung für ein Jahr. Zu den Gründungsmitgliedern zählen Edzard Reuter (Ex-Vorstandschef von Daimler Benz), der Koch Vincent Klink und der Schauspieler Walter Sittler, ein bekannter Stuttgart-21-Gegner. „Kontext“ soll sich auf Dauer im Wesentlichen durch Spenden finanzieren. Die Redaktion arbeitet zwar nicht für Gotteslohn, wohl aber zu „taz“-üblichen Konditionen.

Autor: Henning Kornfeld/Kress-Report

Der Kontext-Startschuss beginnt mit einem Abend der spitzen Feder am 6.April, ab 20 Uhr im Staatstheater Stuttgart in der Türlenstr. 2. Diskussion: Wieland Backes (SWR), Ines Pohl (taz), Josef-Otto Freundenreich, Rainer Nübel (kontext) u.a. Musik: Vincent Klink (Horn), Patrick Bebelaar (Flügel).