Warum muss der Hausmeister „gläubig“ sein?
Kirchen als Arbeitgeber – ein schlimmes Kapitel. Doch das Arbeitsrecht der Kirchen, der sogenannte „Dritte Weg“, ist nicht allein Angelegenheit der davon Betroffenen, sondern stellt sogar eine Diskriminierung der Menschen dar, die nicht bei den Kirchen angestellt sind. Denn so Arbeitssuchende nicht ausgewiesene Christen sind, brauchen sie sich gar nicht auf Stellenangebote des zweitgrößten deutschen Arbeitgebers zu bewerben
Die Diplom-Politologin Corinna Gekeler hat im vergangenen Herbst eine Studie zum kirchlichen Arbeitsrecht und seinen Auswirkungen veröffentlicht. Die Studie „Loyal Dienen“ wurde bereits im vergangenen November veröffentlicht; eine Kurzfassung ist im Internet frei verfügbar. Mitte August soll – nach Verlagsangaben – bei Alibri ein Buch erscheinen, in dem die Studie noch einmal aufgearbeitet und ergänzt wird um weitere Fallbeispiele.
Das Sonderrecht der Kirchen in Deutschland
Jetzt stellte Corinna Gekeler gemeinsam mit dem Verleger Gunnar Schedel (Alibri) das zukünftige Buch bei den Linken Buchtagen vor. Der Vortrag stellte zum einen die juristische Situation in Deutschland dar, die zu dem kirchlichen Arbeitsrecht, dem „Dritten Weg“, führte. Damit nimmt die Kirche in Deutschland weltweit eine einzigartige Sonderrolle ein. Nirgendwo sonst haben die christlichen Großkirchen ein solches Selbstbestimmungsrecht, das sich sogar über grundgesetzliche Vorgaben hinwegsetzen darf. Das führt vermehrt in letzter Zeit endlich auch zu gewerkschaftlichem Widerstand – sowohl bei Ver.di als auch ganz aktuell bei der Lehrergewerkschaft GEW.
Einen großen Teil des Vortrages nahmen jedoch dann Fallbeispiele ein, die so manchen der Zuhörer daran zweifeln ließen, dass Deutschland im 21. Jahrhundert angekommen ist. Wenn es innerhalb von Caritas und Diakonie als Kündigungsgrund genügt, in „wilder Ehe“ zu leben, sich wieder zu verheiraten oder gar gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften einzugehen, dann zeigt das nur, dass das Arbeitsrecht der Kirchen weit von der gesellschaftlichen Realität entfernt ist.
Corinna Gekeler wies auch darauf hin, dass der „Dritte Weg“ den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AAG) entgegensteht. Es gibt darin zwar eine „Kirchenklausel“, diese jedoch gibt – nach Ansicht von Gekeler – nur einen sehr engen Rahmen für die Berufsgruppen vor, die zum Beispiel „verkündigend“ tätig sind. Aber sie können kein Deckmantel dafür sein, dass ein Hausmeister, eine Putzfrau oder gar medizinisches Personal daran gebunden sind, gläubig (im Sinne von: kirchensteuerpflichtig) zu sein. Aktuelle Urteile verschiedener Arbeitsgerichte scheinen dieser Auffassung immer häufiger zu folgen.
Autor: F.N./hpd