Was ist so toll an den Antilopen?

Antilopen Gang: Was man leicht mit dem Namen einer Krabbelgruppe verwechseln kann, ist in Wirklichkeit politisch aussagekräftiger Deutschrap, der mal ironisch-unterhaltsam und mal tiefgründig und nachdenklich ist. Und: Mit „den Antilopen“ können auch Leute etwas anfangen, die ansonsten nicht viel mit Rap und „Sprechgesang“ zu tun haben. So erlebt am vergangenen Freitag im Konstanzer Kulturladen

„Aversion“ heißt ihr erstes, gemeinsames Album, einer der Songs nennt sich „Anti Alles Aktion“ und die Band selbst bezeichnet sich als „Outlaws“: Die Antilopen Gang ist als Reaktion auf eine immer mehr nach rechts rückende Gesellschaft zu verstehen – oder, wie sie es in einer ihrer Zeilen ausdrücken: „Wenn sich die Mehrheit faschisiert, musst du Minderheit sein.“ Stellvertretend für ihre Repertoire soll ihre Singleauskopplung „Beate Schäpke hört U2“ stehen – wegen diesem Song hatte die Band gar einen Rechtsstreit mit Ken Jebsen am Hals. Er und Jürgen Elässer, beide neurechte Verschwörungstheoretiker, wurden in dem Songtext als das bezeichnet, was sie sind, als Antisemiten. Was ist der ehemalige RBB-Moderator, der in alter Nazi-Tradition der Lüge einer „jüdischen Weltverschwörung“ anhängt, denn anderes? Halten wir es in Bezug auf solche Leute, zu denen leider auch der LINKEN-Bundestagsabgeordnete Dieter Dehm auf Tuchfühlung geht, so wie die Antilopen Gang es formuliert und vorschlägt: „Man kann und darf mit diesen Leuten gar nicht mehr reden. Es sollte nur noch darum gehen, ihnen das Handwerk zu legen.“

Etwas ironischer sind da Songs wie „Fick die Uni“, wobei die Aussage „1933 wären sie alle Nazis gewesen“ angesichts einer zunehmend unpolitischen Studierendenschaft einen Kern Wahrheit besitzt. Die vorigen Produktionen der drei „Antilopen“-Mitglieder Danger Dan, Panik Panzer und Koljah sind gratis (und legal) auf der Homepage www.antilopengang.de zu bekommen. Dort findet sich auch Musik des Gründungsmitglieds NMZS, bürgerlich Jakob Wich, auf den immer wieder Bezug genommen wird – er hatte sich 2013 nach langen Depressionen das Leben genommen. Dementsprechend melancholisch ist auch stellenweise seine Musik, und auf dem letzten Song des aktuellen Albums, „Spring!“, ist die Verzweiflung seiner drei Freunde heraus zu spüren, wenn sie rappen: „Ich glaub du liegst falsch, und wir kriegen das hin.“

Die meisten anderen Songs kann man auf so ziemlich jeder linken Demo spielen, man wird dies hoffentlich auch, so wie auch die Musik ihrer musikalischen Vorbilder und Vorreiter der Soundtrack vieler Demos sind: Die legendären Ton Steine Scherben beispielsweise, deren Songs von der Antilopen Gang nach der Zugabe abspielt werden, oder die Punkband Slime.  Auch mit der Electropop-Gruppe Egotronic („Raven gegen Deutschland“) verbindet sie ein freundschaftliches Verhältnis, es gibt gar auch gemeinsame musikalische Produktionen.

Für Konstanzer Verhältnisse ist es überraschend, wenn 50, 60 Leute zu klar antifaschistischer und antikapitalistischer Musik feiern und die Texte mitbrüllen können. Die am Merchandise-Stand aufgestellten Spendenbüchsen der Musiker für „Pro Asyl“ spricht ebenfalls für sich. Und auch für die Antilopen Gang wird der Konstanzer Auftritt ein etwas besonderer bleiben: Ein Konzertbesucher ließ seinen Personalausweis von den drei Musiker mit ihren Unterschriften und ihrem Lieblingsslogan „Deutschland muss sterben, damit wir leben können“ verschönern. Auch wenn der Perso abgelaufen war: Die Symbolik bleibt, ein Handyfoto hiervon veröffentlichte die Band dann auch gleich auf Facebook – denn: „Das wollte ich schon immer mal machen“, so Danger Dan.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor und Fotograf: Nicolas Kienzler