„Antanas, wo steckst Du?“

Wie es aussieht, könnte der nächste kolumbianische Präsident Antanas Mockus heißen. Der Mathematiker und Moralphilosoph hat gute Chancen, am Sonntag den rechten Kandidaten Juan Manuel Santos zu überflügeln. Mockus, Kandidat der grünen Partei Kolumbiens, ist übrigens ein gern gesehener Gast in Konstanz.Antanas Mockus (58) trat schon vor vier Jahren bei den Wahlen an, war aber damals absolut chancenlos gegen Alvaro Uribe, der das Land acht Jahre lang unter seiner Knute hatte. Menschenrechte galten für den diktatorisch auftretenden Uribe nicht viel. Tausende von Zivilisten, darunter auch viele Gewerkschafter, wurden massakriert  und anschließend als tote Guerilleros präsentiert. Santos war Uribes Verteidigungsminister und auch im Falle seines Sieges wäre Uribe immer noch der starke Mann in Kolumbien.

Witziger Feingeist und Visionär

Bis vor kurzem hatte niemand mit Antanas Mockus gerechnet. Er war zwar bekannt als Präsident der Nationaluniversität und späterer Bürgermeister von Bogota, aber als Topfavorit für die kommenden Präsidentschaftswahlen wurde er nicht gehandelt. „Der skurille Visionär“, so bezeichnete ihn jüngst der WOZ-Korrespondent Toni Keppeler, entspricht auch nicht dem gängigen Bild eines Politikers. Als er einmal bei einer Debatte mit StudentInnen ausgepfiffen wurde, zeigte er dem Publikum seinen nackten Hintern. Als Bürgermeister von Bogota erregte er Aufsehen, als er im Supermankostüm auf die Straße ging und sich als „Superbürger“ bezeichnete.

Auf die Frage, warum er nun Präsident werden wolle, antwortete er kurz: „Damit das Gesetz auch erfüllt wird.“ Seine theoretischen Lehrmeister sind Hannah Arendt, Jürgen Habermas und Immanuel Kant. Als Bürgermeister von Bogota war er äußerst erfolgreich. Was ihn immer bewegt hat war die Frage: „Wie schaffe ich es, dass ein sozialer Rechtsstaat nicht nur im Gesetz steht, sondern vom Volk auch gelebt wird?“ Mockus gilt als Hoffnungsträger für diejenigen, die das unterdrückerische Uribe-System endlich los haben wollen und die sich nach Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sehnen.

Konstanzer Professor setzt auf Mockus

„Antanas, wo steckst Du?“, titelte im Jahr 2005 „El Tiempo“, die größte Tageszeitung Kolumbiens, während der damaligen Präsidentschaftswahlen. Georg Lind, Professor im Fachbereich Psychologie der Universität Konstanz, hätte die Frage leicht beantworten können. Antanas Mockus war damals als Gast von Professor Lind für einige Tage in Konstanz und machte mit  vielbeachteten Vorträgen auf sich aufmerksam. Im Gegenzug besuchte  Lind seinen Kollegen Mockus  mehrmals in Kolumbien , um dort Vorträge auf dem Gebiet der moralisch-demokratischen Bildung und der Lehrerausbildung zu halten. Die beiden verbindet eine Freundschaft. Erst letztes Jahr war Antanas Mockus wieder in Konstanz und nahm an der internationalen Abschiedstagung von Georg Lind teil.

Unabhängig vom Wahlausgang am Sonntag planen Lind und Mockus eine Vertiefung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Moral- und Demokratieerziehung. Professor Georg Lind ist auf diesem weltweit anerkannt, wie die Übersetzung seiner Bücher in mehrere Sprachen und viele Einladungen zu internationalen Fachkongressen und Workshops zeigen. Seinem Freund und Kollegen Mockus drückt Lind für die Wahl die Daumen: „Der schafft das, spätestens im zweiten Wahlgang.“

Mehr Informationen zu dem Arbeitsgebiet von Georg Lind und seiner Kooperation mit Antanas Mockus finden sich auf der Webseite „Moral- und Demokratiepsychologie“
www.uni-konstanz,de/ag-moral/

Foto: equinoXio