„Bürgerbeteiligung muss als Kultur etabliert werden“

20120422-221403.jpgDie Konstanzer Grünen setzen auf die Frauen. Bei der für die Grünen so wichtigen Verteidigung des Oberbürgermeister-Postens schicken Grüne und die von der Partei unabhängige Freie Grüne Liste, stärkste Fraktion im Gemeinderat, zwei Frauen ins Rennen: Dr. Sabine Seeliger und Dr. Christiane Kreitmeier treten bei der öffentlichen Wahlveranstaltung der Grünen am Mittwoch, 25.4., gegeneinander an. Und schon ist von Kampfabstimmung, von „Fundi“ kontra „Realo“, die Rede. Völlig falsch, findet Sabine Seeliger im aktuellen seemoz-Gespräch

Im Gespräch mit seemoz rückt Sabine Seeliger die Fronten zurecht. Sie hält schon das Wort „Kampfabstimmung“ für falsch. Auch das „Auseinander-Dividieren“ von zum Beispiel KKH-Befürwortern und -Gegnern sei nur schädlich. Solche, meist nur von den Medien aufgebauschte Gegensätze führten in der konkreten politischen Diskussion, wo es um realisierbare Lösungen gehen muss, nicht weiter, so Seeliger.

Dennoch: Als eine der Sprecherinnen der Initiative „Das bessere Verkehrskonzept“ treten Sie z.B. für eine City-Maut ein. Bei manchen in Konstanz, auch innerhalb der FGL, gilt das schon als „fundamentalistisch“.

Das ist keineswegs extrem, denn beide Positionen – KKH-Ablehnung wie City-Maut – sind Teile des FGL-Wahlprogramms. Was mir allerdings wichtig ist: Wir sollten Denkverbote vermeiden, sollten offen und öffentlich über Lösungsansätze diskutieren. Mir hat zum Beispiel gefallen, was der Konstanzer Einzelhandel jüngst formuliert hat: Ein Parkhaus ist keine Glaubensangelegenheit. Richtig. Ich würde nie eine Maßnahme durchdrücken, die der Stadt keine Vorteile bringt oder die für Konstanz zu teuer wird, und nie Lösungen anstreben, die nicht von der Mehrheit der Konstanzerinnen und Konstanzer getragen werden.

Welche Auswirkungen könnte die Abstimmung am Mittwoch auf das Miteinander innerhalb der FGL haben?

Das ist jetzt nicht meine Sorge. Das wird eine demokratische Mehrheitsentscheidung und die Minderheit wird das Ergebnis tolerieren. Noch einmal: Die tumbe Qualifizierung in Fundis und Realos lehne ich ab. Es geht um Inhalte.

Zu den Inhalten also: Was sind Ihre Schwerpunkte?

Zum Zeitpunkt der Amtsübernahme dürften hoffentlich zwei wichtige Themen abgearbeitet sein: Der Zusammenschluss der Kliniken auf Kreisebene, den ich als wichtigen Teil der öffentlichen Gesundheitsfürsorge für wichtig und richtig halte, und die notwendigen Investitionen für Kindergärten und Schulen. Wobei ich mir eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse zum Beispiel gerade für jüngere Eltern wünschte. Warum sollte es, auch in der Stadtverwaltung, nicht möglich sein, mal stundenweise seine Kinder mit an den Arbeitsplatz zu bringen, wenn Schule, Kindergarten oder auch der Erziehungspartner gerade mal verhindert sind?

Wie wichtig sind für Sie Bürgerbeteiligungen?

Wir bräuchten sie zumindest viel mehr als bislang. Bürgerbeteiligung muss als politische Kultur etabliert werden. Dass da in der Vergangenheit auch auf kommunaler Ebene zu wenig geleistet wurde, beweist der berechtigte Zuspruch für die Piraten-Partei.

Man kann es ja durchaus als Signal verstehen, dass die Grünen für Frauen auf dem OB-Sessel in Konstanz votieren…

…denn es sollte viel mehr für Gender-Kompetenz getan werden. Wenn man sich nur mal anschaut, wie unter repräsentiert Frauen auch auf städtischen Führungspositionen sind. Da würde übrigens, wie auch auf anderen Feldern, eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Hochschulen nur helfen. Denn da gibt es viele Ideen, die in der politischen Praxis viel zu selten aufgegriffen werden.

Autor: hpk