„Gegenhalten gegen die Verharmlosung rechter Gewalt“
Seit sechs Jahren erst ist er in Konstanz, dennoch mischt er die Kommunalpolitik gehörig auf: Gyrel Herrmann (28) studiert Chemie, ist Vorsitzender der Jungsozialisten und organisiert morgen die Konstanzer Demonstration gegen Rechts. „Dabei geht es nicht um Parteipolitik, sondern um einen Protest aller Demokraten.“ seemoz sprach mit Gyrel über die Rechten am Bodensee und die Verharmlosungen durch die Verantwortlichen.
Rechte Gewalt gab es immer schon, 182 Morde rechter Gewalttäter allein in den letzten zehn Jahren sind dokumentiert. Warum also die Demonstration gerade jetzt?
Nicht die Informationen über die aktuellen Morde sind Anlass für diesen Protest. Sondern die Verharmlosung dieser Taten durch den Verfassungsschutz und die Regierung. Der ehemalige Verfassungschef von Thüringen konnte jahrelang behaupten, linke Gewerkschafter seien gefährlicher als rechte Gewalttäter. Die Bundesministerin Schröder kürzt gleichzeitig die Mittel zur Nazi-Beobachtung – da läuft etwas grundsätzlich schief in dieser Republik.
Und warum ein Protest gerade in unserer beschaulichen Bodensee-Region?
Die Region Oberschwaben und der Landkreis Konstanz zählen zu den braunsten Regionen im Land. Um Engen herum hat sich eine braune Zelle formiert, die viel zu wenig wahrgenommen wird. Die Polizei wiegelt auch in diesem Fall ab: Es gäbe kein Problem mit Rechten in Konstanz und im Landkreis, wird immer wieder behauptet. Aber ganz persönliche Erfahrungen lassen mich an dieser Einschätzung zweifeln.
Welche persönlichen Erfahrungen?
Ich schaute in der Kneipe ein Fußballspiel. Der türkischstämmige Nationalspieler Özil schoss am Tor vorbei. Aus dem Hintergrund kommt der Ruf „Scheiß Kanake“. Dagegen müssen wir uns wehren: Gegen den alltäglichen Fremdenhass muss jeder von uns aufbegehren, sich zu Wort melden und gegenhalten. Deshalb finde ich es auch bemerkenswert, dass mit Uni-Rektor Rüdiger und Theater-Intendant Nix zwei ganz unterschiedliche Typen die Schirmherrschaft über die morgige Demonstration übernommen haben.
Um 18.30 Uhr gibt es morgen in Anschluss zur Demonstration – die Polizei rechnet mit Hunderten von Demonstranten – eine Veranstaltung auf dem Münsterplatz. Wer wird sich zu Wort melden?
Ich werde ein paar Sätze sagen, vielleicht auch Christoph Nix. Aber auch sonst ist jeder eingeladen, seine Meinung zu äußern.
Die Demonstration findet während der monatlichen Gemeinderatssitzung statt. Viele StadträtInnen würden wohl gerne an der Demo teilnehmen. Deshalb ist an eine Erklärung des Gemeinderates gedacht…
Über eine solche Solidaritätserklärung würde ich mich sehr freuen. Würde sie doch zeigen: Alle Demokraten dieser Stadt stehen gemeinsam gegen die Gefahr von Rechts. Das wäre ein großartiges Zeichen.
Autor: hpk